tigsten Einfluß ausübt. Er ist der einzige, mit dem Hyppolit in seiner jetzigen Leidenschaft, die aus aller¬ lei Ingredienzien zusammengesetzt ist, redet. Ich glaube, Hyppolit haßt die Fürstin ebenso, wie er mich zu lieben glaubt, und wenn ich dem Manne heute sagte, ich liebe ihn, so theilte ich wahrscheinlich in einigen Wo¬ chen das Schicksal seiner Verlassenen -- ich will aber mein Schicksal mit Niemand theilen, ich will mich durch nichts hinreißen, übereilen lassen, ich will nicht diesen Gefühlsaufwand, diese Stürme, diese Unebenheiten, dies unersprießliche Geräusch. Liebe Mutter, ich bin meines Vaters Tochter, schilt mir nicht dies mein Wesen. Es macht diese innere Ordnung nur mein Glück. Könntest Du Dich mit mir hier umsehen, wie die Neigungen, Lei¬ denschaften, Verhältnisse bunt durch einander liegen, wie in einem ungeordneten Zimmer, Du würdest mit mir da¬ vor zurückschrecken. Solche Unklarheit, Verworrenheit meiner inneren Dinge ist immer ein Unglück für mich, das mich zu Tode hetzte wie ein Gespenst. Darum lobte ich den Herrn Valer; fast Alle lehnen sich an ihn, weil er al¬ lein fest zu stehen scheint. Es ist, als ob er mit Alberta in magnetischem Rapport stände, so wie er zu ihr tritt, schließt sich die Blume ihres Schmerzes mit ihren Thränen, und
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tigſten Einfluß ausübt. Er iſt der einzige, mit dem Hyppolit in ſeiner jetzigen Leidenſchaft, die aus aller¬ lei Ingredienzien zuſammengeſetzt iſt, redet. Ich glaube, Hyppolit haßt die Fürſtin ebenſo, wie er mich zu lieben glaubt, und wenn ich dem Manne heute ſagte, ich liebe ihn, ſo theilte ich wahrſcheinlich in einigen Wo¬ chen das Schickſal ſeiner Verlaſſenen — ich will aber mein Schickſal mit Niemand theilen, ich will mich durch nichts hinreißen, übereilen laſſen, ich will nicht dieſen Gefühlsaufwand, dieſe Stürme, dieſe Unebenheiten, dies unerſprießliche Geräuſch. Liebe Mutter, ich bin meines Vaters Tochter, ſchilt mir nicht dies mein Weſen. Es macht dieſe innere Ordnung nur mein Glück. Könnteſt Du Dich mit mir hier umſehen, wie die Neigungen, Lei¬ denſchaften, Verhältniſſe bunt durch einander liegen, wie in einem ungeordneten Zimmer, Du würdeſt mit mir da¬ vor zurückſchrecken. Solche Unklarheit, Verworrenheit meiner inneren Dinge iſt immer ein Unglück für mich, das mich zu Tode hetzte wie ein Geſpenſt. Darum lobte ich den Herrn Valer; faſt Alle lehnen ſich an ihn, weil er al¬ lein feſt zu ſtehen ſcheint. Es iſt, als ob er mit Alberta in magnetiſchem Rapport ſtände, ſo wie er zu ihr tritt, ſchließt ſich die Blume ihres Schmerzes mit ihren Thränen, und
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tigſten Einfluß ausübt. Er iſt der einzige, mit dem
Hyppolit in ſeiner jetzigen Leidenſchaft, die aus aller¬
lei Ingredienzien zuſammengeſetzt iſt, redet. Ich glaube,
Hyppolit haßt die Fürſtin ebenſo, wie er mich zu lieben
glaubt, und wenn ich dem Manne heute ſagte, ich
liebe ihn, ſo theilte ich wahrſcheinlich in einigen Wo¬
chen das Schickſal ſeiner Verlaſſenen — ich will aber
mein Schickſal mit Niemand theilen, ich will mich
durch nichts hinreißen, übereilen laſſen, ich will nicht
dieſen Gefühlsaufwand, dieſe Stürme, dieſe Unebenheiten,
dies unerſprießliche Geräuſch. Liebe Mutter, ich bin
meines Vaters Tochter, ſchilt mir nicht dies mein Weſen.
Es macht dieſe innere Ordnung nur mein Glück. Könnteſt
Du Dich mit mir hier umſehen, wie die Neigungen, Lei¬
denſchaften, Verhältniſſe bunt durch einander liegen, wie
in einem ungeordneten Zimmer, Du würdeſt mit mir da¬
vor zurückſchrecken. Solche Unklarheit, Verworrenheit
meiner inneren Dinge iſt immer ein Unglück für mich,
das mich zu Tode hetzte wie ein Geſpenſt. Darum lobte ich
den Herrn Valer; faſt Alle lehnen ſich an ihn, weil er al¬
lein feſt zu ſtehen ſcheint. Es iſt, als ob er mit Alberta in
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ſich die Blume ihres Schmerzes mit ihren Thränen, und
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/63>, abgerufen am 16.02.2025.
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