Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.wie lieb ich Dich" -- und Desdemona war todt. wie lieb ich Dich“ — und Desdemona war todt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0158" n="146"/> wie lieb ich Dich“ — und Desdemona war todt.<lb/> Lange ſtand ich unbeweglich, ich war auch todt. Des<lb/> Kindes Stimme, was an der Erde ſpielte, und plötz¬<lb/> lich über ſein Spiel aufjauchzte, erweckte mich. Die er¬<lb/> ſtarrte Hand Desdemonas hielt die meine feſt umklam¬<lb/> mert, ich konnte nicht los und wollte der Todten durch<lb/> das Aufbrechen keine Schmerzen machen. Ich blieb noch<lb/> lange ſtehen und ſuchte mit der freien Hand in all<lb/> meinen Taſchen herum, um eine Waffe zu finden. Ich<lb/> wollte bei meinem Weibe bleiben. Meine Taſchen wa¬<lb/> ren leer. Da mußte ich das Gräßlichſte thun und<lb/> meine Hand gewaltſam von der todten Liebe befreien.<lb/> Langſam ging ich nach der Thür. Das kleine Mädchen<lb/> ſah mich lächelnd an und bat mich, mit ihr zu ſpielen.<lb/> Lange ſtand ich noch an der Thür und ſah nach der<lb/> lieben Leiche; dann ging ich und ſchloß die Thür leiſe;<lb/> ich wollte mein Weib nicht ſtören. Dieſes zuſchlagende<lb/> Schloß trennte mich von meiner innigſten Vergangen¬<lb/> heit. Ich ging langſam den Saal entlang und ſah<lb/> nur in weiter Ferne, was dicht um mich her vorging.<lb/> Damen in Reiſekleidern ſchlüpften an mir vorüber —<lb/> es mochte Julia und ihr Mädchen ſein — ich beach¬<lb/> tete ſie nicht. Man erzählte mir ſpäter, daß ich mich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0158]
wie lieb ich Dich“ — und Desdemona war todt.
Lange ſtand ich unbeweglich, ich war auch todt. Des
Kindes Stimme, was an der Erde ſpielte, und plötz¬
lich über ſein Spiel aufjauchzte, erweckte mich. Die er¬
ſtarrte Hand Desdemonas hielt die meine feſt umklam¬
mert, ich konnte nicht los und wollte der Todten durch
das Aufbrechen keine Schmerzen machen. Ich blieb noch
lange ſtehen und ſuchte mit der freien Hand in all
meinen Taſchen herum, um eine Waffe zu finden. Ich
wollte bei meinem Weibe bleiben. Meine Taſchen wa¬
ren leer. Da mußte ich das Gräßlichſte thun und
meine Hand gewaltſam von der todten Liebe befreien.
Langſam ging ich nach der Thür. Das kleine Mädchen
ſah mich lächelnd an und bat mich, mit ihr zu ſpielen.
Lange ſtand ich noch an der Thür und ſah nach der
lieben Leiche; dann ging ich und ſchloß die Thür leiſe;
ich wollte mein Weib nicht ſtören. Dieſes zuſchlagende
Schloß trennte mich von meiner innigſten Vergangen¬
heit. Ich ging langſam den Saal entlang und ſah
nur in weiter Ferne, was dicht um mich her vorging.
Damen in Reiſekleidern ſchlüpften an mir vorüber —
es mochte Julia und ihr Mädchen ſein — ich beach¬
tete ſie nicht. Man erzählte mir ſpäter, daß ich mich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |