Cupido schreibt seinem lieben Zuverlässigen. Ich sehe Dich lächeln, Du ernster Gesell, denn Du vermuthest sogleich ein Anliegen, ein Geschäft, sonst -- meinst Du -- kommt der Schmetterling nicht zum Schreiben. Ich werde Dich nächstens hassen, weil Du mir gegenüber immer Recht hast. Du bist wirklich ein fataler Mensch mit Deiner Ruhe: wärst Du wenigstens ein Pedant wie William, so könnte man doch über Dich lachen, aber so wie Du bist, bist Du doch eigentlich gar nicht amüsant.
Da ich einmal schreibe, so könnte es sich begeben, daß ich im Schusse die eigentliche Veranlassung ver¬ gäße -- lächle nicht wieder, lieber Valerius, ich bitte Dich, es ist mir unbequem -- ich will also gleich da¬ mit anfangen. Ich wohne hier auf einer reizenden Villa bei äußerst lieben Leuten; der Graf Topf ist zwar, wie Du's nennst, ein eingefleischter Aristokrat, indessen weißt Du, daß mich das wenig kümmert; er ist ein poetisches Gemüth. Wäre es nicht Dir gegenüber, so würde ich sagen, das sei mehr werth als alles Andere. Still doch -- ich hab' es ja nicht gesagt, hinweg mit der Stirnrunzel!
5. Leopold an Valerius.
Cupido ſchreibt ſeinem lieben Zuverläſſigen. Ich ſehe Dich lächeln, Du ernſter Geſell, denn Du vermutheſt ſogleich ein Anliegen, ein Geſchäft, ſonſt — meinſt Du — kommt der Schmetterling nicht zum Schreiben. Ich werde Dich nächſtens haſſen, weil Du mir gegenüber immer Recht haſt. Du biſt wirklich ein fataler Menſch mit Deiner Ruhe: wärſt Du wenigſtens ein Pedant wie William, ſo könnte man doch über Dich lachen, aber ſo wie Du biſt, biſt Du doch eigentlich gar nicht amüſant.
Da ich einmal ſchreibe, ſo könnte es ſich begeben, daß ich im Schuſſe die eigentliche Veranlaſſung ver¬ gäße — lächle nicht wieder, lieber Valerius, ich bitte Dich, es iſt mir unbequem — ich will alſo gleich da¬ mit anfangen. Ich wohne hier auf einer reizenden Villa bei äußerſt lieben Leuten; der Graf Topf iſt zwar, wie Du's nennſt, ein eingefleiſchter Ariſtokrat, indeſſen weißt Du, daß mich das wenig kümmert; er iſt ein poetiſches Gemüth. Wäre es nicht Dir gegenüber, ſo würde ich ſagen, das ſei mehr werth als alles Andere. Still doch — ich hab' es ja nicht geſagt, hinweg mit der Stirnrunzel!
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5.
Leopold an Valerius.
Cupido ſchreibt ſeinem lieben Zuverläſſigen. Ich ſehe
Dich lächeln, Du ernſter Geſell, denn Du vermutheſt
ſogleich ein Anliegen, ein Geſchäft, ſonſt — meinſt
Du — kommt der Schmetterling nicht zum Schreiben.
Ich werde Dich nächſtens haſſen, weil Du mir gegenüber
immer Recht haſt. Du biſt wirklich ein fataler Menſch
mit Deiner Ruhe: wärſt Du wenigſtens ein Pedant wie
William, ſo könnte man doch über Dich lachen, aber
ſo wie Du biſt, biſt Du doch eigentlich gar nicht amüſant.
Da ich einmal ſchreibe, ſo könnte es ſich begeben,
daß ich im Schuſſe die eigentliche Veranlaſſung ver¬
gäße — lächle nicht wieder, lieber Valerius, ich bitte
Dich, es iſt mir unbequem — ich will alſo gleich da¬
mit anfangen. Ich wohne hier auf einer reizenden Villa
bei äußerſt lieben Leuten; der Graf Topf iſt zwar, wie
Du's nennſt, ein eingefleiſchter Ariſtokrat, indeſſen weißt
Du, daß mich das wenig kümmert; er iſt ein poetiſches
Gemüth. Wäre es nicht Dir gegenüber, ſo würde ich
ſagen, das ſei mehr werth als alles Andere. Still doch —
ich hab' es ja nicht geſagt, hinweg mit der Stirnrunzel!
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/52>, abgerufen am 03.03.2025.
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