Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

hat er beinahe verpaßt. Das allzu Demokratische daran
mochte ihn eine Zeitlang abgehalten haben, sich damit
einzulassen, und wahrscheinlich hoffte er, die Richtung
werde bald vorübergehen. Dennoch erinnern sich noch
sehr Viele lebhaft, daß er einer durchziehenden Tur¬
nerbande ein großes altteutsches Mahl gerüstet, und
weil er nicht schnell genug einen teutschen Rock bei
der Hand gehabt, mit bloßem Halse und halb entblö߬
ter Brust dem alten Jahn gegenüber im Schlafrock prä¬
sidirt habe. Man erinnert sich noch eines lebhaften
Streites, den er mit jenem geführt, ob Kastavien eine
ächte teutsche Frucht seien. Jahn verneinte es zürnend,
und warf eine große hölzerne Schüssel, -- denn Topf
that nichts halb, und alles Geschirr war antik -- voll
Kastanien an die Erde, obwohl seine Turner sich ein
wenig opponirten, weil ihnen die schmackhaften Maro¬
nen behagten. "Eicheln, Topf, wuchsen im Teutobur¬
ger Walde, Eicheln, nicht aber diese welschen überal¬
pigen Gewächse, mit denen wahrscheinlich Hannibal
seine Truppen zu Capua verweichelte. Thu mir nicht
ein Gleiches mit meinen jungen Söhnen Teuts, Topf,
ich beschwöre Dich bei Hertha's weißen Rossen." Der
Graf argumentirte eine Zeitlang mit dem Nibelungen¬

hat er beinahe verpaßt. Das allzu Demokratiſche daran
mochte ihn eine Zeitlang abgehalten haben, ſich damit
einzulaſſen, und wahrſcheinlich hoffte er, die Richtung
werde bald vorübergehen. Dennoch erinnern ſich noch
ſehr Viele lebhaft, daß er einer durchziehenden Tur¬
nerbande ein großes altteutſches Mahl gerüſtet, und
weil er nicht ſchnell genug einen teutſchen Rock bei
der Hand gehabt, mit bloßem Halſe und halb entblö߬
ter Bruſt dem alten Jahn gegenüber im Schlafrock prä¬
ſidirt habe. Man erinnert ſich noch eines lebhaften
Streites, den er mit jenem geführt, ob Kaſtavien eine
ächte teutſche Frucht ſeien. Jahn verneinte es zürnend,
und warf eine große hölzerne Schüſſel, — denn Topf
that nichts halb, und alles Geſchirr war antik — voll
Kaſtanien an die Erde, obwohl ſeine Turner ſich ein
wenig opponirten, weil ihnen die ſchmackhaften Maro¬
nen behagten. „Eicheln, Topf, wuchſen im Teutobur¬
ger Walde, Eicheln, nicht aber dieſe welſchen überal¬
pigen Gewächſe, mit denen wahrſcheinlich Hannibal
ſeine Truppen zu Capua verweichelte. Thu mir nicht
ein Gleiches mit meinen jungen Söhnen Teuts, Topf,
ich beſchwöre Dich bei Hertha's weißen Roſſen.“ Der
Graf argumentirte eine Zeitlang mit dem Nibelungen¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0019" n="7"/>
hat er beinahe verpaßt. Das allzu Demokrati&#x017F;che daran<lb/>
mochte ihn eine Zeitlang abgehalten haben, &#x017F;ich damit<lb/>
einzula&#x017F;&#x017F;en, und wahr&#x017F;cheinlich hoffte er, die Richtung<lb/>
werde bald vorübergehen. Dennoch erinnern &#x017F;ich noch<lb/>
&#x017F;ehr Viele lebhaft, daß er einer durchziehenden Tur¬<lb/>
nerbande ein großes altteut&#x017F;ches Mahl gerü&#x017F;tet, und<lb/>
weil er nicht &#x017F;chnell genug einen teut&#x017F;chen Rock bei<lb/>
der Hand gehabt, mit bloßem Hal&#x017F;e und halb entblö߬<lb/>
ter Bru&#x017F;t dem alten Jahn gegenüber im Schlafrock prä¬<lb/>
&#x017F;idirt habe. Man erinnert &#x017F;ich noch eines lebhaften<lb/>
Streites, den er mit jenem geführt, ob Ka&#x017F;tavien eine<lb/>
ächte teut&#x017F;che Frucht &#x017F;eien. Jahn verneinte es zürnend,<lb/>
und warf eine große hölzerne Schü&#x017F;&#x017F;el, &#x2014; denn Topf<lb/>
that nichts halb, und alles Ge&#x017F;chirr war antik &#x2014; voll<lb/>
Ka&#x017F;tanien an die Erde, obwohl &#x017F;eine Turner &#x017F;ich ein<lb/>
wenig opponirten, weil ihnen die &#x017F;chmackhaften Maro¬<lb/>
nen behagten. &#x201E;Eicheln, Topf, wuch&#x017F;en im Teutobur¬<lb/>
ger Walde, Eicheln, nicht aber die&#x017F;e wel&#x017F;chen überal¬<lb/>
pigen Gewäch&#x017F;e, mit denen wahr&#x017F;cheinlich Hannibal<lb/>
&#x017F;eine Truppen zu Capua verweichelte. Thu mir nicht<lb/>
ein Gleiches mit meinen jungen Söhnen Teuts, Topf,<lb/>
ich be&#x017F;chwöre Dich bei Hertha's weißen Ro&#x017F;&#x017F;en.&#x201C; Der<lb/>
Graf argumentirte eine Zeitlang mit dem Nibelungen¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0019] hat er beinahe verpaßt. Das allzu Demokratiſche daran mochte ihn eine Zeitlang abgehalten haben, ſich damit einzulaſſen, und wahrſcheinlich hoffte er, die Richtung werde bald vorübergehen. Dennoch erinnern ſich noch ſehr Viele lebhaft, daß er einer durchziehenden Tur¬ nerbande ein großes altteutſches Mahl gerüſtet, und weil er nicht ſchnell genug einen teutſchen Rock bei der Hand gehabt, mit bloßem Halſe und halb entblö߬ ter Bruſt dem alten Jahn gegenüber im Schlafrock prä¬ ſidirt habe. Man erinnert ſich noch eines lebhaften Streites, den er mit jenem geführt, ob Kaſtavien eine ächte teutſche Frucht ſeien. Jahn verneinte es zürnend, und warf eine große hölzerne Schüſſel, — denn Topf that nichts halb, und alles Geſchirr war antik — voll Kaſtanien an die Erde, obwohl ſeine Turner ſich ein wenig opponirten, weil ihnen die ſchmackhaften Maro¬ nen behagten. „Eicheln, Topf, wuchſen im Teutobur¬ ger Walde, Eicheln, nicht aber dieſe welſchen überal¬ pigen Gewächſe, mit denen wahrſcheinlich Hannibal ſeine Truppen zu Capua verweichelte. Thu mir nicht ein Gleiches mit meinen jungen Söhnen Teuts, Topf, ich beſchwöre Dich bei Hertha's weißen Roſſen.“ Der Graf argumentirte eine Zeitlang mit dem Nibelungen¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/19
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/19>, abgerufen am 24.11.2024.