kleine Mauer springend, gelangte ich in den Garten, und jagte unter den Bäumen hin nach meinem Pförtchen. Doch konnte ich meine Neugier nicht bezwingen: ich mußte mich nach dem Balkon und dem Eingange, der zur Bibliothek führte, umsehn. Die Thür war offen, man irrte mit Lichtern in den Zimmern umher -- es hatte das Ansehn, als suche man einen Spitzbuben. So war ich, mit dem Gesicht nach dem Palais zu gekehrt, in die Nähe des Pförtchens gekommen, jetzt kehrte ich mich nach diesem um und ward nicht wenig überrascht als ich eine Gestalt vor der Thür auf und abgehen sah und hörte. Es war sehr dunkel, man konnte nichts genau erkennen -- "Wer da?" riefs-- ich meinte Livreestrei¬ fen am Kragen des Wächters zu sehen und wagte es auf gut Glück, die Stimme des Schwagers vom Für¬ sten, rauhe tiefe Baßtöne, nachzuahmen, dem wach¬ stehenden Manne zuzurufen: "Du kannst gehn -- es es ist vorbei," und mich wieder einige Schritte nach rückwärts zu wenden, als kehrt' ich zum Palais zurück. Es glückte wirklich, der Mensch murmelte etwas Unter¬ würfiges in den Bart, und fragte, ob er das Pförtchen schließen solle. In diesem Augenblicke kamen Menschen vom Balkon her -- "Nein," herrschte ich ihm zu. Der Narr
kleine Mauer ſpringend, gelangte ich in den Garten, und jagte unter den Bäumen hin nach meinem Pförtchen. Doch konnte ich meine Neugier nicht bezwingen: ich mußte mich nach dem Balkon und dem Eingange, der zur Bibliothek führte, umſehn. Die Thür war offen, man irrte mit Lichtern in den Zimmern umher — es hatte das Anſehn, als ſuche man einen Spitzbuben. So war ich, mit dem Geſicht nach dem Palais zu gekehrt, in die Nähe des Pförtchens gekommen, jetzt kehrte ich mich nach dieſem um und ward nicht wenig überraſcht als ich eine Geſtalt vor der Thür auf und abgehen ſah und hörte. Es war ſehr dunkel, man konnte nichts genau erkennen — „Wer da?“ riefs— ich meinte Livréeſtrei¬ fen am Kragen des Wächters zu ſehen und wagte es auf gut Glück, die Stimme des Schwagers vom Für¬ ſten, rauhe tiefe Baßtöne, nachzuahmen, dem wach¬ ſtehenden Manne zuzurufen: „Du kannſt gehn — es es iſt vorbei,“ und mich wieder einige Schritte nach rückwärts zu wenden, als kehrt' ich zum Palais zurück. Es glückte wirklich, der Menſch murmelte etwas Unter¬ würfiges in den Bart, und fragte, ob er das Pförtchen ſchließen ſolle. In dieſem Augenblicke kamen Menſchen vom Balkon her — „Nein,“ herrſchte ich ihm zu. Der Narr
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kleine Mauer ſpringend, gelangte ich in den Garten, und
jagte unter den Bäumen hin nach meinem Pförtchen.
Doch konnte ich meine Neugier nicht bezwingen: ich
mußte mich nach dem Balkon und dem Eingange, der
zur Bibliothek führte, umſehn. Die Thür war offen,
man irrte mit Lichtern in den Zimmern umher — es
hatte das Anſehn, als ſuche man einen Spitzbuben. So
war ich, mit dem Geſicht nach dem Palais zu gekehrt, in
die Nähe des Pförtchens gekommen, jetzt kehrte ich mich
nach dieſem um und ward nicht wenig überraſcht als
ich eine Geſtalt vor der Thür auf und abgehen ſah und
hörte. Es war ſehr dunkel, man konnte nichts genau
erkennen — „Wer da?“ riefs— ich meinte Livréeſtrei¬
fen am Kragen des Wächters zu ſehen und wagte es
auf gut Glück, die Stimme des Schwagers vom Für¬
ſten, rauhe tiefe Baßtöne, nachzuahmen, dem wach¬
ſtehenden Manne zuzurufen: „Du kannſt gehn — es
es iſt vorbei,“ und mich wieder einige Schritte nach
rückwärts zu wenden, als kehrt' ich zum Palais zurück.
Es glückte wirklich, der Menſch murmelte etwas Unter¬
würfiges in den Bart, und fragte, ob er das Pförtchen
ſchließen ſolle. In dieſem Augenblicke kamen Menſchen vom
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/149>, abgerufen am 16.07.2024.
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