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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

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mich sonst in der Welt als Deine Liebe, laß die
Leute reden, lächle doch!

Bin ich furchtsam, den Formen, dem Geklatsch
unterworfen? Es scheint so, denn ich ertrug es
nicht, daß man mit Fingern auf uns wies, daß die
kläglichsten, ordinairsten Weiber ihren Stuhl weg-
rückten, wenn sich Camilla neben sie setzte; Camilla,
ein Engel neben diesem Troß, Futter für Hebammen
-- ich sah das Nichts dieser Geschöpfe, wußte, daß
sie keinen Begriff davon hätten, was bloße Form,
was höhere, innere Wahrheit, was wirkliche Sittlich-
keit sei, ich wußte Alles, aber ich ertrug es nicht.
Jch litt Folterqual für Camilla. Sie, die feinfüh-
lende empfand es nur zu bald. Eines Abends waren
wir in einem öffentlichen Salon, wo ein allgemeines
Fest gefeiert wurde, man setzte sich an eine große
Tafel, um zu speisen, es blieben für uns an einer
Ecke zwei Plätze leer, wir gehen darauf zu, eine
ordinaire Kaufmannsfrau von der plebejsten Form
und Gesinnung sitzt auf dem angrenzenden Stuhle,
sieht uns kommen, steht von ihrem Sessel auf, legt
ihn um, setzt sich auf einen der beiden Plätze, die
wir einnehmen wollten. Jch frage höflich, ob sie

mich ſonſt in der Welt als Deine Liebe, laß die
Leute reden, lächle doch!

Bin ich furchtſam, den Formen, dem Geklatſch
unterworfen? Es ſcheint ſo, denn ich ertrug es
nicht, daß man mit Fingern auf uns wies, daß die
kläglichſten, ordinairſten Weiber ihren Stuhl weg-
rückten, wenn ſich Camilla neben ſie ſetzte; Camilla,
ein Engel neben dieſem Troß, Futter für Hebammen
— ich ſah das Nichts dieſer Geſchöpfe, wußte, daß
ſie keinen Begriff davon hätten, was bloße Form,
was höhere, innere Wahrheit, was wirkliche Sittlich-
keit ſei, ich wußte Alles, aber ich ertrug es nicht.
Jch litt Folterqual für Camilla. Sie, die feinfüh-
lende empfand es nur zu bald. Eines Abends waren
wir in einem öffentlichen Salon, wo ein allgemeines
Feſt gefeiert wurde, man ſetzte ſich an eine große
Tafel, um zu ſpeiſen, es blieben für uns an einer
Ecke zwei Plätze leer, wir gehen darauf zu, eine
ordinaire Kaufmannsfrau von der plebejſten Form
und Geſinnung ſitzt auf dem angrenzenden Stuhle,
ſieht uns kommen, ſteht von ihrem Seſſel auf, legt
ihn um, ſetzt ſich auf einen der beiden Plätze, die
wir einnehmen wollten. Jch frage höflich, ob ſie

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[261/0269] mich ſonſt in der Welt als Deine Liebe, laß die Leute reden, lächle doch! Bin ich furchtſam, den Formen, dem Geklatſch unterworfen? Es ſcheint ſo, denn ich ertrug es nicht, daß man mit Fingern auf uns wies, daß die kläglichſten, ordinairſten Weiber ihren Stuhl weg- rückten, wenn ſich Camilla neben ſie ſetzte; Camilla, ein Engel neben dieſem Troß, Futter für Hebammen — ich ſah das Nichts dieſer Geſchöpfe, wußte, daß ſie keinen Begriff davon hätten, was bloße Form, was höhere, innere Wahrheit, was wirkliche Sittlich- keit ſei, ich wußte Alles, aber ich ertrug es nicht. Jch litt Folterqual für Camilla. Sie, die feinfüh- lende empfand es nur zu bald. Eines Abends waren wir in einem öffentlichen Salon, wo ein allgemeines Feſt gefeiert wurde, man ſetzte ſich an eine große Tafel, um zu ſpeiſen, es blieben für uns an einer Ecke zwei Plätze leer, wir gehen darauf zu, eine ordinaire Kaufmannsfrau von der plebejſten Form und Geſinnung ſitzt auf dem angrenzenden Stuhle, ſieht uns kommen, ſteht von ihrem Seſſel auf, legt ihn um, ſetzt ſich auf einen der beiden Plätze, die wir einnehmen wollten. Jch frage höflich, ob ſie

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/269>, abgerufen am 25.11.2024.