nes Abends, wo sie spielen mußte, und einen Akt lang nichts zu thun hatte, kam ich in meine Behausung. Mehrere Einladungen zum Fürsten lagen da. Ich ging zurück ins Theater, ich sah nichts als jenes schwarzblaue Auge, von schweren Wimpern beschattet, was seine Mil¬ lionen von den Brettern her auf meinen Mund, in meine Arme legte. Und wenn ich sie heimbrachte nach der Vorstellung, und jede Fiber an ihr doppelt lebte und ich heut für den und morgen für den geliebten Helden ihre verschwenderische Liebe erhielt, o Freund, da war ich glücklicher denn König Rene: mein Idyll kam mir vom Himmel, ich durfte mir nicht erst bunte Kleider dazu anziehn.
Eines Tages -- in unserm Bürgerleben war es Mittag und unsre kleine Mahlzeit wurde schon aufge¬ tragen -- stand ich mit Desdemona am offnen Fenster, das auf die Straße sah, nur wenige Weinranken ver¬ hinderten von außen das Hereinsehen. Ich hatte mei¬ nen Arm um ihren Nacken geschlungen und meine Hand ruhte auf ihren Schultern -- wir sahen hinaus in die grünen Gärten. Da nahten sich Reiter, eine Dame zu Pferd sah nach uns herüber -- es war die Fürstin. Sie schien ihren Augen nicht zu trauen und hielt einen
nes Abends, wo ſie ſpielen mußte, und einen Akt lang nichts zu thun hatte, kam ich in meine Behauſung. Mehrere Einladungen zum Fürſten lagen da. Ich ging zurück ins Theater, ich ſah nichts als jenes ſchwarzblaue Auge, von ſchweren Wimpern beſchattet, was ſeine Mil¬ lionen von den Brettern her auf meinen Mund, in meine Arme legte. Und wenn ich ſie heimbrachte nach der Vorſtellung, und jede Fiber an ihr doppelt lebte und ich heut für den und morgen für den geliebten Helden ihre verſchwenderiſche Liebe erhielt, o Freund, da war ich glücklicher denn König Réné: mein Idyll kam mir vom Himmel, ich durfte mir nicht erſt bunte Kleider dazu anziehn.
Eines Tages — in unſerm Bürgerleben war es Mittag und unſre kleine Mahlzeit wurde ſchon aufge¬ tragen — ſtand ich mit Desdemona am offnen Fenſter, das auf die Straße ſah, nur wenige Weinranken ver¬ hinderten von außen das Hereinſehen. Ich hatte mei¬ nen Arm um ihren Nacken geſchlungen und meine Hand ruhte auf ihren Schultern — wir ſahen hinaus in die grünen Gärten. Da nahten ſich Reiter, eine Dame zu Pferd ſah nach uns herüber — es war die Fürſtin. Sie ſchien ihren Augen nicht zu trauen und hielt einen
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nes Abends, wo ſie ſpielen mußte, und einen Akt lang
nichts zu thun hatte, kam ich in meine Behauſung.
Mehrere Einladungen zum Fürſten lagen da. Ich ging
zurück ins Theater, ich ſah nichts als jenes ſchwarzblaue
Auge, von ſchweren Wimpern beſchattet, was ſeine Mil¬
lionen von den Brettern her auf meinen Mund, in
meine Arme legte. Und wenn ich ſie heimbrachte nach
der Vorſtellung, und jede Fiber an ihr doppelt lebte und
ich heut für den und morgen für den geliebten Helden ihre
verſchwenderiſche Liebe erhielt, o Freund, da war ich
glücklicher denn König Réné: mein Idyll kam mir
vom Himmel, ich durfte mir nicht erſt bunte Kleider
dazu anziehn.
Eines Tages — in unſerm Bürgerleben war es
Mittag und unſre kleine Mahlzeit wurde ſchon aufge¬
tragen — ſtand ich mit Desdemona am offnen Fenſter,
das auf die Straße ſah, nur wenige Weinranken ver¬
hinderten von außen das Hereinſehen. Ich hatte mei¬
nen Arm um ihren Nacken geſchlungen und meine Hand
ruhte auf ihren Schultern — wir ſahen hinaus in die
grünen Gärten. Da nahten ſich Reiter, eine Dame zu
Pferd ſah nach uns herüber — es war die Fürſtin.
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/156>, abgerufen am 16.07.2024.
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