Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Musen und Weise. mutig entfernen, als die Thür aufs neue sich öffneteund Anarcharsis hereintrat. "Jch habe mich etwas verspätet," sagte dieser, "aber "Gewiß meine Herren," rief Klio vermittelnd, "Sie "So viele, wie unter den Göttinnen," sagte Solon "Verzeihen Sie," rief da plötzlich ein neu Hinzu- Hinter ihm drängte sich noch ein ganzer Schwarm Muſen und Weiſe. mutig entfernen, als die Thür aufs neue ſich öffneteund Anarcharſis hereintrat. „Jch habe mich etwas verſpätet,“ ſagte dieſer, „aber „Gewiß meine Herren,“ rief Klio vermittelnd, „Sie „So viele, wie unter den Göttinnen,“ ſagte Solon „Verzeihen Sie,“ rief da plötzlich ein neu Hinzu- Hinter ihm drängte ſich noch ein ganzer Schwarm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0131" n="125"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Muſen und Weiſe.</hi></fw><lb/> mutig entfernen, als die Thür aufs neue ſich öffnete<lb/> und <hi rendition="#g">Anarcharſis</hi> hereintrat.</p><lb/> <p>„Jch habe mich etwas verſpätet,“ ſagte dieſer, „aber<lb/> ich gehöre ebenfalls zu den ſieben Weiſen; mein Zeuge<lb/> iſt Ephorus bei Diogenes Laertius, und ich ſehe nicht<lb/> ein, warum er unglaubwürdiger ſein ſollte als Platon,<lb/> Pauſanias, Plutarch oder irgend ein anderer.“</p><lb/> <p>„Gewiß meine Herren,“ rief Klio vermittelnd, „Sie<lb/> ſind uns alle herzlich willkommen; hatten wir doch kaum<lb/> zu hoffen gewagt, daß es unter den Menſchen <hi rendition="#g">neun</hi><lb/> Weiſe gegeben hat.“</p><lb/> <p>„So viele, wie unter den Göttinnen,“ ſagte Solon<lb/> mit einer galanten Handbewegung.</p><lb/> <p>„Verzeihen Sie,“ rief da plötzlich ein neu Hinzu-<lb/> tretender, „ich bin <hi rendition="#g">Epimenides,</hi> ebenfalls ein Weiſer,<lb/> Clemens ſagt es mit Beſtimmtheit; auf Dikäarchos<lb/> brauchen Sie nichts zu geben. Jch ſtamme aus Kreta,<lb/> und ich verſichere Sie, daß die Kreter keine Lügner ſind.“</p><lb/> <p>Hinter ihm drängte ſich noch ein ganzer Schwarm<lb/> in die Thür, ſie alle nannten ihre Namen und jeder<lb/> berief ſich auf einen Autor, der ihn zu den ſieben Wei-<lb/> ſen zähle. Da waren noch Akuſilaus, Leophantus,<lb/> Pherekydes, Ariſtodemus, Pythagoras, Laſus, Anaxa-<lb/> goras, Pamphilus, Piſiſtratus, Linus, Orpheus und<lb/> Epicharmus. Und als die Muſen ihre Gäſte zählten,<lb/> da ſtellte es ſich heraus, daß ſtatt ſieben nicht weniger<lb/> als zweiundzwanzig gekommen waren, welche alle ihren<lb/> Anſpruch, zu den Weiſen zu gehören, urkundlich beglau-<lb/> bigen konnten.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [125/0131]
Muſen und Weiſe.
mutig entfernen, als die Thür aufs neue ſich öffnete
und Anarcharſis hereintrat.
„Jch habe mich etwas verſpätet,“ ſagte dieſer, „aber
ich gehöre ebenfalls zu den ſieben Weiſen; mein Zeuge
iſt Ephorus bei Diogenes Laertius, und ich ſehe nicht
ein, warum er unglaubwürdiger ſein ſollte als Platon,
Pauſanias, Plutarch oder irgend ein anderer.“
„Gewiß meine Herren,“ rief Klio vermittelnd, „Sie
ſind uns alle herzlich willkommen; hatten wir doch kaum
zu hoffen gewagt, daß es unter den Menſchen neun
Weiſe gegeben hat.“
„So viele, wie unter den Göttinnen,“ ſagte Solon
mit einer galanten Handbewegung.
„Verzeihen Sie,“ rief da plötzlich ein neu Hinzu-
tretender, „ich bin Epimenides, ebenfalls ein Weiſer,
Clemens ſagt es mit Beſtimmtheit; auf Dikäarchos
brauchen Sie nichts zu geben. Jch ſtamme aus Kreta,
und ich verſichere Sie, daß die Kreter keine Lügner ſind.“
Hinter ihm drängte ſich noch ein ganzer Schwarm
in die Thür, ſie alle nannten ihre Namen und jeder
berief ſich auf einen Autor, der ihn zu den ſieben Wei-
ſen zähle. Da waren noch Akuſilaus, Leophantus,
Pherekydes, Ariſtodemus, Pythagoras, Laſus, Anaxa-
goras, Pamphilus, Piſiſtratus, Linus, Orpheus und
Epicharmus. Und als die Muſen ihre Gäſte zählten,
da ſtellte es ſich heraus, daß ſtatt ſieben nicht weniger
als zweiundzwanzig gekommen waren, welche alle ihren
Anſpruch, zu den Weiſen zu gehören, urkundlich beglau-
bigen konnten.
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