Wir schlugen uns nun wirklich. Avemann ver- letzte mir ein klein wenig den Arm; ich ihm aber derber sein Collet -- und der Skandal hatte ein En- de. Nachdem wir Frieden gemacht hatten, sahen alle Anwesende mich mit Augen an, die vor Freude und Beifall funkelten: da war Bruder Laukhard hinten und Bruder Laukhard vorn! jeder würdig- te mich seiner besondern Freundschaft -- und ich Thor war über den Ausgang dieses Handels so be- geistert, als kein General es seyn kann, wenn er eine Menschen-Schlacht gewonnen hat!
Ich weiß nicht, ob der Rektor den Vorfall klagbar erfahren hat: ich wenigstens bin deshalb nicht zur Verantwortung oder Strafe gezogen wor- den. Daß aber doch etwas davon entdeckt worden sey, folgere ich aus den Vorwürfen darüber, die der Kanzler Koch mir kurz darauf vor dem akademischen Gerichte gemacht hat. Genug, man hat wahrschein- lich von der Sache gerichtlich nichts wissen wollen, und das vielleicht wegen der Mutter meines Ge- gners, der Frau Geheime-Räthin von Avemann, die damals sich zu Gießen aufhielt. Wäre auch eben diese Dame hernach nur nicht in des Herrn Prof. Höpfners Haus gezogen, ihr Sohn wäre wahrlich nicht relegirt worden, so sehr tolle Streiche er auch weiterhin getrieben hätte. Allein kaum war sie ein- gezogen; so fiel auch gleich ein Theil des Grolls,
Wir ſchlugen uns nun wirklich. Avemann ver- letzte mir ein klein wenig den Arm; ich ihm aber derber ſein Collet — und der Skandal hatte ein En- de. Nachdem wir Frieden gemacht hatten, ſahen alle Anweſende mich mit Augen an, die vor Freude und Beifall funkelten: da war Bruder Laukhard hinten und Bruder Laukhard vorn! jeder wuͤrdig- te mich ſeiner beſondern Freundſchaft — und ich Thor war uͤber den Ausgang dieſes Handels ſo be- geiſtert, als kein General es ſeyn kann, wenn er eine Menſchen-Schlacht gewonnen hat!
Ich weiß nicht, ob der Rektor den Vorfall klagbar erfahren hat: ich wenigſtens bin deshalb nicht zur Verantwortung oder Strafe gezogen wor- den. Daß aber doch etwas davon entdeckt worden ſey, folgere ich aus den Vorwuͤrfen daruͤber, die der Kanzler Koch mir kurz darauf vor dem akademiſchen Gerichte gemacht hat. Genug, man hat wahrſchein- lich von der Sache gerichtlich nichts wiſſen wollen, und das vielleicht wegen der Mutter meines Ge- gners, der Frau Geheime-Raͤthin von Avemann, die damals ſich zu Gießen aufhielt. Waͤre auch eben dieſe Dame hernach nur nicht in des Herrn Prof. Hoͤpfners Haus gezogen, ihr Sohn waͤre wahrlich nicht relegirt worden, ſo ſehr tolle Streiche er auch weiterhin getrieben haͤtte. Allein kaum war ſie ein- gezogen; ſo fiel auch gleich ein Theil des Grolls,
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Wir ſchlugen uns nun wirklich. Avemann ver-
letzte mir ein klein wenig den Arm; ich ihm aber
derber ſein Collet — und der Skandal hatte ein En-
de. Nachdem wir Frieden gemacht hatten, ſahen
alle Anweſende mich mit Augen an, die vor Freude
und Beifall funkelten: da war Bruder Laukhard
hinten und Bruder Laukhard vorn! jeder wuͤrdig-
te mich ſeiner beſondern Freundſchaft — und ich
Thor war uͤber den Ausgang dieſes Handels ſo be-
geiſtert, als kein General es ſeyn kann, wenn er
eine Menſchen-Schlacht gewonnen hat!
Ich weiß nicht, ob der Rektor den Vorfall
klagbar erfahren hat: ich wenigſtens bin deshalb
nicht zur Verantwortung oder Strafe gezogen wor-
den. Daß aber doch etwas davon entdeckt worden
ſey, folgere ich aus den Vorwuͤrfen daruͤber, die der
Kanzler Koch mir kurz darauf vor dem akademiſchen
Gerichte gemacht hat. Genug, man hat wahrſchein-
lich von der Sache gerichtlich nichts wiſſen wollen,
und das vielleicht wegen der Mutter meines Ge-
gners, der Frau Geheime-Raͤthin von Avemann, die
damals ſich zu Gießen aufhielt. Waͤre auch eben
dieſe Dame hernach nur nicht in des Herrn Prof.
Hoͤpfners Haus gezogen, ihr Sohn waͤre wahrlich
nicht relegirt worden, ſo ſehr tolle Streiche er auch
weiterhin getrieben haͤtte. Allein kaum war ſie ein-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/120>, abgerufen am 24.11.2024.
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