Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

Gesellschaft aufbricht, begleite ich sie in's Vorzimmer
-- ich war den Abend sehr sanft und zurückhaltend
gewesen -- der Diener, die Equipage fehlt, ich
hänge ihr den Mantel um, und berühre ihre schön
gewölbten Schultern kaum mit der Fingerspitze, so
viel Ueberwindung es mich kostet. Sie hat nämlich
die in Paris ungewöhnliche Manier, sehr verschlossen,
bis an den Hals verhüllt, sich zu kleiden, obwohl
man am schönen Wuchse, der vollen Hand, dem
weißen, schönen Halse, den Umrissen unter der
feinen Hülle sehen konnte, daß just ihre Büste sehr
schön sein müsse. Jch sage, der Diener warte viel-
leicht ungeschickt am Wagen, ich bringe sie hin-
unter, ihre Equipage fehlt, sie will kein Aufsehn
machen, entschließt sich, steigt in die meine.

Du magst denken, daß ich die Situation zu
benutzen suchte, sie wehrte, ich wurde stürmisch, das
Widerstrebende lockt am meisten, ich riß ihr den
Kragen von der Achsel, und fand Nacken, Schul-
ter, Brust voll und duftend vom schönsten Leben --

Aber, Monsieur, sagte sie lächelnd, fahren wir
doch zu mir nach Hause, dort können wir ja die
Liebkosung viel bequemer haben. Es geschah; sämmt-

Geſellſchaft aufbricht, begleite ich ſie in’s Vorzimmer
— ich war den Abend ſehr ſanft und zuruͤckhaltend
geweſen — der Diener, die Equipage fehlt, ich
haͤnge ihr den Mantel um, und beruͤhre ihre ſchoͤn
gewoͤlbten Schultern kaum mit der Fingerſpitze, ſo
viel Ueberwindung es mich koſtet. Sie hat naͤmlich
die in Paris ungewoͤhnliche Manier, ſehr verſchloſſen,
bis an den Hals verhuͤllt, ſich zu kleiden, obwohl
man am ſchoͤnen Wuchſe, der vollen Hand, dem
weißen, ſchoͤnen Halſe, den Umriſſen unter der
feinen Huͤlle ſehen konnte, daß juſt ihre Buͤſte ſehr
ſchoͤn ſein muͤſſe. Jch ſage, der Diener warte viel-
leicht ungeſchickt am Wagen, ich bringe ſie hin-
unter, ihre Equipage fehlt, ſie will kein Aufſehn
machen, entſchließt ſich, ſteigt in die meine.

Du magſt denken, daß ich die Situation zu
benutzen ſuchte, ſie wehrte, ich wurde ſtuͤrmiſch, das
Widerſtrebende lockt am meiſten, ich riß ihr den
Kragen von der Achſel, und fand Nacken, Schul-
ter, Bruſt voll und duftend vom ſchoͤnſten Leben —

Aber, Monſieur, ſagte ſie laͤchelnd, fahren wir
doch zu mir nach Hauſe, dort koͤnnen wir ja die
Liebkoſung viel bequemer haben. Es geſchah; ſaͤmmt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0210" n="202"/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft aufbricht, begleite ich &#x017F;ie in&#x2019;s Vorzimmer<lb/>
&#x2014; ich war den Abend &#x017F;ehr &#x017F;anft und zuru&#x0364;ckhaltend<lb/>
gewe&#x017F;en &#x2014; der Diener, die Equipage fehlt, ich<lb/>
ha&#x0364;nge ihr den Mantel um, und beru&#x0364;hre ihre &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
gewo&#x0364;lbten Schultern kaum mit der Finger&#x017F;pitze, &#x017F;o<lb/>
viel Ueberwindung es mich ko&#x017F;tet. Sie hat na&#x0364;mlich<lb/>
die in Paris ungewo&#x0364;hnliche Manier, &#x017F;ehr ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
bis an den Hals verhu&#x0364;llt, &#x017F;ich zu kleiden, obwohl<lb/>
man am &#x017F;cho&#x0364;nen Wuch&#x017F;e, der vollen Hand, dem<lb/>
weißen, &#x017F;cho&#x0364;nen Hal&#x017F;e, den Umri&#x017F;&#x017F;en unter der<lb/>
feinen Hu&#x0364;lle &#x017F;ehen konnte, daß ju&#x017F;t ihre Bu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ein mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Jch &#x017F;age, der Diener warte viel-<lb/>
leicht unge&#x017F;chickt am Wagen, ich bringe &#x017F;ie hin-<lb/>
unter, ihre Equipage fehlt, &#x017F;ie will kein Auf&#x017F;ehn<lb/>
machen, ent&#x017F;chließt &#x017F;ich, &#x017F;teigt in die meine.</p><lb/>
          <p>Du mag&#x017F;t denken, daß ich die Situation zu<lb/>
benutzen &#x017F;uchte, &#x017F;ie wehrte, ich wurde &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;ch, das<lb/>
Wider&#x017F;trebende lockt am mei&#x017F;ten, ich riß ihr den<lb/>
Kragen von der Ach&#x017F;el, und fand Nacken, Schul-<lb/>
ter, Bru&#x017F;t voll und duftend vom &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Leben &#x2014;</p><lb/>
          <p>Aber, Mon&#x017F;ieur, &#x017F;agte &#x017F;ie la&#x0364;chelnd, fahren wir<lb/>
doch zu mir nach Hau&#x017F;e, dort ko&#x0364;nnen wir ja die<lb/>
Liebko&#x017F;ung viel bequemer haben. Es ge&#x017F;chah; &#x017F;a&#x0364;mmt-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0210] Geſellſchaft aufbricht, begleite ich ſie in’s Vorzimmer — ich war den Abend ſehr ſanft und zuruͤckhaltend geweſen — der Diener, die Equipage fehlt, ich haͤnge ihr den Mantel um, und beruͤhre ihre ſchoͤn gewoͤlbten Schultern kaum mit der Fingerſpitze, ſo viel Ueberwindung es mich koſtet. Sie hat naͤmlich die in Paris ungewoͤhnliche Manier, ſehr verſchloſſen, bis an den Hals verhuͤllt, ſich zu kleiden, obwohl man am ſchoͤnen Wuchſe, der vollen Hand, dem weißen, ſchoͤnen Halſe, den Umriſſen unter der feinen Huͤlle ſehen konnte, daß juſt ihre Buͤſte ſehr ſchoͤn ſein muͤſſe. Jch ſage, der Diener warte viel- leicht ungeſchickt am Wagen, ich bringe ſie hin- unter, ihre Equipage fehlt, ſie will kein Aufſehn machen, entſchließt ſich, ſteigt in die meine. Du magſt denken, daß ich die Situation zu benutzen ſuchte, ſie wehrte, ich wurde ſtuͤrmiſch, das Widerſtrebende lockt am meiſten, ich riß ihr den Kragen von der Achſel, und fand Nacken, Schul- ter, Bruſt voll und duftend vom ſchoͤnſten Leben — Aber, Monſieur, ſagte ſie laͤchelnd, fahren wir doch zu mir nach Hauſe, dort koͤnnen wir ja die Liebkoſung viel bequemer haben. Es geſchah; ſaͤmmt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/210
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/210>, abgerufen am 26.11.2024.