"Kosciusco hat nie einen Polen geschlagen -- weißt Du das?" Und dabei fing er das alte Volks- lied an "Noch ist Polen nicht verloren," und wenn er an den Refrain kam "Kosciusco führt uns an," da zwickte und kitzelte er das Pferd, daß es wieherte und hinten und vorn ausschlug, und je mehr es lärmte, desto stärker sang er.
Hatt' es der Schmied gestern eilig? fragte Coe- lestin nach einer Weile.
"Ja wohl, die Hunde zotteln wie die Wölfe überall herum, sie hungern!"
Nun, zu packen habe ich nicht viel, das silberne Tischzeug ist schon lange in Warschau, meinetwegen können sie jede Stunde kommen, 's ist mir nur um die gnädige Gräfin --
"Jst's denn wahr, Coelestin, daß König Sta- nislaus in sie verliebt gewesen ist" --
Es ist die beste Polin von der Warthe bis an den Dniepr, Du naseweiser Lümmel.
"Jch weiß, ich weiß, Alter. Laß uns noch eins trinken. So lange der Schmied ein Paar Augen im Kopfe hat, und seine großen Fäuste auf die Flinte legen kann, sind ihre weißen Haare in Sicher-
„Kosciusco hat nie einen Polen geſchlagen — weißt Du das?“ Und dabei fing er das alte Volks- lied an „Noch iſt Polen nicht verloren,“ und wenn er an den Refrain kam „Kosciusco führt uns an,“ da zwickte und kitzelte er das Pferd, daß es wieherte und hinten und vorn ausſchlug, und je mehr es lärmte, deſto ſtärker ſang er.
Hatt’ es der Schmied geſtern eilig? fragte Coe- leſtin nach einer Weile.
„Ja wohl, die Hunde zotteln wie die Wölfe überall herum, ſie hungern!“
Nun, zu packen habe ich nicht viel, das ſilberne Tiſchzeug iſt ſchon lange in Warſchau, meinetwegen können ſie jede Stunde kommen, ’s iſt mir nur um die gnädige Gräfin —
„Jſt’s denn wahr, Coeleſtin, daß König Sta- nislaus in ſie verliebt geweſen iſt“ —
Es iſt die beſte Polin von der Warthe bis an den Dniepr, Du naſeweiſer Lümmel.
„Jch weiß, ich weiß, Alter. Laß uns noch eins trinken. So lange der Schmied ein Paar Augen im Kopfe hat, und ſeine großen Fäuſte auf die Flinte legen kann, ſind ihre weißen Haare in Sicher-
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„Kosciusco hat nie einen Polen geſchlagen —
weißt Du das?“ Und dabei fing er das alte Volks-
lied an „Noch iſt Polen nicht verloren,“ und wenn
er an den Refrain kam „Kosciusco führt uns an,“
da zwickte und kitzelte er das Pferd, daß es wieherte
und hinten und vorn ausſchlug, und je mehr es
lärmte, deſto ſtärker ſang er.
Hatt’ es der Schmied geſtern eilig? fragte Coe-
leſtin nach einer Weile.
„Ja wohl, die Hunde zotteln wie die Wölfe
überall herum, ſie hungern!“
Nun, zu packen habe ich nicht viel, das ſilberne
Tiſchzeug iſt ſchon lange in Warſchau, meinetwegen
können ſie jede Stunde kommen, ’s iſt mir nur um
die gnädige Gräfin —
„Jſt’s denn wahr, Coeleſtin, daß König Sta-
nislaus in ſie verliebt geweſen iſt“ —
Es iſt die beſte Polin von der Warthe bis an
den Dniepr, Du naſeweiſer Lümmel.
„Jch weiß, ich weiß, Alter. Laß uns noch eins
trinken. So lange der Schmied ein Paar Augen
im Kopfe hat, und ſeine großen Fäuſte auf die Flinte
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/88>, abgerufen am 19.07.2024.
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