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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

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Aus dem Tagebuche einer Ameise.
"Leben und Treiben des Menschen." Es ist zwar
rotameisenisch geschrieben, aber ich verstehe es ganz gut.
Etwas idealistisch, viel Hypothese -- indes, die Roten
sind einmal so. Weil sie keine Sklaven halten, bilden
sie sich ein, an der Spitze der Civilisation zu marschieren.
Nun, wir sind schließlich doch alle Ameisen und ein
Boden ist unter uns allen!

Eiersonne 12.

Ssrr behauptet wahrhaftig, der Mensch besitze Jn-
telligenz! Er soll allerdings Gehirn haben, aber dann
müßten doch seine Fühler am Kopfe und nicht an den
Brustringen sitzen.

Larvensonne 2.

Jch überzeuge mich mehr und mehr, daß Ssrr recht
hat; der Mensch scheint in der That unter den un-
geschlachten Bestien, die man Knochentiere nennt, den
ersten Rang einzunehmen. Bisher hatte ich immer die
Vögel für die bevorzugtere Klasse gehalten, nicht nur,
weil sie uns am gefährlichsten sind, sondern weil sie
sich in vielen Dingen den Ameisen wirklich auffallend
nähern. Sie bauen Nester, haben eine äußere schützende
Federhülle, besitzen Flügel und legen sogar Eier. Jn
dieser Hinsicht steht der Mensch weit hinter ihnen zurück,
mit Ausnahme des Nesterbaus. Es scheint kein Zweifel,
daß die Menschen sogar gleich uns gemeinsame Stöcke
anlegen, welche zwar nicht geräumig genug sind, um
einen ganzen Staat zu umfassen, aber doch immerhin
für ein so großes Tier eine nennenswerte Leistung dar-
stellen. Danach müßte man annehmen, daß sich die

Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.
„Leben und Treiben des Menſchen.“ Es iſt zwar
rotameiſeniſch geſchrieben, aber ich verſtehe es ganz gut.
Etwas idealiſtiſch, viel Hypotheſe — indes, die Roten
ſind einmal ſo. Weil ſie keine Sklaven halten, bilden
ſie ſich ein, an der Spitze der Civiliſation zu marſchieren.
Nun, wir ſind ſchließlich doch alle Ameiſen und ein
Boden iſt unter uns allen!

Eierſonne 12.

Sſrr behauptet wahrhaftig, der Menſch beſitze Jn-
telligenz! Er ſoll allerdings Gehirn haben, aber dann
müßten doch ſeine Fühler am Kopfe und nicht an den
Bruſtringen ſitzen.

Larvenſonne 2.

Jch überzeuge mich mehr und mehr, daß Sſrr recht
hat; der Menſch ſcheint in der That unter den un-
geſchlachten Beſtien, die man Knochentiere nennt, den
erſten Rang einzunehmen. Bisher hatte ich immer die
Vögel für die bevorzugtere Klaſſe gehalten, nicht nur,
weil ſie uns am gefährlichſten ſind, ſondern weil ſie
ſich in vielen Dingen den Ameiſen wirklich auffallend
nähern. Sie bauen Neſter, haben eine äußere ſchützende
Federhülle, beſitzen Flügel und legen ſogar Eier. Jn
dieſer Hinſicht ſteht der Menſch weit hinter ihnen zurück,
mit Ausnahme des Neſterbaus. Es ſcheint kein Zweifel,
daß die Menſchen ſogar gleich uns gemeinſame Stöcke
anlegen, welche zwar nicht geräumig genug ſind, um
einen ganzen Staat zu umfaſſen, aber doch immerhin
für ein ſo großes Tier eine nennenswerte Leiſtung dar-
ſtellen. Danach müßte man annehmen, daß ſich die

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[80/0086] Aus dem Tagebuche einer Ameiſe. „Leben und Treiben des Menſchen.“ Es iſt zwar rotameiſeniſch geſchrieben, aber ich verſtehe es ganz gut. Etwas idealiſtiſch, viel Hypotheſe — indes, die Roten ſind einmal ſo. Weil ſie keine Sklaven halten, bilden ſie ſich ein, an der Spitze der Civiliſation zu marſchieren. Nun, wir ſind ſchließlich doch alle Ameiſen und ein Boden iſt unter uns allen! Eierſonne 12. Sſrr behauptet wahrhaftig, der Menſch beſitze Jn- telligenz! Er ſoll allerdings Gehirn haben, aber dann müßten doch ſeine Fühler am Kopfe und nicht an den Bruſtringen ſitzen. Larvenſonne 2. Jch überzeuge mich mehr und mehr, daß Sſrr recht hat; der Menſch ſcheint in der That unter den un- geſchlachten Beſtien, die man Knochentiere nennt, den erſten Rang einzunehmen. Bisher hatte ich immer die Vögel für die bevorzugtere Klaſſe gehalten, nicht nur, weil ſie uns am gefährlichſten ſind, ſondern weil ſie ſich in vielen Dingen den Ameiſen wirklich auffallend nähern. Sie bauen Neſter, haben eine äußere ſchützende Federhülle, beſitzen Flügel und legen ſogar Eier. Jn dieſer Hinſicht ſteht der Menſch weit hinter ihnen zurück, mit Ausnahme des Neſterbaus. Es ſcheint kein Zweifel, daß die Menſchen ſogar gleich uns gemeinſame Stöcke anlegen, welche zwar nicht geräumig genug ſind, um einen ganzen Staat zu umfaſſen, aber doch immerhin für ein ſo großes Tier eine nennenswerte Leiſtung dar- ſtellen. Danach müßte man annehmen, daß ſich die

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/86>, abgerufen am 23.11.2024.