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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Um vier Uhr -- o wie bleiern langsam schleppte
sich diese so sehnlich gewünschte Stunde heran! --
war ich schon lange am rothen Häuschen jenseits des
Neckers. Endlich erschien auch Therese, und führte
mich hinter die Bäume, wo wir ungestört kosen konn-
ten. Das Gespräch bestand aus Vorwürfen, Ent-
schuldigungen, Nachrichten, und Betheurungen ewi-
ger Liebe u. dergl. Leser von Erfahrung wissen, was
wir reden konnten. Zuletzt offenbarte ich Theres-
chen das Gespräch ihrer Base. Sie war sehr froh
darüber, und sagte mir, daß ich am folgenden Tage
unter meinem eignen Namen in ihrer Wohnung
erscheinen sollte. Die Base soll doch sehen, setzte sie
hinzu, daß Laukhard kein Schuft ist: kommen Sie,
wir wollen nach der Stadt gehen.

Ich begleitete mein Mädchen bis an ihre Woh-
nung, wo die Base zum Fenster heraus sahe, und
mich bat, herein zu kommen; aber das war wider
unsre Abrede. Ich entschuldigte mich, gab Geschäfte
vor, und ging -- weiter.

Ein Hanswurst hatte einige Tage vorher in
Manheim durch seine sieben Künste die Beutel der
Müßiggänger, der Domherren und des übrigen hei-
ligen und unheiligen Pöbels in Contribution gesetzt,
und hielt sich jetzt in Frankenthal auf, um seine
Possen auch da zu benutzen. Eine große Menge
Manheimer, -- so erbaulich ist auch da der Ge-

Um vier Uhr — o wie bleiern langſam ſchleppte
ſich dieſe ſo ſehnlich gewuͤnſchte Stunde heran! —
war ich ſchon lange am rothen Haͤuschen jenſeits des
Neckers. Endlich erſchien auch Thereſe, und fuͤhrte
mich hinter die Baͤume, wo wir ungeſtoͤrt koſen konn-
ten. Das Geſpraͤch beſtand aus Vorwuͤrfen, Ent-
ſchuldigungen, Nachrichten, und Betheurungen ewi-
ger Liebe u. dergl. Leſer von Erfahrung wiſſen, was
wir reden konnten. Zuletzt offenbarte ich Theres-
chen das Geſpraͤch ihrer Baſe. Sie war ſehr froh
daruͤber, und ſagte mir, daß ich am folgenden Tage
unter meinem eignen Namen in ihrer Wohnung
erſcheinen ſollte. Die Baſe ſoll doch ſehen, ſetzte ſie
hinzu, daß Laukhard kein Schuft iſt: kommen Sie,
wir wollen nach der Stadt gehen.

Ich begleitete mein Maͤdchen bis an ihre Woh-
nung, wo die Baſe zum Fenſter heraus ſahe, und
mich bat, herein zu kommen; aber das war wider
unſre Abrede. Ich entſchuldigte mich, gab Geſchaͤfte
vor, und ging — weiter.

Ein Hanswurſt hatte einige Tage vorher in
Manheim durch ſeine ſieben Kuͤnſte die Beutel der
Muͤßiggaͤnger, der Domherren und des uͤbrigen hei-
ligen und unheiligen Poͤbels in Contribution geſetzt,
und hielt ſich jetzt in Frankenthal auf, um ſeine
Poſſen auch da zu benutzen. Eine große Menge
Manheimer, — ſo erbaulich iſt auch da der Ge-

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[122/0136] Um vier Uhr — o wie bleiern langſam ſchleppte ſich dieſe ſo ſehnlich gewuͤnſchte Stunde heran! — war ich ſchon lange am rothen Haͤuschen jenſeits des Neckers. Endlich erſchien auch Thereſe, und fuͤhrte mich hinter die Baͤume, wo wir ungeſtoͤrt koſen konn- ten. Das Geſpraͤch beſtand aus Vorwuͤrfen, Ent- ſchuldigungen, Nachrichten, und Betheurungen ewi- ger Liebe u. dergl. Leſer von Erfahrung wiſſen, was wir reden konnten. Zuletzt offenbarte ich Theres- chen das Geſpraͤch ihrer Baſe. Sie war ſehr froh daruͤber, und ſagte mir, daß ich am folgenden Tage unter meinem eignen Namen in ihrer Wohnung erſcheinen ſollte. Die Baſe ſoll doch ſehen, ſetzte ſie hinzu, daß Laukhard kein Schuft iſt: kommen Sie, wir wollen nach der Stadt gehen. Ich begleitete mein Maͤdchen bis an ihre Woh- nung, wo die Baſe zum Fenſter heraus ſahe, und mich bat, herein zu kommen; aber das war wider unſre Abrede. Ich entſchuldigte mich, gab Geſchaͤfte vor, und ging — weiter. Ein Hanswurſt hatte einige Tage vorher in Manheim durch ſeine ſieben Kuͤnſte die Beutel der Muͤßiggaͤnger, der Domherren und des uͤbrigen hei- ligen und unheiligen Poͤbels in Contribution geſetzt, und hielt ſich jetzt in Frankenthal auf, um ſeine Poſſen auch da zu benutzen. Eine große Menge Manheimer, — ſo erbaulich iſt auch da der Ge-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/136>, abgerufen am 24.11.2024.