Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

zutraut, weil man selbst keinen hat -- eine neue
Welt, welche von der alten nur ein Paar Zahlen
geerbt hat; was nicht Geld einbringt, ist unnütz,
was nicht nützt, ist überflüssig! O schöne Freude
einer edlen Bildung, warum habe ich Dich mit
Füßen gestoßen, eine Kaufmannsschule, welche sich
für eine Welt ausgiebt, rächt Dich an mir!"



Die übrigen Zettel sind im Trubel der letzten
Tage verloren gegangen, hören Sie die Erzählung
derselben zum letzten Andenken an Jhren Freund.

Jch kam auf demselben Schiffe mit ihm hierher,
die Rache trieb mich, ihn zu vernichten. Auf dem
Schiffe konnte ich nicht an ihn kommen, obwohl
sich mir mehrmals die Gelegenheit bot, ihn rücklings
über Bord zu stoßen; ich fürchtete mich vor ihm.
Und hier, ach, hier wurde ich wieder Weib, der
zerschmetterte Titan jammerte meine Seele, ich weinte
hinter ihm her, wenn er einmal einen Spaziergang
wagte. Die stolze Gestalt war geknickt, der wilde
Kopf neigte sich auf die Brust, das schwarze Haar
ergraute, das große, kühne Auge war verschleiert

zutraut, weil man ſelbſt keinen hat — eine neue
Welt, welche von der alten nur ein Paar Zahlen
geerbt hat; was nicht Geld einbringt, iſt unnütz,
was nicht nützt, iſt überflüſſig! O ſchöne Freude
einer edlen Bildung, warum habe ich Dich mit
Füßen geſtoßen, eine Kaufmannsſchule, welche ſich
für eine Welt ausgiebt, rächt Dich an mir!“



Die übrigen Zettel ſind im Trubel der letzten
Tage verloren gegangen, hören Sie die Erzählung
derſelben zum letzten Andenken an Jhren Freund.

Jch kam auf demſelben Schiffe mit ihm hierher,
die Rache trieb mich, ihn zu vernichten. Auf dem
Schiffe konnte ich nicht an ihn kommen, obwohl
ſich mir mehrmals die Gelegenheit bot, ihn rücklings
über Bord zu ſtoßen; ich fürchtete mich vor ihm.
Und hier, ach, hier wurde ich wieder Weib, der
zerſchmetterte Titan jammerte meine Seele, ich weinte
hinter ihm her, wenn er einmal einen Spaziergang
wagte. Die ſtolze Geſtalt war geknickt, der wilde
Kopf neigte ſich auf die Bruſt, das ſchwarze Haar
ergraute, das große, kühne Auge war verſchleiert

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0293" n="285"/>
zutraut, weil man &#x017F;elb&#x017F;t keinen hat &#x2014; eine neue<lb/>
Welt, welche von der alten nur ein Paar Zahlen<lb/>
geerbt hat; was nicht Geld einbringt, i&#x017F;t unnütz,<lb/>
was nicht nützt, i&#x017F;t überflü&#x017F;&#x017F;ig! O &#x017F;chöne Freude<lb/>
einer edlen Bildung, warum habe ich Dich mit<lb/>
Füßen ge&#x017F;toßen, eine Kaufmanns&#x017F;chule, welche &#x017F;ich<lb/>
für eine Welt ausgiebt, rächt Dich an mir!&#x201C;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Die übrigen Zettel &#x017F;ind im Trubel der letzten<lb/>
Tage verloren gegangen, hören Sie die Erzählung<lb/>
der&#x017F;elben zum letzten Andenken an Jhren Freund.</p><lb/>
          <p>Jch kam auf dem&#x017F;elben Schiffe mit ihm hierher,<lb/>
die Rache trieb mich, ihn zu vernichten. Auf dem<lb/>
Schiffe konnte ich nicht an ihn kommen, obwohl<lb/>
&#x017F;ich mir mehrmals die Gelegenheit bot, ihn rücklings<lb/>
über Bord zu &#x017F;toßen; ich fürchtete mich vor ihm.<lb/>
Und hier, ach, hier wurde ich wieder Weib, der<lb/>
zer&#x017F;chmetterte Titan jammerte meine Seele, ich weinte<lb/>
hinter ihm her, wenn er einmal einen Spaziergang<lb/>
wagte. Die &#x017F;tolze Ge&#x017F;talt war geknickt, der wilde<lb/>
Kopf neigte &#x017F;ich auf die Bru&#x017F;t, das &#x017F;chwarze Haar<lb/>
ergraute, das große, kühne Auge war ver&#x017F;chleiert<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0293] zutraut, weil man ſelbſt keinen hat — eine neue Welt, welche von der alten nur ein Paar Zahlen geerbt hat; was nicht Geld einbringt, iſt unnütz, was nicht nützt, iſt überflüſſig! O ſchöne Freude einer edlen Bildung, warum habe ich Dich mit Füßen geſtoßen, eine Kaufmannsſchule, welche ſich für eine Welt ausgiebt, rächt Dich an mir!“ Die übrigen Zettel ſind im Trubel der letzten Tage verloren gegangen, hören Sie die Erzählung derſelben zum letzten Andenken an Jhren Freund. Jch kam auf demſelben Schiffe mit ihm hierher, die Rache trieb mich, ihn zu vernichten. Auf dem Schiffe konnte ich nicht an ihn kommen, obwohl ſich mir mehrmals die Gelegenheit bot, ihn rücklings über Bord zu ſtoßen; ich fürchtete mich vor ihm. Und hier, ach, hier wurde ich wieder Weib, der zerſchmetterte Titan jammerte meine Seele, ich weinte hinter ihm her, wenn er einmal einen Spaziergang wagte. Die ſtolze Geſtalt war geknickt, der wilde Kopf neigte ſich auf die Bruſt, das ſchwarze Haar ergraute, das große, kühne Auge war verſchleiert

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/293
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/293>, abgerufen am 25.11.2024.