"Eine weibliche Bat!" sagten sie. "Sie ist hübsch", meinten die einen.
"Viel zu mager", die andern.
Es war Jsmas Bild. Die Photographie hatte sich unter Torms Effekten gefunden und war mit andern Kleinigkeiten hierhergekommen.
Die neben Jsma stehende Dame, die sie eben zu mager gefunden hatte, warf zufällig einen Blick auf ihr Gesicht. Sie stutzte und stieß ihre Nachbarin an. Ell sah, daß man auf seine Begleiterin aufmerksam wurde. Die Umstehenden wurden still.
"Kommen Sie", sagte er hastig zu Jsma. "Man erkennt Sie."
Er zog sie fort, beide drängten sich durch das Gewühl. Sie wandten sich nach einer Stelle, wo das Gedränge geringer war, und glaubten plötzlich auf dem Dache der Polinsel zu stehen. Das Panorama des Nordpols breitete sich in naturgetreuer Nachahmung vor ihnen aus. Dicht zu ihren Füßen schien das Meer zu branden. Das Jagdbot der Martier lag zur Abfahrt bereit -- zwei Eskimos lösten das Seil, das es am Ufer hielt. Jm Bote saßen Martier mit ihren Kugelhelmen. Und dort -- auf der andern Seite -- da standen Grunthe und Saltner, wie sie leibten und lebten. Grunthe, mit zusammen- gezogenen Lippen, schrieb eifrig in sein Notiz- buch, Saltner sah lächelnd einer verhüllten Gestalt nach, die auf zwei Krücken dahinschlich und die Wirkung der Erdschwere auf die Martier veranschau- lichen sollte.
Es war Jsmas Bild. Die Photographie hatte ſich unter Torms Effekten gefunden und war mit andern Kleinigkeiten hierhergekommen.
Die neben Jsma ſtehende Dame, die ſie eben zu mager gefunden hatte, warf zufällig einen Blick auf ihr Geſicht. Sie ſtutzte und ſtieß ihre Nachbarin an. Ell ſah, daß man auf ſeine Begleiterin aufmerkſam wurde. Die Umſtehenden wurden ſtill.
„Kommen Sie‟, ſagte er haſtig zu Jsma. „Man erkennt Sie.‟
Er zog ſie fort, beide drängten ſich durch das Gewühl. Sie wandten ſich nach einer Stelle, wo das Gedränge geringer war, und glaubten plötzlich auf dem Dache der Polinſel zu ſtehen. Das Panorama des Nordpols breitete ſich in naturgetreuer Nachahmung vor ihnen aus. Dicht zu ihren Füßen ſchien das Meer zu branden. Das Jagdbot der Martier lag zur Abfahrt bereit — zwei Eskimos löſten das Seil, das es am Ufer hielt. Jm Bote ſaßen Martier mit ihren Kugelhelmen. Und dort — auf der andern Seite — da ſtanden Grunthe und Saltner, wie ſie leibten und lebten. Grunthe, mit zuſammen- gezogenen Lippen, ſchrieb eifrig in ſein Notiz- buch, Saltner ſah lächelnd einer verhüllten Geſtalt nach, die auf zwei Krücken dahinſchlich und die Wirkung der Erdſchwere auf die Martier veranſchau- lichen ſollte.
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Dreißigſtes Kapitel.
„Eine weibliche Bat!‟ ſagten ſie. „Sie iſt hübſch‟,
meinten die einen.
„Viel zu mager‟, die andern.
Es war Jsmas Bild. Die Photographie hatte ſich
unter Torms Effekten gefunden und war mit andern
Kleinigkeiten hierhergekommen.
Die neben Jsma ſtehende Dame, die ſie eben zu
mager gefunden hatte, warf zufällig einen Blick auf
ihr Geſicht. Sie ſtutzte und ſtieß ihre Nachbarin an.
Ell ſah, daß man auf ſeine Begleiterin aufmerkſam
wurde. Die Umſtehenden wurden ſtill.
„Kommen Sie‟, ſagte er haſtig zu Jsma. „Man
erkennt Sie.‟
Er zog ſie fort, beide drängten ſich durch das
Gewühl. Sie wandten ſich nach einer Stelle, wo das
Gedränge geringer war, und glaubten plötzlich auf
dem Dache der Polinſel zu ſtehen. Das Panorama
des Nordpols breitete ſich in naturgetreuer Nachahmung
vor ihnen aus. Dicht zu ihren Füßen ſchien das
Meer zu branden. Das Jagdbot der Martier lag
zur Abfahrt bereit — zwei Eskimos löſten das Seil,
das es am Ufer hielt. Jm Bote ſaßen Martier mit
ihren Kugelhelmen. Und dort — auf der andern
Seite — da ſtanden Grunthe und Saltner, wie ſie
leibten und lebten. Grunthe, mit zuſammen-
gezogenen Lippen, ſchrieb eifrig in ſein Notiz-
buch, Saltner ſah lächelnd einer verhüllten Geſtalt
nach, die auf zwei Krücken dahinſchlich und die
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/64>, abgerufen am 27.11.2024.
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