nicht nur getadelt, er wird verlacht werden, wie jeder banquerotte Kaufmann, der noch nach Goldstücken rechnet.
Aber der Menschen Sinn trachtet nach Bevorzu¬ gung -- hub Graf Topf an -- nur das moralische Streben bändigt ihn; unter den Siegern über die historische Klasse bildet sich wieder eine Aristokratie, die Phasen der Geschichte sind nur ein Wechsel der herr¬ schenden Klassen, aber kein Aufhören derselben; der neue Feind ist die Geldaristokratie und wahrlich, meine Herren, sie ist noch platter und prosaischer, sie hat nicht einen Funken von Poesie, und grade das Extrem des Adels, das trostlose Geschäft, schwingt sich im Gewande der Industrie auf den Thron, mir schaudert vor dieser neuen, blos rechnenden Herrschaft, wo die Herzen nichts mehr gelten.
Ich gab ihm Recht und gestand zu, daß wir sehr auf der Hut sein müßten, uns den Sieg nicht steh¬ len zu lassen, den Sieg der Bildung. Immer aber, fuhr ich fort, ist das doch ein großer Schritt weiter, wenn der Erbaristokratismus gestürzt ist, und wir viel¬ leicht leider beim Geldaristokratismus angekommen sind, so ekelhaft dieser auch sein mag. Die nächste Morgen¬ röthe kann mir das Geld, einige Jahre können mir
nicht nur getadelt, er wird verlacht werden, wie jeder banquerotte Kaufmann, der noch nach Goldſtücken rechnet.
Aber der Menſchen Sinn trachtet nach Bevorzu¬ gung — hub Graf Topf an — nur das moraliſche Streben bändigt ihn; unter den Siegern über die hiſtoriſche Klaſſe bildet ſich wieder eine Ariſtokratie, die Phaſen der Geſchichte ſind nur ein Wechſel der herr¬ ſchenden Klaſſen, aber kein Aufhören derſelben; der neue Feind iſt die Geldariſtokratie und wahrlich, meine Herren, ſie iſt noch platter und proſaiſcher, ſie hat nicht einen Funken von Poeſie, und grade das Extrem des Adels, das troſtloſe Geſchäft, ſchwingt ſich im Gewande der Induſtrie auf den Thron, mir ſchaudert vor dieſer neuen, blos rechnenden Herrſchaft, wo die Herzen nichts mehr gelten.
Ich gab ihm Recht und geſtand zu, daß wir ſehr auf der Hut ſein müßten, uns den Sieg nicht ſteh¬ len zu laſſen, den Sieg der Bildung. Immer aber, fuhr ich fort, iſt das doch ein großer Schritt weiter, wenn der Erbariſtokratismus geſtürzt iſt, und wir viel¬ leicht leider beim Geldariſtokratismus angekommen ſind, ſo ekelhaft dieſer auch ſein mag. Die nächſte Morgen¬ röthe kann mir das Geld, einige Jahre können mir
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nicht nur getadelt, er wird verlacht werden, wie jeder
banquerotte Kaufmann, der noch nach Goldſtücken rechnet.
Aber der Menſchen Sinn trachtet nach Bevorzu¬
gung — hub Graf Topf an — nur das moraliſche
Streben bändigt ihn; unter den Siegern über die
hiſtoriſche Klaſſe bildet ſich wieder eine Ariſtokratie, die
Phaſen der Geſchichte ſind nur ein Wechſel der herr¬
ſchenden Klaſſen, aber kein Aufhören derſelben; der
neue Feind iſt die Geldariſtokratie und wahrlich, meine
Herren, ſie iſt noch platter und proſaiſcher, ſie hat nicht
einen Funken von Poeſie, und grade das Extrem des
Adels, das troſtloſe Geſchäft, ſchwingt ſich im Gewande
der Induſtrie auf den Thron, mir ſchaudert vor dieſer
neuen, blos rechnenden Herrſchaft, wo die Herzen nichts
mehr gelten.
Ich gab ihm Recht und geſtand zu, daß wir
ſehr auf der Hut ſein müßten, uns den Sieg nicht ſteh¬
len zu laſſen, den Sieg der Bildung. Immer aber,
fuhr ich fort, iſt das doch ein großer Schritt weiter,
wenn der Erbariſtokratismus geſtürzt iſt, und wir viel¬
leicht leider beim Geldariſtokratismus angekommen ſind,
ſo ekelhaft dieſer auch ſein mag. Die nächſte Morgen¬
röthe kann mir das Geld, einige Jahre können mir
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/42>, abgerufen am 26.02.2025.
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