Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Die Bernsteinhexe. Marie. Wollt Jhr wohl still sein! Jhr glaubt ja an keine Zauberei. Rüdiger. Je nachdem sie ist! Jetzt muß ich wohl! (Er reicht ihr die Hand -- Pause -- sie betrachten einander mit Jnnigkeit.) Marie. Jst das Euer gesetztes Wesen, von dem Jhr anfingt? Rüdiger. Freilich! Mit dem 29. Juni begann es. Wißt Jhr noch? Marie. Ob ich's weiß! 's war der schönste Dienstag meines Lebens! Rüdiger. O der Montag, eh' der König landete, war auch nicht zu verachten. Wir saßen draußen auf der Altan- bank, und Jhr nähtet Euer seiden Kleid -- Marie. Das himmelblaue mit gelbem Schurzfleck; morgen zum Sonntage zieh' ich's wieder an! Rüdiger. Das wäre! Marie. Und das gelbe Schultertüchlein dazu, und die genetzte gelbe Haarhaube, eitel Blau und Gelb zu Ehren der schwe- dischen Farben! 's hat mir damals viel Schmeichelreden gekostet, eh' mir der Vater das Zeug dazu in Wolgast kau- Die Bernſteinhexe. Marie. Wollt Jhr wohl ſtill ſein! Jhr glaubt ja an keine Zauberei. Rüdiger. Je nachdem ſie iſt! Jetzt muß ich wohl! (Er reicht ihr die Hand — Pauſe — ſie betrachten einander mit Jnnigkeit.) Marie. Jſt das Euer geſetztes Weſen, von dem Jhr anfingt? Rüdiger. Freilich! Mit dem 29. Juni begann es. Wißt Jhr noch? Marie. Ob ich’s weiß! ’s war der ſchoͤnſte Dienſtag meines Lebens! Rüdiger. O der Montag, eh’ der Koͤnig landete, war auch nicht zu verachten. Wir ſaßen draußen auf der Altan- bank, und Jhr naͤhtet Euer ſeiden Kleid — Marie. Das himmelblaue mit gelbem Schurzfleck; morgen zum Sonntage zieh’ ich’s wieder an! Rüdiger. Das waͤre! Marie. Und das gelbe Schultertuͤchlein dazu, und die genetzte gelbe Haarhaube, eitel Blau und Gelb zu Ehren der ſchwe- diſchen Farben! ’s hat mir damals viel Schmeichelreden gekoſtet, eh’ mir der Vater das Zeug dazu in Wolgaſt kau- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0072" n="66"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bernſteinhexe</hi>.</fw><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Wollt Jhr wohl ſtill ſein! Jhr glaubt ja an keine<lb/> Zauberei.</p> </sp><lb/> <sp who="#RUED"> <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/> <p>Je nachdem ſie iſt! Jetzt muß ich wohl!</p> <stage>(Er reicht ihr<lb/> die Hand — Pauſe — ſie betrachten einander mit Jnnigkeit.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Jſt das Euer geſetztes Weſen, von dem Jhr anfingt?</p> </sp><lb/> <sp who="#RUED"> <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/> <p>Freilich! Mit dem 29. Juni begann es. Wißt Jhr noch?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Ob ich’s weiß! ’s war der ſchoͤnſte Dienſtag meines<lb/> Lebens!</p> </sp><lb/> <sp who="#RUED"> <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/> <p>O der Montag, eh’ der Koͤnig landete, war auch<lb/> nicht zu verachten. Wir ſaßen draußen auf der Altan-<lb/> bank, und Jhr naͤhtet Euer ſeiden Kleid —</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Das himmelblaue mit gelbem Schurzfleck; morgen<lb/> zum Sonntage zieh’ ich’s wieder an!</p> </sp><lb/> <sp who="#RUED"> <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/> <p>Das waͤre!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Und das gelbe Schultertuͤchlein dazu, und die genetzte<lb/> gelbe Haarhaube, eitel Blau und Gelb zu Ehren der ſchwe-<lb/> diſchen Farben! ’s hat mir damals viel Schmeichelreden<lb/> gekoſtet, eh’ mir der Vater das Zeug dazu in Wolgaſt kau-<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0072]
Die Bernſteinhexe.
Marie.
Wollt Jhr wohl ſtill ſein! Jhr glaubt ja an keine
Zauberei.
Rüdiger.
Je nachdem ſie iſt! Jetzt muß ich wohl! (Er reicht ihr
die Hand — Pauſe — ſie betrachten einander mit Jnnigkeit.)
Marie.
Jſt das Euer geſetztes Weſen, von dem Jhr anfingt?
Rüdiger.
Freilich! Mit dem 29. Juni begann es. Wißt Jhr noch?
Marie.
Ob ich’s weiß! ’s war der ſchoͤnſte Dienſtag meines
Lebens!
Rüdiger.
O der Montag, eh’ der Koͤnig landete, war auch
nicht zu verachten. Wir ſaßen draußen auf der Altan-
bank, und Jhr naͤhtet Euer ſeiden Kleid —
Marie.
Das himmelblaue mit gelbem Schurzfleck; morgen
zum Sonntage zieh’ ich’s wieder an!
Rüdiger.
Das waͤre!
Marie.
Und das gelbe Schultertuͤchlein dazu, und die genetzte
gelbe Haarhaube, eitel Blau und Gelb zu Ehren der ſchwe-
diſchen Farben! ’s hat mir damals viel Schmeichelreden
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Zitationshilfe: | Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/72>, abgerufen am 28.07.2024. |