Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.ich ganz gewiß wußte, Clara werde mir entrissen -- ach, Später. Es ist unterdeß Abend geworden; ich weiß nicht, ich ganz gewiß wußte, Clara werde mir entriſſen — ach, Später. Es iſt unterdeß Abend geworden; ich weiß nicht, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0073" n="63"/> ich ganz gewiß wußte, Clara werde mir entriſſen — ach,<lb/> Freund, die Erinnerung ſteigt mir in das Herz, in die<lb/> A<supplied>u</supplied>gen, ich drücke den Kopf in die Hand — ich kann<lb/> nicht ſchreiben, ich will meine geſchloſſenen Augen in<lb/> die Sophakiſſen preſſen und Seele und Leib dem wir¬<lb/> belnden Gewitter der Erinnerung hingeben. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="2"> <dateline rendition="#right">Später.<lb/></dateline> <p>Es iſt unterdeß Abend geworden; ich weiß nicht,<lb/> habe ich geſchlummert, geſchwelgt, geweint oder Schmer¬<lb/> zen gelitten — ich fühle mich ſo hoch gehoben, die<lb/> Welt ſchwingt ſich ſo tief unter mir; es iſt die Stim¬<lb/> mung einen Thron auszuſchlagen — die Phönixflamme<lb/> iſt uns genommen, aber die reinigende verjüngende<lb/> Thräne iſt uns geblieben. Draußen iſt ein Gewitter<lb/> drohend und ſprühend vorübergegangen, ich habe es<lb/> donnern gehört, ich ſehe wie friſch die Erde ihre tauſend<lb/> Augen aufgeſchloſſen, außen und innen ſteigt eine Welt<lb/> friſch aus dem Bade — die Welt iſt ſchön, denn ſie<lb/> wechſelt, ſie iſt eine Geliebte, die ſich zu verjüngen weiß.<lb/> Ich wohne ſehr angenehm. Das Schloß lehnt ſich an<lb/> einen Hügel, der zu einer Teraſſe abgeplattet iſt; da¬<lb/> hin führt meine offne Fenſterthür. So hab' ich nicht<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0073]
ich ganz gewiß wußte, Clara werde mir entriſſen — ach,
Freund, die Erinnerung ſteigt mir in das Herz, in die
Augen, ich drücke den Kopf in die Hand — ich kann
nicht ſchreiben, ich will meine geſchloſſenen Augen in
die Sophakiſſen preſſen und Seele und Leib dem wir¬
belnden Gewitter der Erinnerung hingeben. —
Später.
Es iſt unterdeß Abend geworden; ich weiß nicht,
habe ich geſchlummert, geſchwelgt, geweint oder Schmer¬
zen gelitten — ich fühle mich ſo hoch gehoben, die
Welt ſchwingt ſich ſo tief unter mir; es iſt die Stim¬
mung einen Thron auszuſchlagen — die Phönixflamme
iſt uns genommen, aber die reinigende verjüngende
Thräne iſt uns geblieben. Draußen iſt ein Gewitter
drohend und ſprühend vorübergegangen, ich habe es
donnern gehört, ich ſehe wie friſch die Erde ihre tauſend
Augen aufgeſchloſſen, außen und innen ſteigt eine Welt
friſch aus dem Bade — die Welt iſt ſchön, denn ſie
wechſelt, ſie iſt eine Geliebte, die ſich zu verjüngen weiß.
Ich wohne ſehr angenehm. Das Schloß lehnt ſich an
einen Hügel, der zu einer Teraſſe abgeplattet iſt; da¬
hin führt meine offne Fenſterthür. So hab' ich nicht
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