Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

der Empfindung bei Tage und bei Nacht, dies
Frische, Wogende, dies Heiß und Kalte, diese Ueber-
raschung unsrer selbst, dies weit aufgehende, bis zu
Thränen aufgehende Herz, der ganze Rausch eines
stets interessirten Gemüthes, alles, alles dies, es
ist dahin!

Der rauhe Wind des Meeres, die dumpfige
Luft des Kerkers, sie haben das Herz verhärtet und
verdumpft, ich muß mühsam erhalten, was sich
gerettet hat, muß mich in's Kleine ziehn, um aus-
zukommen. Warme Thränen fließen mir seit lan-
ger Zeit auf das Papier, ich weine sie unserm
Genie, was sich aufgebröckelt hat an einer feindli-
chen Welt. --

-- Das ist die Welt, sie führt Alles zum Tode,
sie gab uns das Lächeln, es thut mir wohl. Bin
überhaupt viel glücklicher, mein alter Kumpan, als
dieser Brief ausdrückt, ich kann mich nur des Ge-
dankens nicht erwehren, daß es der letzte sei, den ich
an Dich schreibe. Ueber das weite Weltmeer bist
Du in blut'gem Groll von uns geschieden -- man
schlägt keine Brücke da hinüber.

der Empfindung bei Tage und bei Nacht, dies
Friſche, Wogende, dies Heiß und Kalte, dieſe Ueber-
raſchung unſrer ſelbſt, dies weit aufgehende, bis zu
Thränen aufgehende Herz, der ganze Rauſch eines
ſtets intereſſirten Gemüthes, alles, alles dies, es
iſt dahin!

Der rauhe Wind des Meeres, die dumpfige
Luft des Kerkers, ſie haben das Herz verhärtet und
verdumpft, ich muß mühſam erhalten, was ſich
gerettet hat, muß mich in’s Kleine ziehn, um aus-
zukommen. Warme Thränen fließen mir ſeit lan-
ger Zeit auf das Papier, ich weine ſie unſerm
Genie, was ſich aufgebröckelt hat an einer feindli-
chen Welt. —

— Das iſt die Welt, ſie führt Alles zum Tode,
ſie gab uns das Lächeln, es thut mir wohl. Bin
überhaupt viel glücklicher, mein alter Kumpan, als
dieſer Brief ausdrückt, ich kann mich nur des Ge-
dankens nicht erwehren, daß es der letzte ſei, den ich
an Dich ſchreibe. Ueber das weite Weltmeer biſt
Du in blut’gem Groll von uns geſchieden — man
ſchlägt keine Brücke da hinüber.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0287" n="279"/>
der Empfindung bei Tage und bei Nacht, dies<lb/>
Fri&#x017F;che, Wogende, dies Heiß und Kalte, die&#x017F;e Ueber-<lb/>
ra&#x017F;chung un&#x017F;rer &#x017F;elb&#x017F;t, dies weit aufgehende, bis zu<lb/>
Thränen aufgehende Herz, der ganze Rau&#x017F;ch eines<lb/>
&#x017F;tets intere&#x017F;&#x017F;irten Gemüthes, alles, alles dies, es<lb/>
i&#x017F;t dahin!</p><lb/>
          <p>Der rauhe Wind des Meeres, die dumpfige<lb/>
Luft des Kerkers, &#x017F;ie haben das Herz verhärtet und<lb/>
verdumpft, ich muß müh&#x017F;am erhalten, was &#x017F;ich<lb/>
gerettet hat, muß mich in&#x2019;s Kleine ziehn, um aus-<lb/>
zukommen. Warme Thränen fließen mir &#x017F;eit lan-<lb/>
ger Zeit auf das Papier, ich weine &#x017F;ie un&#x017F;erm<lb/>
Genie, was &#x017F;ich aufgebröckelt hat an einer feindli-<lb/>
chen Welt. &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x2014; Das i&#x017F;t die Welt, &#x017F;ie führt Alles zum Tode,<lb/>
&#x017F;ie gab uns das Lächeln, es thut mir wohl. Bin<lb/>
überhaupt viel glücklicher, mein alter Kumpan, als<lb/>
die&#x017F;er Brief ausdrückt, ich kann mich nur des Ge-<lb/>
dankens nicht erwehren, daß es der letzte &#x017F;ei, den ich<lb/>
an Dich &#x017F;chreibe. Ueber das weite Weltmeer bi&#x017F;t<lb/>
Du in blut&#x2019;gem Groll von uns ge&#x017F;chieden &#x2014; man<lb/>
&#x017F;chlägt keine Brücke da hinüber.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0287] der Empfindung bei Tage und bei Nacht, dies Friſche, Wogende, dies Heiß und Kalte, dieſe Ueber- raſchung unſrer ſelbſt, dies weit aufgehende, bis zu Thränen aufgehende Herz, der ganze Rauſch eines ſtets intereſſirten Gemüthes, alles, alles dies, es iſt dahin! Der rauhe Wind des Meeres, die dumpfige Luft des Kerkers, ſie haben das Herz verhärtet und verdumpft, ich muß mühſam erhalten, was ſich gerettet hat, muß mich in’s Kleine ziehn, um aus- zukommen. Warme Thränen fließen mir ſeit lan- ger Zeit auf das Papier, ich weine ſie unſerm Genie, was ſich aufgebröckelt hat an einer feindli- chen Welt. — — Das iſt die Welt, ſie führt Alles zum Tode, ſie gab uns das Lächeln, es thut mir wohl. Bin überhaupt viel glücklicher, mein alter Kumpan, als dieſer Brief ausdrückt, ich kann mich nur des Ge- dankens nicht erwehren, daß es der letzte ſei, den ich an Dich ſchreibe. Ueber das weite Weltmeer biſt Du in blut’gem Groll von uns geſchieden — man ſchlägt keine Brücke da hinüber.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/287
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/287>, abgerufen am 25.11.2024.