Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Spiel verloren.
Verteidigung in der Presse zu führen. Ein lebhafter
Wechsel von Lichtdepeschen, die alle über den Nordpol
nach dem Mars gingen, fand zwischen Berlin und
Kla statt.

Aber ganz ohne Einfluß auf Ell war dieser vom
Mars, d. h. von einem Teil seiner Bevölkerung, aus-
geübte Druck doch nicht geblieben. Er sah sich ver-
anlaßt, die ihm zu Gebote stehenden Machtmittel rück-
sichtsloser zu gebrauchen, und je mehr ihn das Miß-
verständnis und der Tadel seiner Handlungen verdroß,
um so mehr gewöhnte er sich, auf seine eigenen Ent-
scheidungen und Entschlüsse zu vertrauen und jede
anderweitige Beratung abzulehnen. Mit Erschrecken
sagte er sich zuweilen im Stillen, daß die Furcht, er
werde dahin kommen, sein Kultoramt in autokratischer
Weise zu handhaben, nicht unberechtigt sei. Und immer
wieder nahm er sich vor, unter keinen Umständen sich
dazu drängen zu lassen, als Selbstherrscher zu ver-
fahren, oder den antibatischen Forderungen nachzu-
geben.

Der einflußreichste Teil der Martier ging ja, wie
bei der Besitznahme, so auch bei der Behandlung der
Erde von rein idealem Gesichtspunkte aus. Die Kultur
des Mars, den Geist der Numenheit auf der Erde zu
verbreiten, war ihr Ziel; eine Beherrschung der Mensch-
heit, soweit sie notwendig schien, nur ein vorüber-
gehendes Mittel, eine Art notwendigen Übels. Aber
gerade hier verstimmte es vielfach, daß die Menschen
im großen und ganzen so wenig Entgegenkommen
und Verständnis für das zeigten, was die Martier

Das Spiel verloren.
Verteidigung in der Preſſe zu führen. Ein lebhafter
Wechſel von Lichtdepeſchen, die alle über den Nordpol
nach dem Mars gingen, fand zwiſchen Berlin und
Kla ſtatt.

Aber ganz ohne Einfluß auf Ell war dieſer vom
Mars, d. h. von einem Teil ſeiner Bevölkerung, aus-
geübte Druck doch nicht geblieben. Er ſah ſich ver-
anlaßt, die ihm zu Gebote ſtehenden Machtmittel rück-
ſichtsloſer zu gebrauchen, und je mehr ihn das Miß-
verſtändnis und der Tadel ſeiner Handlungen verdroß,
um ſo mehr gewöhnte er ſich, auf ſeine eigenen Ent-
ſcheidungen und Entſchlüſſe zu vertrauen und jede
anderweitige Beratung abzulehnen. Mit Erſchrecken
ſagte er ſich zuweilen im Stillen, daß die Furcht, er
werde dahin kommen, ſein Kultoramt in autokratiſcher
Weiſe zu handhaben, nicht unberechtigt ſei. Und immer
wieder nahm er ſich vor, unter keinen Umſtänden ſich
dazu drängen zu laſſen, als Selbſtherrſcher zu ver-
fahren, oder den antibatiſchen Forderungen nachzu-
geben.

Der einflußreichſte Teil der Martier ging ja, wie
bei der Beſitznahme, ſo auch bei der Behandlung der
Erde von rein idealem Geſichtspunkte aus. Die Kultur
des Mars, den Geiſt der Numenheit auf der Erde zu
verbreiten, war ihr Ziel; eine Beherrſchung der Menſch-
heit, ſoweit ſie notwendig ſchien, nur ein vorüber-
gehendes Mittel, eine Art notwendigen Übels. Aber
gerade hier verſtimmte es vielfach, daß die Menſchen
im großen und ganzen ſo wenig Entgegenkommen
und Verſtändnis für das zeigten, was die Martier

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0477" n="469"/><fw place="top" type="header">Das Spiel verloren.</fw><lb/>
Verteidigung in der Pre&#x017F;&#x017F;e zu führen. Ein lebhafter<lb/>
Wech&#x017F;el von Lichtdepe&#x017F;chen, die alle über den Nordpol<lb/>
nach dem Mars gingen, fand zwi&#x017F;chen Berlin und<lb/>
Kla &#x017F;tatt.</p><lb/>
          <p>Aber ganz ohne Einfluß auf Ell war die&#x017F;er vom<lb/>
Mars, d. h. von einem Teil &#x017F;einer Bevölkerung, aus-<lb/>
geübte Druck doch nicht geblieben. Er &#x017F;ah &#x017F;ich ver-<lb/>
anlaßt, die ihm zu Gebote &#x017F;tehenden Machtmittel rück-<lb/>
&#x017F;ichtslo&#x017F;er zu gebrauchen, und je mehr ihn das Miß-<lb/>
ver&#x017F;tändnis und der Tadel &#x017F;einer Handlungen verdroß,<lb/>
um &#x017F;o mehr gewöhnte er &#x017F;ich, auf &#x017F;eine eigenen Ent-<lb/>
&#x017F;cheidungen und Ent&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e zu vertrauen und jede<lb/>
anderweitige Beratung abzulehnen. Mit Er&#x017F;chrecken<lb/>
&#x017F;agte er &#x017F;ich zuweilen im Stillen, daß die Furcht, er<lb/>
werde dahin kommen, &#x017F;ein Kultoramt in autokrati&#x017F;cher<lb/>
Wei&#x017F;e zu handhaben, nicht unberechtigt &#x017F;ei. Und immer<lb/>
wieder nahm er &#x017F;ich vor, unter keinen Um&#x017F;tänden &#x017F;ich<lb/>
dazu drängen zu la&#x017F;&#x017F;en, als Selb&#x017F;therr&#x017F;cher zu ver-<lb/>
fahren, oder den antibati&#x017F;chen Forderungen nachzu-<lb/>
geben.</p><lb/>
          <p>Der einflußreich&#x017F;te Teil der Martier ging ja, wie<lb/>
bei der Be&#x017F;itznahme, &#x017F;o auch bei der Behandlung der<lb/>
Erde von rein idealem Ge&#x017F;ichtspunkte aus. Die Kultur<lb/>
des Mars, den Gei&#x017F;t der Numenheit auf der Erde zu<lb/>
verbreiten, war ihr Ziel; eine Beherr&#x017F;chung der Men&#x017F;ch-<lb/>
heit, &#x017F;oweit &#x017F;ie notwendig &#x017F;chien, nur ein vorüber-<lb/>
gehendes Mittel, eine Art notwendigen Übels. Aber<lb/>
gerade hier ver&#x017F;timmte es vielfach, daß die Men&#x017F;chen<lb/>
im großen und ganzen &#x017F;o wenig Entgegenkommen<lb/>
und Ver&#x017F;tändnis für das zeigten, was die Martier<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[469/0477] Das Spiel verloren. Verteidigung in der Preſſe zu führen. Ein lebhafter Wechſel von Lichtdepeſchen, die alle über den Nordpol nach dem Mars gingen, fand zwiſchen Berlin und Kla ſtatt. Aber ganz ohne Einfluß auf Ell war dieſer vom Mars, d. h. von einem Teil ſeiner Bevölkerung, aus- geübte Druck doch nicht geblieben. Er ſah ſich ver- anlaßt, die ihm zu Gebote ſtehenden Machtmittel rück- ſichtsloſer zu gebrauchen, und je mehr ihn das Miß- verſtändnis und der Tadel ſeiner Handlungen verdroß, um ſo mehr gewöhnte er ſich, auf ſeine eigenen Ent- ſcheidungen und Entſchlüſſe zu vertrauen und jede anderweitige Beratung abzulehnen. Mit Erſchrecken ſagte er ſich zuweilen im Stillen, daß die Furcht, er werde dahin kommen, ſein Kultoramt in autokratiſcher Weiſe zu handhaben, nicht unberechtigt ſei. Und immer wieder nahm er ſich vor, unter keinen Umſtänden ſich dazu drängen zu laſſen, als Selbſtherrſcher zu ver- fahren, oder den antibatiſchen Forderungen nachzu- geben. Der einflußreichſte Teil der Martier ging ja, wie bei der Beſitznahme, ſo auch bei der Behandlung der Erde von rein idealem Geſichtspunkte aus. Die Kultur des Mars, den Geiſt der Numenheit auf der Erde zu verbreiten, war ihr Ziel; eine Beherrſchung der Menſch- heit, ſoweit ſie notwendig ſchien, nur ein vorüber- gehendes Mittel, eine Art notwendigen Übels. Aber gerade hier verſtimmte es vielfach, daß die Menſchen im großen und ganzen ſo wenig Entgegenkommen und Verſtändnis für das zeigten, was die Martier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/477
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/477>, abgerufen am 25.11.2024.