Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Auf der Seifenblase. mathematischen Physik noch nicht zum gewohnten Ge-dankengang meines Sprößlings gehören --" "Nicht übel, hm!" nickte Onkel Wendel. "Hast es Die beiden letzten Worte murmelte der Onkel nur Onkel Wendel hatte schon viele Erfindungen gemacht. Auf der Seifenblaſe. mathematiſchen Phyſik noch nicht zum gewohnten Ge-dankengang meines Sprößlings gehören —“ „Nicht übel, hm!“ nickte Onkel Wendel. „Haſt es Die beiden letzten Worte murmelte der Onkel nur Onkel Wendel hatte ſchon viele Erfindungen gemacht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Auf der Seifenblaſe.</hi></fw><lb/> mathematiſchen Phyſik noch nicht zum gewohnten Ge-<lb/> dankengang meines Sprößlings gehören —“</p><lb/> <p>„Nicht übel, hm!“ nickte Onkel Wendel. „Haſt es<lb/> ſo ziemlich getroffen. Kannſt es nicht erklären, nicht mit<lb/> gewohnten Vorſtellungen verbinden — giebt gar keinen<lb/> Anknüpfungspunkt. Das iſt es eben! Erfahrung des<lb/> Kindes — ganz andere Welt — giebt Dinge, für die<lb/> alle Verbindung fehlt. Jſt überall ſo! Der Wiſſende<lb/> muß ſchweigen, der Lehrer muß lügen. Oder er kommt<lb/> ans Kreuz, auf den Scheiterhaufen, in die Witzblätter<lb/> — je nach der Mode. Mikrogen! Mikrogen!“</p><lb/> <p>Die beiden letzten Worte murmelte der Onkel nur<lb/> für ſich. Jch hätte ſie nicht verſtanden, wenn ich nicht<lb/> den Namen „Mikrogen“ ſchon öfter von ihm gehört hätte.<lb/> Es war ſeine neueſte Erfindung.</p><lb/> <p>Onkel Wendel hatte ſchon viele Erfindungen gemacht.<lb/> Er machte eigentlich nichts als Erfindungen. Seine<lb/> Wohnung war ein vollſtändiges Laboratorium, halb<lb/> Alchymiſtenwerkſtatt, halb modernes phyſikaliſches Kabinett.<lb/> Es war eine beſondere Gunſt, wenn er jemand ge-<lb/> ſtattete einzutreten. Denn er hielt alle ſeine Entdeckungen<lb/> geheim. Nur manchmal, wenn wir vertraulich beiſammen-<lb/> ſaßen, lüftete er einen Zipfel des Schleiers, der über<lb/> ſeinen Geheimniſſen lag. Dann ſtaunte ich über die<lb/> Fülle ſeiner Kenntniſſe, noch mehr über ſeine tiefe Ein-<lb/> ſicht in die wiſſenſchaftlichen Methoden und ihre Trag-<lb/> weite, in die ganze Entwicklung des kulturellen Fort-<lb/> ſchritts. Aber er war nicht zu bewegen, mit ſeinen<lb/> Anſichten hervorzutreten, und darum auch nicht mit ſeinen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0012]
Auf der Seifenblaſe.
mathematiſchen Phyſik noch nicht zum gewohnten Ge-
dankengang meines Sprößlings gehören —“
„Nicht übel, hm!“ nickte Onkel Wendel. „Haſt es
ſo ziemlich getroffen. Kannſt es nicht erklären, nicht mit
gewohnten Vorſtellungen verbinden — giebt gar keinen
Anknüpfungspunkt. Das iſt es eben! Erfahrung des
Kindes — ganz andere Welt — giebt Dinge, für die
alle Verbindung fehlt. Jſt überall ſo! Der Wiſſende
muß ſchweigen, der Lehrer muß lügen. Oder er kommt
ans Kreuz, auf den Scheiterhaufen, in die Witzblätter
— je nach der Mode. Mikrogen! Mikrogen!“
Die beiden letzten Worte murmelte der Onkel nur
für ſich. Jch hätte ſie nicht verſtanden, wenn ich nicht
den Namen „Mikrogen“ ſchon öfter von ihm gehört hätte.
Es war ſeine neueſte Erfindung.
Onkel Wendel hatte ſchon viele Erfindungen gemacht.
Er machte eigentlich nichts als Erfindungen. Seine
Wohnung war ein vollſtändiges Laboratorium, halb
Alchymiſtenwerkſtatt, halb modernes phyſikaliſches Kabinett.
Es war eine beſondere Gunſt, wenn er jemand ge-
ſtattete einzutreten. Denn er hielt alle ſeine Entdeckungen
geheim. Nur manchmal, wenn wir vertraulich beiſammen-
ſaßen, lüftete er einen Zipfel des Schleiers, der über
ſeinen Geheimniſſen lag. Dann ſtaunte ich über die
Fülle ſeiner Kenntniſſe, noch mehr über ſeine tiefe Ein-
ſicht in die wiſſenſchaftlichen Methoden und ihre Trag-
weite, in die ganze Entwicklung des kulturellen Fort-
ſchritts. Aber er war nicht zu bewegen, mit ſeinen
Anſichten hervorzutreten, und darum auch nicht mit ſeinen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |