und Theresen sei, erinnerst Du Dich, daß er flieht? Mag sein, daß Andere anders empfinden, daß alles Aehnliche nur ein Civilisationsgefühl ist; aber es will als solches geachtet sein, die Civilisation muß Dich erschlagen, und wenn's sie es nicht thut, so werden's die Rothhäute Amerika's thun, denn auch sie sind eine Gesellschaft. Wo zwei Geschöpfe neben einander treten, da entsteht ein Verhältniß, und ein Verhältniß braucht ein Gesetz.
Jch bin traurig bewegt. Hippolyt, Du bist der letzte, an dem meine Geschichte, mein Herz, mein Geist hängt, Alles, neben dem ich geworden, ist zerplündert, verwüstet: Constantin erstarrte und schied, William, der uns nie mit Wärme nah' getreten war, ist im kalten Hochmuthe ein einsei- tiger, unbedeutender Herr geworden, in welchem gar keine Welt sich entwickelt hat, Leopold blieb was er war, ward, was er werden mußte, ein Narr, sein Ende wird im Spitale sein, Joel, das schöne Herz, schachert, weil es die grausame Welt so haben will, die Weiber sind gestorben, verdor- ben, zerknickt, Du kämpfest den letzten Verzweif- lungskampf mit Leben und Tod -- ich allein habe
und Thereſen ſei, erinnerſt Du Dich, daß er flieht? Mag ſein, daß Andere anders empfinden, daß alles Aehnliche nur ein Civiliſationsgefühl iſt; aber es will als ſolches geachtet ſein, die Civiliſation muß Dich erſchlagen, und wenn’s ſie es nicht thut, ſo werden’s die Rothhäute Amerika’s thun, denn auch ſie ſind eine Geſellſchaft. Wo zwei Geſchöpfe neben einander treten, da entſteht ein Verhältniß, und ein Verhältniß braucht ein Geſetz.
Jch bin traurig bewegt. Hippolyt, Du biſt der letzte, an dem meine Geſchichte, mein Herz, mein Geiſt hängt, Alles, neben dem ich geworden, iſt zerplündert, verwüſtet: Conſtantin erſtarrte und ſchied, William, der uns nie mit Wärme nah’ getreten war, iſt im kalten Hochmuthe ein einſei- tiger, unbedeutender Herr geworden, in welchem gar keine Welt ſich entwickelt hat, Leopold blieb was er war, ward, was er werden mußte, ein Narr, ſein Ende wird im Spitale ſein, Joel, das ſchöne Herz, ſchachert, weil es die grauſame Welt ſo haben will, die Weiber ſind geſtorben, verdor- ben, zerknickt, Du kämpfeſt den letzten Verzweif- lungskampf mit Leben und Tod — ich allein habe
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und Thereſen ſei, erinnerſt Du Dich, daß er flieht?
Mag ſein, daß Andere anders empfinden, daß alles
Aehnliche nur ein Civiliſationsgefühl iſt; aber es
will als ſolches geachtet ſein, die Civiliſation muß
Dich erſchlagen, und wenn’s ſie es nicht thut, ſo
werden’s die Rothhäute Amerika’s thun, denn auch
ſie ſind eine Geſellſchaft. Wo zwei Geſchöpfe neben
einander treten, da entſteht ein Verhältniß, und
ein Verhältniß braucht ein Geſetz.
Jch bin traurig bewegt. Hippolyt, Du biſt der
letzte, an dem meine Geſchichte, mein Herz, mein
Geiſt hängt, Alles, neben dem ich geworden, iſt
zerplündert, verwüſtet: Conſtantin erſtarrte und
ſchied, William, der uns nie mit Wärme nah’
getreten war, iſt im kalten Hochmuthe ein einſei-
tiger, unbedeutender Herr geworden, in welchem
gar keine Welt ſich entwickelt hat, Leopold blieb
was er war, ward, was er werden mußte, ein
Narr, ſein Ende wird im Spitale ſein, Joel, das
ſchöne Herz, ſchachert, weil es die grauſame Welt
ſo haben will, die Weiber ſind geſtorben, verdor-
ben, zerknickt, Du kämpfeſt den letzten Verzweif-
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/285>, abgerufen am 22.11.2024.
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