Er konnte sich lange von der Stelle, von dem Zimmer nicht trennen, und "Liebster," "Liebster" flüsterte er oft vor sich hin.
Als er in den Salon kam, lachte und scherzte man noch darüber, daß die Fürstin ein falsches Buch gebracht und dann eiligst ein Recht aufge- geben habe, was sie kurz vorher so hartnäckig ver- theidigt.
Sie saß in einer holden Verwirrung da, und die Nachbarn des Teutschen flüsterten einander zu: Sie wird alle Stunden schöner.
Valerius war so munter und ausgelassen, wie man ihn noch nicht gesehen hatte; er scherzte und tändelte ohne Aufhören mit Hedwig, die mehr als einmal zur Fürstin sagte: So liebenswürdig ist Jhr Landsmann noch niemals, niemals gewe- sen. Constantie lächelte wie das verborgene Glück, und sah einen Augenblick auf Valerius. Es hing dann vor ihren Augen ein dünner Flor, durch welchen eine unendliche Seligkeit drängen zu wol- len schien. -- Als der Salon leer geworden, fiel es ihr ein, daß sie ihm Briefe aus Teutschland
Er konnte ſich lange von der Stelle, von dem Zimmer nicht trennen, und „Liebſter,“ „Liebſter“ flüſterte er oft vor ſich hin.
Als er in den Salon kam, lachte und ſcherzte man noch darüber, daß die Fürſtin ein falſches Buch gebracht und dann eiligſt ein Recht aufge- geben habe, was ſie kurz vorher ſo hartnäckig ver- theidigt.
Sie ſaß in einer holden Verwirrung da, und die Nachbarn des Teutſchen flüſterten einander zu: Sie wird alle Stunden ſchöner.
Valerius war ſo munter und ausgelaſſen, wie man ihn noch nicht geſehen hatte; er ſcherzte und tändelte ohne Aufhören mit Hedwig, die mehr als einmal zur Fürſtin ſagte: So liebenswürdig iſt Jhr Landsmann noch niemals, niemals gewe- ſen. Conſtantie lächelte wie das verborgene Glück, und ſah einen Augenblick auf Valerius. Es hing dann vor ihren Augen ein dünner Flor, durch welchen eine unendliche Seligkeit drängen zu wol- len ſchien. — Als der Salon leer geworden, fiel es ihr ein, daß ſie ihm Briefe aus Teutſchland
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Er konnte ſich lange von der Stelle, von dem
Zimmer nicht trennen, und „Liebſter,“ „Liebſter“
flüſterte er oft vor ſich hin.
Als er in den Salon kam, lachte und ſcherzte
man noch darüber, daß die Fürſtin ein falſches
Buch gebracht und dann eiligſt ein Recht aufge-
geben habe, was ſie kurz vorher ſo hartnäckig ver-
theidigt.
Sie ſaß in einer holden Verwirrung da, und
die Nachbarn des Teutſchen flüſterten einander zu:
Sie wird alle Stunden ſchöner.
Valerius war ſo munter und ausgelaſſen, wie
man ihn noch nicht geſehen hatte; er ſcherzte und
tändelte ohne Aufhören mit Hedwig, die mehr
als einmal zur Fürſtin ſagte: So liebenswürdig
iſt Jhr Landsmann noch niemals, niemals gewe-
ſen. Conſtantie lächelte wie das verborgene Glück,
und ſah einen Augenblick auf Valerius. Es hing
dann vor ihren Augen ein dünner Flor, durch
welchen eine unendliche Seligkeit drängen zu wol-
len ſchien. — Als der Salon leer geworden, fiel
es ihr ein, daß ſie ihm Briefe aus Teutſchland
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/224>, abgerufen am 28.07.2024.
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