Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Tröpfchen.
ein fernes Plätschern des Bachs, oben ein leises Summen
von Jnsekten am Waldrand, wo die Sonne auf die Wiese
schien. Jn bläulichem Dunste schimmerten die Schatten,
der Atem des Sommertages hob sich von Gras und
Blüten. Ein gelber Falter flatterte von der Halde
herüber und breitete seine Flügel auf dem Steine aus.

Des Wanderers Augen leuchteten im Schauen. Kein
Laut kam von seinem Lippen, und doch hörten es Wald
und Berge, Luft und Bach, was seine Seele sprach:

Traute Heimat! Träumst du noch immer
Jm stillen Glanze grünender Fluren
Meiner Jugend
Langentbehrte, glückliche Träume?
Jmmer noch ragst du, zackiger Fels,
Aus der Wipfel strebendem Kranz,
Jmmer noch schaut ihr, einsame Tannen,
Von euerer Höhe schweigend herab.
Fest und treu im geschlossenen Kreise
Engen Genügens waldiger Berge
Haftet die Seele, die heimatfrohe,
Und der zögernde Hirte
Treibt, wie Damon, die Herden aus.
Doch was glänzt dort am sanften Hang
Wogender Feldfrucht leuchtendes Gelb?
Wo dem Knaben der dornige Strauch
Zwischen Geröll und welkendem Grase
Einst nur spärliche Beeren bot,
Rieseln Bächlein
Dem Halm Erquickung zu,
Zog die Pflugschaar
Segenspendende Bahnen.

Tröpfchen.
ein fernes Plätſchern des Bachs, oben ein leiſes Summen
von Jnſekten am Waldrand, wo die Sonne auf die Wieſe
ſchien. Jn bläulichem Dunſte ſchimmerten die Schatten,
der Atem des Sommertages hob ſich von Gras und
Blüten. Ein gelber Falter flatterte von der Halde
herüber und breitete ſeine Flügel auf dem Steine aus.

Des Wanderers Augen leuchteten im Schauen. Kein
Laut kam von ſeinem Lippen, und doch hörten es Wald
und Berge, Luft und Bach, was ſeine Seele ſprach:

Traute Heimat! Träumſt du noch immer
Jm ſtillen Glanze grünender Fluren
Meiner Jugend
Langentbehrte, glückliche Träume?
Jmmer noch ragſt du, zackiger Fels,
Aus der Wipfel ſtrebendem Kranz,
Jmmer noch ſchaut ihr, einſame Tannen,
Von euerer Höhe ſchweigend herab.
Feſt und treu im geſchloſſenen Kreiſe
Engen Genügens waldiger Berge
Haftet die Seele, die heimatfrohe,
Und der zögernde Hirte
Treibt, wie Damon, die Herden aus.
Doch was glänzt dort am ſanften Hang
Wogender Feldfrucht leuchtendes Gelb?
Wo dem Knaben der dornige Strauch
Zwiſchen Geröll und welkendem Graſe
Einſt nur ſpärliche Beeren bot,
Rieſeln Bächlein
Dem Halm Erquickung zu,
Zog die Pflugſchaar
Segenſpendende Bahnen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0224" n="218"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Tröpfchen.</hi></fw><lb/>
ein fernes Plät&#x017F;chern des Bachs, oben ein lei&#x017F;es Summen<lb/>
von Jn&#x017F;ekten am Waldrand, wo die Sonne auf die Wie&#x017F;e<lb/>
&#x017F;chien. Jn bläulichem Dun&#x017F;te &#x017F;chimmerten die Schatten,<lb/>
der Atem des Sommertages hob &#x017F;ich von Gras und<lb/>
Blüten. Ein gelber Falter flatterte von der Halde<lb/>
herüber und breitete &#x017F;eine Flügel auf dem Steine aus.</p><lb/>
        <p>Des Wanderers Augen leuchteten im Schauen. Kein<lb/>
Laut kam von &#x017F;einem Lippen, und doch hörten es Wald<lb/>
und Berge, Luft und Bach, was &#x017F;eine Seele &#x017F;prach:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l>Traute Heimat! Träum&#x017F;t du noch immer</l><lb/>
            <l>Jm &#x017F;tillen Glanze grünender Fluren</l><lb/>
            <l>Meiner Jugend</l><lb/>
            <l>Langentbehrte, glückliche Träume?</l><lb/>
            <l>Jmmer noch rag&#x017F;t du, zackiger Fels,</l><lb/>
            <l>Aus der Wipfel &#x017F;trebendem Kranz,</l><lb/>
            <l>Jmmer noch &#x017F;chaut ihr, ein&#x017F;ame Tannen,</l><lb/>
            <l>Von euerer Höhe &#x017F;chweigend herab.</l><lb/>
            <l>Fe&#x017F;t und treu im ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Krei&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Engen Genügens waldiger Berge</l><lb/>
            <l>Haftet die Seele, die heimatfrohe,</l><lb/>
            <l>Und der zögernde Hirte</l><lb/>
            <l>Treibt, wie Damon, die Herden aus.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Doch was glänzt dort am &#x017F;anften Hang</l><lb/>
            <l>Wogender Feldfrucht leuchtendes Gelb?</l><lb/>
            <l>Wo dem Knaben der dornige Strauch</l><lb/>
            <l>Zwi&#x017F;chen Geröll und welkendem Gra&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Ein&#x017F;t nur &#x017F;pärliche Beeren bot,</l><lb/>
            <l>Rie&#x017F;eln Bächlein</l><lb/>
            <l>Dem Halm Erquickung zu,</l><lb/>
            <l>Zog die Pflug&#x017F;chaar</l><lb/>
            <l>Segen&#x017F;pendende Bahnen.</l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0224] Tröpfchen. ein fernes Plätſchern des Bachs, oben ein leiſes Summen von Jnſekten am Waldrand, wo die Sonne auf die Wieſe ſchien. Jn bläulichem Dunſte ſchimmerten die Schatten, der Atem des Sommertages hob ſich von Gras und Blüten. Ein gelber Falter flatterte von der Halde herüber und breitete ſeine Flügel auf dem Steine aus. Des Wanderers Augen leuchteten im Schauen. Kein Laut kam von ſeinem Lippen, und doch hörten es Wald und Berge, Luft und Bach, was ſeine Seele ſprach: Traute Heimat! Träumſt du noch immer Jm ſtillen Glanze grünender Fluren Meiner Jugend Langentbehrte, glückliche Träume? Jmmer noch ragſt du, zackiger Fels, Aus der Wipfel ſtrebendem Kranz, Jmmer noch ſchaut ihr, einſame Tannen, Von euerer Höhe ſchweigend herab. Feſt und treu im geſchloſſenen Kreiſe Engen Genügens waldiger Berge Haftet die Seele, die heimatfrohe, Und der zögernde Hirte Treibt, wie Damon, die Herden aus. Doch was glänzt dort am ſanften Hang Wogender Feldfrucht leuchtendes Gelb? Wo dem Knaben der dornige Strauch Zwiſchen Geröll und welkendem Graſe Einſt nur ſpärliche Beeren bot, Rieſeln Bächlein Dem Halm Erquickung zu, Zog die Pflugſchaar Segenſpendende Bahnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/224
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/224>, abgerufen am 27.11.2024.