Jm Augenblick war sie zur Thür geschlüpft und wieder zurück.
"Sie schläft", sagte sie. "Und nun kannst Du fragen. Doch ich will es Dir sagen."
Und sie begann zu erzählen, von ihrem Kampfe mit sich selbst, von ihrem Entschlusse, von ihrer Prü- fungsreise auf der Erde -- -- und inzwischen löste sich das Schiff von seinem Lager, langsam sanken die Felswände hinab, heller strahlte die Sonne --
"Wir steigen", sagte La, sich unterbrechend.
"Und sieh", rief Saltner, "das Nächstliegende hab' ich vergessen in der Ueberraschung, Dich zu haben. Was hast Du mit dem Schiffe des Unterkultors ab- gemacht? Was thust Du jetzt, wenn sie von Dir unsere Auslieferung verlangen? Wie kannst Du über- haupt uns befreien?"
"Sie riefen mich an, als ich hierherkam, weil sie wußten, daß ich Deinen Zug und die Verfolgung gesehen hatte, und verlangten durch Signale, daß ich sie unterstützen sollte. Jch ging darauf ein, um bei der Hand zu sein, und besetzte den unteren Ausgang. Jch dachte mir, daß Du hier herabkommen würdest, wenn der Weg oben versperrt ist. Und so hab' ich Dich ge- fangen. Aber ans Ausliefern denke ich nicht, wenn Du -- Du -- bei mir bleiben willst."
"Und wenn sie Dich zwingen? Das Gesetz ist auf ihrer Seite."
"Gesetz gegen Gesetz -- wenn Du willst -- wenn Du bestimmst, daß ich Dein bin und Du mein nach dem Gesetze der Numenheit -- dann darf ich Dir
Sechsundfünfzigſtes Kapitel.
Jm Augenblick war ſie zur Thür geſchlüpft und wieder zurück.
„Sie ſchläft‟, ſagte ſie. „Und nun kannſt Du fragen. Doch ich will es Dir ſagen.‟
Und ſie begann zu erzählen, von ihrem Kampfe mit ſich ſelbſt, von ihrem Entſchluſſe, von ihrer Prü- fungsreiſe auf der Erde — — und inzwiſchen löſte ſich das Schiff von ſeinem Lager, langſam ſanken die Felswände hinab, heller ſtrahlte die Sonne —
„Wir ſteigen‟, ſagte La, ſich unterbrechend.
„Und ſieh‟, rief Saltner, „das Nächſtliegende hab’ ich vergeſſen in der Ueberraſchung, Dich zu haben. Was haſt Du mit dem Schiffe des Unterkultors ab- gemacht? Was thuſt Du jetzt, wenn ſie von Dir unſere Auslieferung verlangen? Wie kannſt Du über- haupt uns befreien?‟
„Sie riefen mich an, als ich hierherkam, weil ſie wußten, daß ich Deinen Zug und die Verfolgung geſehen hatte, und verlangten durch Signale, daß ich ſie unterſtützen ſollte. Jch ging darauf ein, um bei der Hand zu ſein, und beſetzte den unteren Ausgang. Jch dachte mir, daß Du hier herabkommen würdeſt, wenn der Weg oben verſperrt iſt. Und ſo hab’ ich Dich ge- fangen. Aber ans Ausliefern denke ich nicht, wenn Du — Du — bei mir bleiben willſt.‟
„Und wenn ſie Dich zwingen? Das Geſetz iſt auf ihrer Seite.‟
„Geſetz gegen Geſetz — wenn Du willſt — wenn Du beſtimmſt, daß ich Dein bin und Du mein nach dem Geſetze der Numenheit — dann darf ich Dir
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0462"n="454"/><fwplace="top"type="header">Sechsundfünfzigſtes Kapitel.</fw><lb/><p>Jm Augenblick war ſie zur Thür geſchlüpft und<lb/>
wieder zurück.</p><lb/><p>„Sie ſchläft‟, ſagte ſie. „Und nun kannſt Du<lb/>
fragen. Doch ich will es Dir ſagen.‟</p><lb/><p>Und ſie begann zu erzählen, von ihrem Kampfe<lb/>
mit ſich ſelbſt, von ihrem Entſchluſſe, von ihrer Prü-<lb/>
fungsreiſe auf der Erde —— und inzwiſchen löſte<lb/>ſich das Schiff von ſeinem Lager, langſam ſanken die<lb/>
Felswände hinab, heller ſtrahlte die Sonne —</p><lb/><p>„Wir ſteigen‟, ſagte La, ſich unterbrechend.</p><lb/><p>„Und ſieh‟, rief Saltner, „das Nächſtliegende hab’<lb/>
ich vergeſſen in der Ueberraſchung, Dich zu haben.<lb/>
Was haſt Du mit dem Schiffe des Unterkultors ab-<lb/>
gemacht? Was thuſt Du jetzt, wenn ſie von Dir<lb/>
unſere Auslieferung verlangen? Wie kannſt Du über-<lb/>
haupt uns befreien?‟</p><lb/><p>„Sie riefen mich an, als ich hierherkam, weil ſie<lb/>
wußten, daß ich Deinen Zug und die Verfolgung<lb/>
geſehen hatte, und verlangten durch Signale, daß ich ſie<lb/>
unterſtützen ſollte. Jch ging darauf ein, um bei der<lb/>
Hand zu ſein, und beſetzte den unteren Ausgang. Jch<lb/>
dachte mir, daß Du hier herabkommen würdeſt, wenn<lb/>
der Weg oben verſperrt iſt. Und ſo hab’ ich Dich ge-<lb/>
fangen. Aber ans Ausliefern denke ich nicht, wenn<lb/>
Du — Du — bei mir bleiben willſt.‟</p><lb/><p>„Und wenn ſie Dich zwingen? Das Geſetz iſt<lb/>
auf ihrer Seite.‟</p><lb/><p>„Geſetz gegen Geſetz — wenn Du willſt — wenn<lb/>
Du beſtimmſt, daß ich Dein bin und Du mein nach<lb/>
dem Geſetze der Numenheit — dann darf ich Dir<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[454/0462]
Sechsundfünfzigſtes Kapitel.
Jm Augenblick war ſie zur Thür geſchlüpft und
wieder zurück.
„Sie ſchläft‟, ſagte ſie. „Und nun kannſt Du
fragen. Doch ich will es Dir ſagen.‟
Und ſie begann zu erzählen, von ihrem Kampfe
mit ſich ſelbſt, von ihrem Entſchluſſe, von ihrer Prü-
fungsreiſe auf der Erde — — und inzwiſchen löſte
ſich das Schiff von ſeinem Lager, langſam ſanken die
Felswände hinab, heller ſtrahlte die Sonne —
„Wir ſteigen‟, ſagte La, ſich unterbrechend.
„Und ſieh‟, rief Saltner, „das Nächſtliegende hab’
ich vergeſſen in der Ueberraſchung, Dich zu haben.
Was haſt Du mit dem Schiffe des Unterkultors ab-
gemacht? Was thuſt Du jetzt, wenn ſie von Dir
unſere Auslieferung verlangen? Wie kannſt Du über-
haupt uns befreien?‟
„Sie riefen mich an, als ich hierherkam, weil ſie
wußten, daß ich Deinen Zug und die Verfolgung
geſehen hatte, und verlangten durch Signale, daß ich ſie
unterſtützen ſollte. Jch ging darauf ein, um bei der
Hand zu ſein, und beſetzte den unteren Ausgang. Jch
dachte mir, daß Du hier herabkommen würdeſt, wenn
der Weg oben verſperrt iſt. Und ſo hab’ ich Dich ge-
fangen. Aber ans Ausliefern denke ich nicht, wenn
Du — Du — bei mir bleiben willſt.‟
„Und wenn ſie Dich zwingen? Das Geſetz iſt
auf ihrer Seite.‟
„Geſetz gegen Geſetz — wenn Du willſt — wenn
Du beſtimmſt, daß ich Dein bin und Du mein nach
dem Geſetze der Numenheit — dann darf ich Dir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/462>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.