des äußersten Luftkreises, unerreichbar dem schwerfälligen Geiste der Erdrinde flatterte die flüchtige Lichtgestalt einher. Da erfüllte unendliche Sehnsucht sein Herz, und zum ersten Male rief er die Zauberformel: "Jch bin Dein!"
Der Erdgeist hatte sich in das Nordlicht verliebt. Wie es nicht anders sein konnte, erfüllte sich die Vorher- sagung des Miraxianismus. Die Spaltung seines Be- wußtseins war in demselben Augenblicke vollzogen; weit klafften die beiden Hälften als Jch und Du aus- einander. Ein seltsamer Schimmer erhellte sein Gemüt.
Von den Polen zuckten die Nordlichtstrahlen in das Erdinnere; das Dunkel wich zurück, und klar erleuchtet sah Lithosphäros plötzlich rings um sich eine Welt. Wie verändert war alles auf einmal! Er sah den Wirbeltanz der Welten im All, sah die Sonnen in ihren Bahnen gehen und erkannte die großen Fügungen, welche das Universum zusammenhalten. Aber nun er- kannte er auch sich selbst und fand, daß er garnicht mehr der Erdgeist war, dem es auf seiner Kegelbahn so wohl behagt hatte. Poseidon und Hephäst schienen ihm alte Märchen, welche er selbst gedichtet, und der Geisir und der Gletscher waren tote Trümmerhaufen, über die er beim Spazierengehen stolperte; denn die Erde war jetzt für ihn ein äußerer Gegenstand. Und zu seinem Schrecken sah er sich an die Sonne gefesselt, zu ihr gezogen, um sie geschwungen, und er begriff, daß es mit all der Pracht einmal ein Ende haben müsse.
Da blickte er wieder auf das Nordlicht, das schwebte
Mirax.
des äußerſten Luftkreiſes, unerreichbar dem ſchwerfälligen Geiſte der Erdrinde flatterte die flüchtige Lichtgeſtalt einher. Da erfüllte unendliche Sehnſucht ſein Herz, und zum erſten Male rief er die Zauberformel: „Jch bin Dein!“
Der Erdgeiſt hatte ſich in das Nordlicht verliebt. Wie es nicht anders ſein konnte, erfüllte ſich die Vorher- ſagung des Miraxianismus. Die Spaltung ſeines Be- wußtſeins war in demſelben Augenblicke vollzogen; weit klafften die beiden Hälften als Jch und Du aus- einander. Ein ſeltſamer Schimmer erhellte ſein Gemüt.
Von den Polen zuckten die Nordlichtſtrahlen in das Erdinnere; das Dunkel wich zurück, und klar erleuchtet ſah Lithoſphäros plötzlich rings um ſich eine Welt. Wie verändert war alles auf einmal! Er ſah den Wirbeltanz der Welten im All, ſah die Sonnen in ihren Bahnen gehen und erkannte die großen Fügungen, welche das Univerſum zuſammenhalten. Aber nun er- kannte er auch ſich ſelbſt und fand, daß er garnicht mehr der Erdgeiſt war, dem es auf ſeiner Kegelbahn ſo wohl behagt hatte. Poſeidon und Hephäſt ſchienen ihm alte Märchen, welche er ſelbſt gedichtet, und der Geiſir und der Gletſcher waren tote Trümmerhaufen, über die er beim Spazierengehen ſtolperte; denn die Erde war jetzt für ihn ein äußerer Gegenſtand. Und zu ſeinem Schrecken ſah er ſich an die Sonne gefeſſelt, zu ihr gezogen, um ſie geſchwungen, und er begriff, daß es mit all der Pracht einmal ein Ende haben müſſe.
Da blickte er wieder auf das Nordlicht, das ſchwebte
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Mirax.
des äußerſten Luftkreiſes, unerreichbar dem ſchwerfälligen
Geiſte der Erdrinde flatterte die flüchtige Lichtgeſtalt
einher. Da erfüllte unendliche Sehnſucht ſein Herz,
und zum erſten Male rief er die Zauberformel: „Jch
bin Dein!“
Der Erdgeiſt hatte ſich in das Nordlicht verliebt.
Wie es nicht anders ſein konnte, erfüllte ſich die Vorher-
ſagung des Miraxianismus. Die Spaltung ſeines Be-
wußtſeins war in demſelben Augenblicke vollzogen;
weit klafften die beiden Hälften als Jch und Du aus-
einander. Ein ſeltſamer Schimmer erhellte ſein Gemüt.
Von den Polen zuckten die Nordlichtſtrahlen in das
Erdinnere; das Dunkel wich zurück, und klar erleuchtet
ſah Lithoſphäros plötzlich rings um ſich eine Welt.
Wie verändert war alles auf einmal! Er ſah den
Wirbeltanz der Welten im All, ſah die Sonnen in
ihren Bahnen gehen und erkannte die großen Fügungen,
welche das Univerſum zuſammenhalten. Aber nun er-
kannte er auch ſich ſelbſt und fand, daß er garnicht mehr
der Erdgeiſt war, dem es auf ſeiner Kegelbahn ſo wohl
behagt hatte. Poſeidon und Hephäſt ſchienen ihm alte
Märchen, welche er ſelbſt gedichtet, und der Geiſir und
der Gletſcher waren tote Trümmerhaufen, über die er
beim Spazierengehen ſtolperte; denn die Erde war jetzt
für ihn ein äußerer Gegenſtand. Und zu ſeinem Schrecken
ſah er ſich an die Sonne gefeſſelt, zu ihr gezogen, um
ſie geſchwungen, und er begriff, daß es mit all der
Pracht einmal ein Ende haben müſſe.
Da blickte er wieder auf das Nordlicht, das ſchwebte
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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/209>, abgerufen am 29.06.2024.
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