Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bernsteinhexe.
gottesfürchtig und brav sei. Damals ließ ihn der Vater
um ein wenig Brot und um einen Kelch Wein für den Al-
tar bitten, denn die armen Leute schmachteten noch mehr
nach geistlicher Speise als nach weltlicher. Und was gab
er der Jlse für einen Bescheid? Der Pfarr sollte seine
Schafe aus einem Wassereimer tränken, wie er's auch
thäte! War das etwa nicht gotteslästerlich?
Rüdiger.
Nun ja, gegen die Kirche ist er immer barsch!
Marie.
Und nun vergiebt er's nimmermehr, daß der Vater
von der Kanzel ein Wenig drauf gescholten hat, ist das
brav und gut?
Rüdiger.
Nein, das ist's nicht. Aber der Trunk wird heißer
eingeschenkt, als man ihn trinkt --

Sechste Scene.
Jlse (mit dem Trunk in zinnerner Kanne.) -- Die Vorigen.

Jlse.
Warum nicht gar heiß! Kalt ist der Trunk, gestrenger
Herr Junker!
Die Bernſteinhexe.
gottesfuͤrchtig und brav ſei. Damals ließ ihn der Vater
um ein wenig Brot und um einen Kelch Wein fuͤr den Al-
tar bitten, denn die armen Leute ſchmachteten noch mehr
nach geiſtlicher Speiſe als nach weltlicher. Und was gab
er der Jlſe fuͤr einen Beſcheid? Der Pfarr ſollte ſeine
Schafe aus einem Waſſereimer traͤnken, wie er’s auch
thaͤte! War das etwa nicht gotteslaͤſterlich?
Rüdiger.
Nun ja, gegen die Kirche iſt er immer barſch!
Marie.
Und nun vergiebt er’s nimmermehr, daß der Vater
von der Kanzel ein Wenig drauf geſcholten hat, iſt das
brav und gut?
Rüdiger.
Nein, das iſt’s nicht. Aber der Trunk wird heißer
eingeſchenkt, als man ihn trinkt —

Sechste Scene.
Jlſe (mit dem Trunk in zinnerner Kanne.) — Die Vorigen.

Jlſe.
Warum nicht gar heiß! Kalt iſt der Trunk, geſtrenger
Herr Junker!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#MAR">
              <p><pb facs="#f0068" n="62"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bern&#x017F;teinhexe</hi>.</fw><lb/>
gottesfu&#x0364;rchtig und brav &#x017F;ei. Damals ließ ihn der Vater<lb/>
um ein wenig Brot und um einen Kelch Wein fu&#x0364;r den Al-<lb/>
tar bitten, denn die armen Leute &#x017F;chmachteten noch mehr<lb/>
nach gei&#x017F;tlicher Spei&#x017F;e als nach weltlicher. Und was gab<lb/>
er der Jl&#x017F;e fu&#x0364;r einen Be&#x017F;cheid? Der Pfarr &#x017F;ollte &#x017F;eine<lb/>
Schafe aus einem Wa&#x017F;&#x017F;ereimer tra&#x0364;nken, wie er&#x2019;s auch<lb/>
tha&#x0364;te! War das etwa nicht gottesla&#x0364;&#x017F;terlich?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#RUED">
              <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Nun ja, gegen die Kirche i&#x017F;t er immer bar&#x017F;ch!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAR">
              <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Und nun vergiebt er&#x2019;s nimmermehr, daß der Vater<lb/>
von der Kanzel ein Wenig drauf ge&#x017F;cholten hat, i&#x017F;t das<lb/>
brav und gut?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#RUED">
              <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Nein, das i&#x017F;t&#x2019;s nicht. Aber der Trunk wird heißer<lb/>
einge&#x017F;chenkt, als man ihn trinkt &#x2014;</p>
            </sp>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Sechste Scene</hi>.</head><lb/>
            <stage><hi rendition="#g">Jl&#x017F;e</hi> (mit dem Trunk in zinnerner Kanne.) &#x2014; Die <hi rendition="#g">Vorigen</hi>.</stage><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <sp who="#ILS">
              <speaker> <hi rendition="#b">Jl&#x017F;e.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Warum nicht gar heiß! Kalt i&#x017F;t der Trunk, ge&#x017F;trenger<lb/>
Herr Junker!</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0068] Die Bernſteinhexe. gottesfuͤrchtig und brav ſei. Damals ließ ihn der Vater um ein wenig Brot und um einen Kelch Wein fuͤr den Al- tar bitten, denn die armen Leute ſchmachteten noch mehr nach geiſtlicher Speiſe als nach weltlicher. Und was gab er der Jlſe fuͤr einen Beſcheid? Der Pfarr ſollte ſeine Schafe aus einem Waſſereimer traͤnken, wie er’s auch thaͤte! War das etwa nicht gotteslaͤſterlich? Rüdiger. Nun ja, gegen die Kirche iſt er immer barſch! Marie. Und nun vergiebt er’s nimmermehr, daß der Vater von der Kanzel ein Wenig drauf geſcholten hat, iſt das brav und gut? Rüdiger. Nein, das iſt’s nicht. Aber der Trunk wird heißer eingeſchenkt, als man ihn trinkt — Sechste Scene. Jlſe (mit dem Trunk in zinnerner Kanne.) — Die Vorigen. Jlſe. Warum nicht gar heiß! Kalt iſt der Trunk, geſtrenger Herr Junker!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/68
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/68>, abgerufen am 09.11.2024.