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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

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Es wird still im Schlosse, die Lichter verlöschen,
aber dem reichen, stolzen Lord ergeht es hart: Wind
und Regen machen sich auf vom Meere, sie über-
fallen ihn, der sich vor Frost kaum noch erhält.
Unbeweglich muß er stehn -- denn jetzt hat er sich
wenigstens aufgerichtet -- ein fester Anhalt ist nir-
gends, wie immer zieht die Gefahr wie eine Sirene,
der ganze Körper will im wüsten Schwindel nach
dem Abgrunde zu, er kommt aus dem Kranken-
zimmer und ist mit Leichtigkeit von Nachtluft, Regen
und unbequemer Stellung vernichtet. -- Er ent-
schließt sich, lieber selbst hinabzuspringen: der stolze,
freche Lord, der sonst die dicksten Taue des Men-
schenverkehrs ohne Weiteres zerreißt, er ist von die-
sem Spinnwebfaden der Ehrensitte dergestalt um-
rankt, daß er eher sich, als einen Schatten Anstand
seiner Wirthin opfern will. Dies sind Geheimnisse
specieller Civilisation.

Jch kam spät nach Hause, und weil ich kein
Licht in Henry's Zimmer sah, so meinte ich, er
sei zu Bett; es war mir willkommen, nun einmal
nach mancher gestörten Nacht fest schlafen zu kön-
nen, ich verriegle die Thür meines Gemachs und

Es wird ſtill im Schloſſe, die Lichter verlöſchen,
aber dem reichen, ſtolzen Lord ergeht es hart: Wind
und Regen machen ſich auf vom Meere, ſie über-
fallen ihn, der ſich vor Froſt kaum noch erhält.
Unbeweglich muß er ſtehn — denn jetzt hat er ſich
wenigſtens aufgerichtet — ein feſter Anhalt iſt nir-
gends, wie immer zieht die Gefahr wie eine Sirene,
der ganze Körper will im wüſten Schwindel nach
dem Abgrunde zu, er kommt aus dem Kranken-
zimmer und iſt mit Leichtigkeit von Nachtluft, Regen
und unbequemer Stellung vernichtet. — Er ent-
ſchließt ſich, lieber ſelbſt hinabzuſpringen: der ſtolze,
freche Lord, der ſonſt die dickſten Taue des Men-
ſchenverkehrs ohne Weiteres zerreißt, er iſt von die-
ſem Spinnwebfaden der Ehrenſitte dergeſtalt um-
rankt, daß er eher ſich, als einen Schatten Anſtand
ſeiner Wirthin opfern will. Dies ſind Geheimniſſe
ſpecieller Civiliſation.

Jch kam ſpät nach Hauſe, und weil ich kein
Licht in Henry’s Zimmer ſah, ſo meinte ich, er
ſei zu Bett; es war mir willkommen, nun einmal
nach mancher geſtörten Nacht feſt ſchlafen zu kön-
nen, ich verriegle die Thür meines Gemachs und

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[238/0246] Es wird ſtill im Schloſſe, die Lichter verlöſchen, aber dem reichen, ſtolzen Lord ergeht es hart: Wind und Regen machen ſich auf vom Meere, ſie über- fallen ihn, der ſich vor Froſt kaum noch erhält. Unbeweglich muß er ſtehn — denn jetzt hat er ſich wenigſtens aufgerichtet — ein feſter Anhalt iſt nir- gends, wie immer zieht die Gefahr wie eine Sirene, der ganze Körper will im wüſten Schwindel nach dem Abgrunde zu, er kommt aus dem Kranken- zimmer und iſt mit Leichtigkeit von Nachtluft, Regen und unbequemer Stellung vernichtet. — Er ent- ſchließt ſich, lieber ſelbſt hinabzuſpringen: der ſtolze, freche Lord, der ſonſt die dickſten Taue des Men- ſchenverkehrs ohne Weiteres zerreißt, er iſt von die- ſem Spinnwebfaden der Ehrenſitte dergeſtalt um- rankt, daß er eher ſich, als einen Schatten Anſtand ſeiner Wirthin opfern will. Dies ſind Geheimniſſe ſpecieller Civiliſation. Jch kam ſpät nach Hauſe, und weil ich kein Licht in Henry’s Zimmer ſah, ſo meinte ich, er ſei zu Bett; es war mir willkommen, nun einmal nach mancher geſtörten Nacht feſt ſchlafen zu kön- nen, ich verriegle die Thür meines Gemachs und

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/246>, abgerufen am 23.11.2024.