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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

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Augen so sanft und lockend gegen mich, und es
lag ein so merkwürdiger Ausdruck darin, daß ich
sie gern weitläufiger befragt hätte. Sorgloser Leicht-
sinn war so unverkennbar dabei, und doch so zu-
traulich und harmlos! Sie sagte mir auch, daß
sie wohl diesmal in's Zuchthaus kommen würde,
sprach aber dies für mich so entsetzliche Wort so
leicht aus, wie wir einst vom Kaffeehause redeten.
's ist schlimm, meinte sie, und nickte dabei mit
dem Kopfe. Wenn man ihr aber die Backe strei-
chelte, so war das Lächeln gleich wieder da, und
sie flüsterte: "Vielleicht kann ich mich einmal des
Abends zu Jhrer Thür heraufschleichen" -- Aber
mein Kind, meine Thür ist ja zugeschlossen. --
"So? Das ist freilich schlimm, aber vielleicht geht's
doch; ach, da unten ist's langweilig!" -- Längere
Zeit, als zu dieser Mittheilung nöthig war, dau-
erte unsre halbe Einsamkeit nicht; sie mußte wieder
fort, ich ward wieder eingeschlossen, und ich konnte
über die pikante Situation nachdenken, wie mit
einer Zuchthauskanditatin getändelt werde. -- Sie
kam jetzt jeden Morgen und flüsterte mir immer
zu: ich komme nächstens. So gab's doch eine

Augen ſo ſanft und lockend gegen mich, und es
lag ein ſo merkwürdiger Ausdruck darin, daß ich
ſie gern weitläufiger befragt hätte. Sorgloſer Leicht-
ſinn war ſo unverkennbar dabei, und doch ſo zu-
traulich und harmlos! Sie ſagte mir auch, daß
ſie wohl diesmal in’s Zuchthaus kommen würde,
ſprach aber dies für mich ſo entſetzliche Wort ſo
leicht aus, wie wir einſt vom Kaffeehauſe redeten.
’s iſt ſchlimm, meinte ſie, und nickte dabei mit
dem Kopfe. Wenn man ihr aber die Backe ſtrei-
chelte, ſo war das Lächeln gleich wieder da, und
ſie flüſterte: „Vielleicht kann ich mich einmal des
Abends zu Jhrer Thür heraufſchleichen“ — Aber
mein Kind, meine Thür iſt ja zugeſchloſſen. —
„So? Das iſt freilich ſchlimm, aber vielleicht geht’s
doch; ach, da unten iſt’s langweilig!“ — Längere
Zeit, als zu dieſer Mittheilung nöthig war, dau-
erte unſre halbe Einſamkeit nicht; ſie mußte wieder
fort, ich ward wieder eingeſchloſſen, und ich konnte
über die pikante Situation nachdenken, wie mit
einer Zuchthauskanditatin getändelt werde. — Sie
kam jetzt jeden Morgen und flüſterte mir immer
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[90/0098] Augen ſo ſanft und lockend gegen mich, und es lag ein ſo merkwürdiger Ausdruck darin, daß ich ſie gern weitläufiger befragt hätte. Sorgloſer Leicht- ſinn war ſo unverkennbar dabei, und doch ſo zu- traulich und harmlos! Sie ſagte mir auch, daß ſie wohl diesmal in’s Zuchthaus kommen würde, ſprach aber dies für mich ſo entſetzliche Wort ſo leicht aus, wie wir einſt vom Kaffeehauſe redeten. ’s iſt ſchlimm, meinte ſie, und nickte dabei mit dem Kopfe. Wenn man ihr aber die Backe ſtrei- chelte, ſo war das Lächeln gleich wieder da, und ſie flüſterte: „Vielleicht kann ich mich einmal des Abends zu Jhrer Thür heraufſchleichen“ — Aber mein Kind, meine Thür iſt ja zugeſchloſſen. — „So? Das iſt freilich ſchlimm, aber vielleicht geht’s doch; ach, da unten iſt’s langweilig!“ — Längere Zeit, als zu dieſer Mittheilung nöthig war, dau- erte unſre halbe Einſamkeit nicht; ſie mußte wieder fort, ich ward wieder eingeſchloſſen, und ich konnte über die pikante Situation nachdenken, wie mit einer Zuchthauskanditatin getändelt werde. — Sie kam jetzt jeden Morgen und flüſterte mir immer zu: ich komme nächſtens. So gab’s doch eine

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/98>, abgerufen am 25.11.2024.