Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.kümmerte sie nicht. Plötzlich zeigte sich eine heftige Op¬ kümmerte ſie nicht. Plötzlich zeigte ſich eine heftige Op¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0159" n="149"/> kümmerte ſie nicht. Plötzlich zeigte ſich eine heftige Op¬<lb/> poſition gegen ihre Verehrer, man ziſchte und lärmte,<lb/> wenn ſie applaudirt wurde. Die Anzettelung war nicht<lb/> zu verkennen, aber Desdemona litt unſäglich dabei: end¬<lb/> lich erklärte ſie, es ſei ihr unmöglich vor einem Publi¬<lb/> kum zu ſpielen, was ſie nicht wolle, ihr Gefühl erſtarre<lb/> zu Eis, ſie ſterbe darüber. Der Director des Theaters,<lb/> ein Einfaltspinſel, der ſeine Kaſſe gefährdet glaubte,<lb/> willigte in ihre Kündigung. Desdemona ward frei; aber<lb/> mit Entſetzen ſah ich, wie ſie verging in der neuen Un¬<lb/> thätigkeit — ſie geſtand mir weinend, daß ſie ſtürbe,<lb/> wenn ſie nicht ſpielen könne. Aber ſie könne nicht von<lb/> mir gehen, um ein andres Engagement, was man ihr<lb/> geboten, anzunehmen. Was blieb mir übrig? Sollt'<lb/> ich das ſchöne innige Weib ſich verzehren ſehn, deſſen<lb/> Lebensodem die Kunſt war? Ich küßte eines Abends<lb/> den Abſchied auf ihr weiches Antlitz, der Mond ſchien<lb/> zitternd durch die Blätter der Bäume, unter denen wir<lb/> ſtanden, ihr Kopf lag wie ein verbleichender Stern an<lb/> meiner Bruſt, ſie ſchluchzte leiſe, obwohl ich ihr nichts<lb/> geſagt, daß es ein langer Abſchied ſei. Ihre zartgeſpon¬<lb/> nene Seele fühlte fein wie die Mimoſa, ſie ging mit<lb/> mir bis an die Gartenthür, ihr ganzer Körper ſchauerte,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0159]
kümmerte ſie nicht. Plötzlich zeigte ſich eine heftige Op¬
poſition gegen ihre Verehrer, man ziſchte und lärmte,
wenn ſie applaudirt wurde. Die Anzettelung war nicht
zu verkennen, aber Desdemona litt unſäglich dabei: end¬
lich erklärte ſie, es ſei ihr unmöglich vor einem Publi¬
kum zu ſpielen, was ſie nicht wolle, ihr Gefühl erſtarre
zu Eis, ſie ſterbe darüber. Der Director des Theaters,
ein Einfaltspinſel, der ſeine Kaſſe gefährdet glaubte,
willigte in ihre Kündigung. Desdemona ward frei; aber
mit Entſetzen ſah ich, wie ſie verging in der neuen Un¬
thätigkeit — ſie geſtand mir weinend, daß ſie ſtürbe,
wenn ſie nicht ſpielen könne. Aber ſie könne nicht von
mir gehen, um ein andres Engagement, was man ihr
geboten, anzunehmen. Was blieb mir übrig? Sollt'
ich das ſchöne innige Weib ſich verzehren ſehn, deſſen
Lebensodem die Kunſt war? Ich küßte eines Abends
den Abſchied auf ihr weiches Antlitz, der Mond ſchien
zitternd durch die Blätter der Bäume, unter denen wir
ſtanden, ihr Kopf lag wie ein verbleichender Stern an
meiner Bruſt, ſie ſchluchzte leiſe, obwohl ich ihr nichts
geſagt, daß es ein langer Abſchied ſei. Ihre zartgeſpon¬
nene Seele fühlte fein wie die Mimoſa, ſie ging mit
mir bis an die Gartenthür, ihr ganzer Körper ſchauerte,
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