"Jhre Aufzählung von Zauber-Requisiten war sehr unvollständig," entgegnete ich. "Mit diesen beschränkten Qualitäten bin ich nicht zufrieden. Wenn ich einmal in den Hexenschatz greifen könnte, so wählte ich irgend ein Mittel, wodurch mir jeder Wunsch erfüllt würde--"
"Um Himmelswillen, was würden Sie da für Unfug anrichten," unterbrach mich Frau Alander und rückte ein Stück zur Seite; "dann sitze ich nicht mehr neben Jhnen --"
"Dann würde ich mir's eben wünschen müssen," sagte ich und hob ihr das herabgefallene Zwirnknäuel auf. "Und das Knäuel --"
"Ließen Sie natürlich liegen --"
"Und wärst der unglücklichste Mensch der Welt, dem jede Laune erfüllt wird und der keine Wünsche mehr hat," bemerkte meine Frau.
"Das sehe ich nicht ein. Denn erstens könnte ich ja jede etwaige Thorheit wieder reparieren, und zweitens --"
"Könnten Sie sich ja vorher den nötigen Ver- stand wünschen," meinte Alander trocken.
"Erlauben Sie," sagte ich. "Jch meine das Ding nicht so, daß jeder flüchtige Gedanke mir gleich zur That werden sollte; nein, ich würde mir einen Apparat wählen, der erst nach einer gewissen Überlegung benützt werden kann, der mir etwa einen gewaltigen, aber doch nicht allmächtigen Geist dienstbar machte -- dadurch schon wäre eine wohlthätige Einschränkung gegeben -- ich will einmal sagen, Aladdins Wunderlampe."
Aladdins Wunderlampe.
„Jhre Aufzählung von Zauber-Requiſiten war ſehr unvollſtändig,“ entgegnete ich. „Mit dieſen beſchränkten Qualitäten bin ich nicht zufrieden. Wenn ich einmal in den Hexenſchatz greifen könnte, ſo wählte ich irgend ein Mittel, wodurch mir jeder Wunſch erfüllt würde—“
„Um Himmelswillen, was würden Sie da für Unfug anrichten,“ unterbrach mich Frau Alander und rückte ein Stück zur Seite; „dann ſitze ich nicht mehr neben Jhnen —“
„Dann würde ich mir’s eben wünſchen müſſen,“ ſagte ich und hob ihr das herabgefallene Zwirnknäuel auf. „Und das Knäuel —“
„Ließen Sie natürlich liegen —“
„Und wärſt der unglücklichſte Menſch der Welt, dem jede Laune erfüllt wird und der keine Wünſche mehr hat,“ bemerkte meine Frau.
„Das ſehe ich nicht ein. Denn erſtens könnte ich ja jede etwaige Thorheit wieder reparieren, und zweitens —“
„Könnten Sie ſich ja vorher den nötigen Ver- ſtand wünſchen,“ meinte Alander trocken.
„Erlauben Sie,“ ſagte ich. „Jch meine das Ding nicht ſo, daß jeder flüchtige Gedanke mir gleich zur That werden ſollte; nein, ich würde mir einen Apparat wählen, der erſt nach einer gewiſſen Überlegung benützt werden kann, der mir etwa einen gewaltigen, aber doch nicht allmächtigen Geiſt dienſtbar machte — dadurch ſchon wäre eine wohlthätige Einſchränkung gegeben — ich will einmal ſagen, Aladdins Wunderlampe.“
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Aladdins Wunderlampe.
„Jhre Aufzählung von Zauber-Requiſiten war ſehr
unvollſtändig,“ entgegnete ich. „Mit dieſen beſchränkten
Qualitäten bin ich nicht zufrieden. Wenn ich einmal
in den Hexenſchatz greifen könnte, ſo wählte ich irgend
ein Mittel, wodurch mir jeder Wunſch erfüllt würde—“
„Um Himmelswillen, was würden Sie da für Unfug
anrichten,“ unterbrach mich Frau Alander und rückte
ein Stück zur Seite; „dann ſitze ich nicht mehr neben
Jhnen —“
„Dann würde ich mir’s eben wünſchen müſſen,“
ſagte ich und hob ihr das herabgefallene Zwirnknäuel
auf. „Und das Knäuel —“
„Ließen Sie natürlich liegen —“
„Und wärſt der unglücklichſte Menſch der Welt, dem
jede Laune erfüllt wird und der keine Wünſche mehr
hat,“ bemerkte meine Frau.
„Das ſehe ich nicht ein. Denn erſtens könnte
ich ja jede etwaige Thorheit wieder reparieren, und
zweitens —“
„Könnten Sie ſich ja vorher den nötigen Ver-
ſtand wünſchen,“ meinte Alander trocken.
„Erlauben Sie,“ ſagte ich. „Jch meine das Ding
nicht ſo, daß jeder flüchtige Gedanke mir gleich zur
That werden ſollte; nein, ich würde mir einen Apparat
wählen, der erſt nach einer gewiſſen Überlegung benützt
werden kann, der mir etwa einen gewaltigen, aber doch
nicht allmächtigen Geiſt dienſtbar machte — dadurch
ſchon wäre eine wohlthätige Einſchränkung gegeben —
ich will einmal ſagen, Aladdins Wunderlampe.“
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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/65>, abgerufen am 16.02.2025.
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