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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.

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hatte ich viel geschrieben. Am zweiten Morgen hatte ich
die schönsten Antworten. So hatte ich mir das reizende
Weib gedacht, jede Zeile war Poesie, war Herzblut.
Aber ein resignirendes Opfergeschöpf war sie und blieb
sie wie Othello's Weib. Ihre Liebe versprach, eine
grausame Wollust zu sein. Die Keime des Todes streck¬
ten ihre Spitzen aus jedem Gedanken. Ich fühlte ein
inniges Erbarmen mit ihr, und konnte sie nicht sehen,
sie verlangte es auch nicht, aber wir schrieben uns flei¬
ßig. Ihr Mädchen, das mir die Briefe brachte, hatte
einmal auch das kleine liebe Kind mit sich, ich spielte
einen ganzen Vormittag im Sonnenscheine meines Zim¬
mers mit dem kleinen Dinge. "Du bist wohl ein gro¬
ßer Herr, meine Mutter erzählt mir, daß Du mit der
Prinzessin sprichst," lallte das kleine harmlose Geschöpf
und erinnerte mich zu ihrer Mutter Nachtheil, daß ich
noch nicht bei der Fürstin gewesen.

Ich fuhr hin, das schöne Weib that anfänglich
stolz, sie war verletzt durch meine Nichtachtung, Unge¬
zogenheit. Sie ist klug und sehr unterrichtet. Wir
sprachen über unsere Literatur. Das Gespräch wurde
warm, ja, es ward üppig, als wir auf Göthes Ele¬

hatte ich viel geſchrieben. Am zweiten Morgen hatte ich
die ſchönſten Antworten. So hatte ich mir das reizende
Weib gedacht, jede Zeile war Poeſie, war Herzblut.
Aber ein reſignirendes Opfergeſchöpf war ſie und blieb
ſie wie Othello's Weib. Ihre Liebe verſprach, eine
grauſame Wolluſt zu ſein. Die Keime des Todes ſtreck¬
ten ihre Spitzen aus jedem Gedanken. Ich fühlte ein
inniges Erbarmen mit ihr, und konnte ſie nicht ſehen,
ſie verlangte es auch nicht, aber wir ſchrieben uns flei¬
ßig. Ihr Mädchen, das mir die Briefe brachte, hatte
einmal auch das kleine liebe Kind mit ſich, ich ſpielte
einen ganzen Vormittag im Sonnenſcheine meines Zim¬
mers mit dem kleinen Dinge. „Du biſt wohl ein gro¬
ßer Herr, meine Mutter erzählt mir, daß Du mit der
Prinzeſſin ſprichſt,“ lallte das kleine harmloſe Geſchöpf
und erinnerte mich zu ihrer Mutter Nachtheil, daß ich
noch nicht bei der Fürſtin geweſen.

Ich fuhr hin, das ſchöne Weib that anfänglich
ſtolz, ſie war verletzt durch meine Nichtachtung, Unge¬
zogenheit. Sie iſt klug und ſehr unterrichtet. Wir
ſprachen über unſere Literatur. Das Geſpräch wurde
warm, ja, es ward üppig, als wir auf Göthes Ele¬

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[104/0114] hatte ich viel geſchrieben. Am zweiten Morgen hatte ich die ſchönſten Antworten. So hatte ich mir das reizende Weib gedacht, jede Zeile war Poeſie, war Herzblut. Aber ein reſignirendes Opfergeſchöpf war ſie und blieb ſie wie Othello's Weib. Ihre Liebe verſprach, eine grauſame Wolluſt zu ſein. Die Keime des Todes ſtreck¬ ten ihre Spitzen aus jedem Gedanken. Ich fühlte ein inniges Erbarmen mit ihr, und konnte ſie nicht ſehen, ſie verlangte es auch nicht, aber wir ſchrieben uns flei¬ ßig. Ihr Mädchen, das mir die Briefe brachte, hatte einmal auch das kleine liebe Kind mit ſich, ich ſpielte einen ganzen Vormittag im Sonnenſcheine meines Zim¬ mers mit dem kleinen Dinge. „Du biſt wohl ein gro¬ ßer Herr, meine Mutter erzählt mir, daß Du mit der Prinzeſſin ſprichſt,“ lallte das kleine harmloſe Geſchöpf und erinnerte mich zu ihrer Mutter Nachtheil, daß ich noch nicht bei der Fürſtin geweſen. Ich fuhr hin, das ſchöne Weib that anfänglich ſtolz, ſie war verletzt durch meine Nichtachtung, Unge¬ zogenheit. Sie iſt klug und ſehr unterrichtet. Wir ſprachen über unſere Literatur. Das Geſpräch wurde warm, ja, es ward üppig, als wir auf Göthes Ele¬

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/114>, abgerufen am 23.11.2024.