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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Base: Nicht? die ganze dortige Gegend ist
davon voll. Sie werdens gewiß auch wissen! Doch
dem mag seyn, wie's will; meynen Sie denn im
Ernst, daß Laukhard es ehrlich meynt?

Ich: Laukhard hat mir immer ein ehrlicher
Kerl zu seyn geschienen.

Base: Ja, geschienen -- aber seine Auffüh-
rund beweiset ja, daß er ein Schlingel ist, ein recht
undankbarer Gukkuk, ders gute Mädel hat in der
Leute Mäuler gebracht, versprochen, er wollte katho-
lisch werden, und dann einmal Thereschen heura-
then: Und jetzt geht der Schlingel hin, und studirt
lutherisch geistlich -- pfui!

Ich: Hören Sie, Sie thun vielleicht dem
Menschen unrecht. Sein Vater ist ein strenger
Mann: der hat ihn gezwungen, nach Gießen zu
gehen.

Base: Ach, was gezwungen! Glauben Sie
denn, daß der Esel nur einmal geschrieben hätte? --
Das gute Närrchen, die Therese, hat sich bald die
Augen ausgeheult, und der Flegel sitzt zu Gießen,
und denkt nicht mehr an sie. Von Komment kann
er Briefe schreiben; aber an das gute Mädel auch
nicht eine Zeile!

Ich: Aber wenn er nun auch geschrieben hätte,
das wäre ja doch vergebens gewesen!


Baſe: Nicht? die ganze dortige Gegend iſt
davon voll. Sie werdens gewiß auch wiſſen! Doch
dem mag ſeyn, wie's will; meynen Sie denn im
Ernſt, daß Laukhard es ehrlich meynt?

Ich: Laukhard hat mir immer ein ehrlicher
Kerl zu ſeyn geſchienen.

Baſe: Ja, geſchienen — aber ſeine Auffuͤh-
rund beweiſet ja, daß er ein Schlingel iſt, ein recht
undankbarer Gukkuk, ders gute Maͤdel hat in der
Leute Maͤuler gebracht, verſprochen, er wollte katho-
liſch werden, und dann einmal Thereschen heura-
then: Und jetzt geht der Schlingel hin, und ſtudirt
lutheriſch geiſtlich — pfui!

Ich: Hoͤren Sie, Sie thun vielleicht dem
Menſchen unrecht. Sein Vater iſt ein ſtrenger
Mann: der hat ihn gezwungen, nach Gießen zu
gehen.

Baſe: Ach, was gezwungen! Glauben Sie
denn, daß der Eſel nur einmal geſchrieben haͤtte? —
Das gute Naͤrrchen, die Thereſe, hat ſich bald die
Augen ausgeheult, und der Flegel ſitzt zu Gießen,
und denkt nicht mehr an ſie. Von Komment kann
er Briefe ſchreiben; aber an das gute Maͤdel auch
nicht eine Zeile!

Ich: Aber wenn er nun auch geſchrieben haͤtte,
das waͤre ja doch vergebens geweſen!


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[120/0134] Baſe: Nicht? die ganze dortige Gegend iſt davon voll. Sie werdens gewiß auch wiſſen! Doch dem mag ſeyn, wie's will; meynen Sie denn im Ernſt, daß Laukhard es ehrlich meynt? Ich: Laukhard hat mir immer ein ehrlicher Kerl zu ſeyn geſchienen. Baſe: Ja, geſchienen — aber ſeine Auffuͤh- rund beweiſet ja, daß er ein Schlingel iſt, ein recht undankbarer Gukkuk, ders gute Maͤdel hat in der Leute Maͤuler gebracht, verſprochen, er wollte katho- liſch werden, und dann einmal Thereschen heura- then: Und jetzt geht der Schlingel hin, und ſtudirt lutheriſch geiſtlich — pfui! Ich: Hoͤren Sie, Sie thun vielleicht dem Menſchen unrecht. Sein Vater iſt ein ſtrenger Mann: der hat ihn gezwungen, nach Gießen zu gehen. Baſe: Ach, was gezwungen! Glauben Sie denn, daß der Eſel nur einmal geſchrieben haͤtte? — Das gute Naͤrrchen, die Thereſe, hat ſich bald die Augen ausgeheult, und der Flegel ſitzt zu Gießen, und denkt nicht mehr an ſie. Von Komment kann er Briefe ſchreiben; aber an das gute Maͤdel auch nicht eine Zeile! Ich: Aber wenn er nun auch geſchrieben haͤtte, das waͤre ja doch vergebens geweſen!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/134>, abgerufen am 24.11.2024.