Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.ich babe sie gehört und mein zitternder Mund hat sie ich babe ſie gehört und mein zitternder Mund hat ſie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0014" n="2"/> ich babe ſie gehört und mein zitternder Mund hat ſie<lb/> mir hundertmal zum Hören vorgeſagt, daß die Eisrinde<lb/> an meinem Herzen ſpringen und meine liebende Seele,<lb/> die alles Hoffen verlernt, daran glauben möchte, es gebe<lb/> noch Recht und Gerechtigkeit in der Welt, und der<lb/> Freund der Menſchen brauche nicht mit gebrochenem<lb/> Herzen zu ſterben. O Berg, der auf meiner Seele<lb/> laſtete, wie hoch flogſt du auf, o du ſchlimmes Jahr¬<lb/> hundert, wie hatteſt du dich verpuppt, daß ſelbſt deine<lb/> liebendſten Söhne dein Angeſicht nicht mehr erkannten.<lb/> Hätte ich doch einen Franzoſen bei der Hand, daß ich<lb/> ihn küſſen, drücken und wieder küſſen könnte. Alſo<lb/> wieder dieſes leichtblütige Volk mußte es ſein, das zum<lb/> zweiten Male die Riegel der Entwickelungsgeſchichte hin¬<lb/> wegſtoßen mußte von der finſtern Zeit, auf daß Licht<lb/> hereinbreche, ſtrahlendes Licht. O mein Vaterland mit<lb/> deinen Philiſtern, nur diesmal nicht wieder den ab¬<lb/> ſcheulichen Undank, jene Pförtner der Weltgeſchichte,<lb/> jene roſenrothen Franken nicht anerkennen zu wollen.<lb/> Ach Conſtantin, Conſtantin, ich habe mich gefreut wie<lb/> ein Knabe, den man eingeſperrt hatte, und nun hin¬<lb/> ausließ in den Sonnenſchein; wie einen unnützen<lb/> Wanderſtab warf ich alle Rückſicht, alle Beſonnenheit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0014]
ich babe ſie gehört und mein zitternder Mund hat ſie
mir hundertmal zum Hören vorgeſagt, daß die Eisrinde
an meinem Herzen ſpringen und meine liebende Seele,
die alles Hoffen verlernt, daran glauben möchte, es gebe
noch Recht und Gerechtigkeit in der Welt, und der
Freund der Menſchen brauche nicht mit gebrochenem
Herzen zu ſterben. O Berg, der auf meiner Seele
laſtete, wie hoch flogſt du auf, o du ſchlimmes Jahr¬
hundert, wie hatteſt du dich verpuppt, daß ſelbſt deine
liebendſten Söhne dein Angeſicht nicht mehr erkannten.
Hätte ich doch einen Franzoſen bei der Hand, daß ich
ihn küſſen, drücken und wieder küſſen könnte. Alſo
wieder dieſes leichtblütige Volk mußte es ſein, das zum
zweiten Male die Riegel der Entwickelungsgeſchichte hin¬
wegſtoßen mußte von der finſtern Zeit, auf daß Licht
hereinbreche, ſtrahlendes Licht. O mein Vaterland mit
deinen Philiſtern, nur diesmal nicht wieder den ab¬
ſcheulichen Undank, jene Pförtner der Weltgeſchichte,
jene roſenrothen Franken nicht anerkennen zu wollen.
Ach Conſtantin, Conſtantin, ich habe mich gefreut wie
ein Knabe, den man eingeſperrt hatte, und nun hin¬
ausließ in den Sonnenſchein; wie einen unnützen
Wanderſtab warf ich alle Rückſicht, alle Beſonnenheit
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