und bittet Sie, doch ja recht bald hieher zu kommen. Adieu! Adieu!
Man ruft mich zu Tisch und unsre Mahlzeiten sind jetzt immer diplomatische Mittagsessen; der Graf bringt lauter schwerfällige Gegenstände aufs Tapet, und es entsteht immer ein so klirrendes Gefecht, daß man das Essen ganz vergißt. Ich glaube, es würde oft Blut fließen, wenn nicht Valer immer die zürnenden Parteien vom Schlachtfelde wegführte. Meine Herren, pflegt er dann zu sagen, ich bitte, mir auf ein höher gelegenes Terrain zu folgen, und dann rückt er die Streitfrage der Parteien auf ein sogenanntes histo¬ risches Entwickelungs-Feld; stellt zuerst den blutig um sich hauenden Hyppolit zur Ruhe; ihm folgt der Graf mit einigen leichten Einwendungen, die bald beseitigt sind, und Graf Fips ist dann immer sogleich still; ich glaube, er versteht nicht viel mehr davon als ich. Doch hab' ich mich schon sehr in des Valerius Gelehrsamkeit eingerichtet; anfänglich kam sie mir stets wie ein Berg¬ sturz vor, der mich verschüttete, jetzt hat er mich mit ein paar klaren einfachen Worten von dem Hauptgange seiner Ideen unterrichtet, und nun folg' ich ihm mit Leichtigkeit, und es thut mir unbeschreiblich wohl, wenn
und bittet Sie, doch ja recht bald hieher zu kommen. Adieu! Adieu!
Man ruft mich zu Tiſch und unſre Mahlzeiten ſind jetzt immer diplomatiſche Mittagseſſen; der Graf bringt lauter ſchwerfällige Gegenſtände aufs Tapet, und es entſteht immer ein ſo klirrendes Gefecht, daß man das Eſſen ganz vergißt. Ich glaube, es würde oft Blut fließen, wenn nicht Valer immer die zürnenden Parteien vom Schlachtfelde wegführte. Meine Herren, pflegt er dann zu ſagen, ich bitte, mir auf ein höher gelegenes Terrain zu folgen, und dann rückt er die Streitfrage der Parteien auf ein ſogenanntes hiſto¬ riſches Entwickelungs-Feld; ſtellt zuerſt den blutig um ſich hauenden Hyppolit zur Ruhe; ihm folgt der Graf mit einigen leichten Einwendungen, die bald beſeitigt ſind, und Graf Fips iſt dann immer ſogleich ſtill; ich glaube, er verſteht nicht viel mehr davon als ich. Doch hab' ich mich ſchon ſehr in des Valerius Gelehrſamkeit eingerichtet; anfänglich kam ſie mir ſtets wie ein Berg¬ ſturz vor, der mich verſchüttete, jetzt hat er mich mit ein paar klaren einfachen Worten von dem Hauptgange ſeiner Ideen unterrichtet, und nun folg' ich ihm mit Leichtigkeit, und es thut mir unbeſchreiblich wohl, wenn
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0167"n="157"/>
und bittet Sie, doch ja recht bald hieher zu kommen.<lb/>
Adieu! Adieu!</p><lb/><p>Man ruft mich zu Tiſch und unſre Mahlzeiten<lb/>ſind jetzt immer diplomatiſche Mittagseſſen; der Graf<lb/>
bringt lauter ſchwerfällige Gegenſtände aufs Tapet, und<lb/>
es entſteht immer ein ſo klirrendes Gefecht, daß man<lb/>
das Eſſen ganz vergißt. Ich glaube, es würde oft<lb/>
Blut fließen, wenn nicht Valer immer die zürnenden<lb/>
Parteien vom Schlachtfelde wegführte. Meine Herren,<lb/>
pflegt er dann zu ſagen, ich bitte, mir auf ein höher<lb/>
gelegenes Terrain zu folgen, und dann rückt er die<lb/>
Streitfrage der Parteien auf ein ſogenanntes hiſto¬<lb/>
riſches Entwickelungs-Feld; ſtellt zuerſt den blutig um<lb/>ſich hauenden Hyppolit zur Ruhe; ihm folgt der Graf<lb/>
mit einigen leichten Einwendungen, die bald beſeitigt<lb/>ſind, und Graf Fips iſt dann immer ſogleich ſtill; ich<lb/>
glaube, er verſteht nicht viel mehr davon als ich. Doch<lb/>
hab' ich mich ſchon ſehr in des Valerius Gelehrſamkeit<lb/>
eingerichtet; anfänglich kam ſie mir ſtets wie ein Berg¬<lb/>ſturz vor, der mich verſchüttete, jetzt hat er mich mit<lb/>
ein paar klaren einfachen Worten von dem Hauptgange<lb/>ſeiner Ideen unterrichtet, und nun folg' ich ihm mit<lb/>
Leichtigkeit, und es thut mir unbeſchreiblich wohl, wenn<lb/></p></div></body></text></TEI>
[157/0167]
und bittet Sie, doch ja recht bald hieher zu kommen.
Adieu! Adieu!
Man ruft mich zu Tiſch und unſre Mahlzeiten
ſind jetzt immer diplomatiſche Mittagseſſen; der Graf
bringt lauter ſchwerfällige Gegenſtände aufs Tapet, und
es entſteht immer ein ſo klirrendes Gefecht, daß man
das Eſſen ganz vergißt. Ich glaube, es würde oft
Blut fließen, wenn nicht Valer immer die zürnenden
Parteien vom Schlachtfelde wegführte. Meine Herren,
pflegt er dann zu ſagen, ich bitte, mir auf ein höher
gelegenes Terrain zu folgen, und dann rückt er die
Streitfrage der Parteien auf ein ſogenanntes hiſto¬
riſches Entwickelungs-Feld; ſtellt zuerſt den blutig um
ſich hauenden Hyppolit zur Ruhe; ihm folgt der Graf
mit einigen leichten Einwendungen, die bald beſeitigt
ſind, und Graf Fips iſt dann immer ſogleich ſtill; ich
glaube, er verſteht nicht viel mehr davon als ich. Doch
hab' ich mich ſchon ſehr in des Valerius Gelehrſamkeit
eingerichtet; anfänglich kam ſie mir ſtets wie ein Berg¬
ſturz vor, der mich verſchüttete, jetzt hat er mich mit
ein paar klaren einfachen Worten von dem Hauptgange
ſeiner Ideen unterrichtet, und nun folg' ich ihm mit
Leichtigkeit, und es thut mir unbeſchreiblich wohl, wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/167>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.