Es war ihm, als müsse er zu Boden sinken. Da bewegte sich die Gestalt. Zwei Arme umschlangen ihn, eine weiche Wange fühlte er an der seinigen. La barg ihren Kopf an seiner Schulter und flüsterte: "Sal! mein Sal!"
Er sank auf die Moosbank nieder und zog sie mit sich. Jhre Lippen glühten aufeinander.
"Du bist es, Du bist es", sagte La selig.
Er zog sie aufs neue an sich.
Endlich stammelte er: "Und Du, wie kommst Du -- o Du mein Glück, weißt Du denn --"
"Ja, ja! Jch komme, um Dich zu fangen und nie wieder freizugeben. Jch komme vom Nu, und ich will bei Dir bleiben auf der Erde, oder wo Du willst -- nur nicht allein, nicht länger allein. Jch kann es nicht!"
Sie sank aufs neue an seine Brust. Dann sprang sie auf.
Von oben hörte man das Klingen des Bergstocks. Palaoro wurde sichtbar. Er prallte zurück, als er La erblickte. Dann rief er: "Sie steigen von oben herab."
Saltner blickte auf La. "Du kommst zu mir, Geliebte", sagte er hastig. "Aber ich bin gefangen und eingeschlossen. Du kommst, nur zu sehen, wie ich Dir entrissen werde."
La lächelte glücklich. "Das ist unmöglich", sagte sie. "Geh' und hole Deine Mutter, und du wirst sehen."
Saltner wirbelte der Kopf, aber er nahm sich
Fünfundfünfzigſtes Kapitel.
Es war ihm, als müſſe er zu Boden ſinken. Da bewegte ſich die Geſtalt. Zwei Arme umſchlangen ihn, eine weiche Wange fühlte er an der ſeinigen. La barg ihren Kopf an ſeiner Schulter und flüſterte: „Sal! mein Sal!‟
Er ſank auf die Moosbank nieder und zog ſie mit ſich. Jhre Lippen glühten aufeinander.
„Du biſt es, Du biſt es‟, ſagte La ſelig.
Er zog ſie aufs neue an ſich.
Endlich ſtammelte er: „Und Du, wie kommſt Du — o Du mein Glück, weißt Du denn —‟
„Ja, ja! Jch komme, um Dich zu fangen und nie wieder freizugeben. Jch komme vom Nu, und ich will bei Dir bleiben auf der Erde, oder wo Du willſt — nur nicht allein, nicht länger allein. Jch kann es nicht!‟
Sie ſank aufs neue an ſeine Bruſt. Dann ſprang ſie auf.
Von oben hörte man das Klingen des Bergſtocks. Palaoro wurde ſichtbar. Er prallte zurück, als er La erblickte. Dann rief er: „Sie ſteigen von oben herab.‟
Saltner blickte auf La. „Du kommſt zu mir, Geliebte‟, ſagte er haſtig. „Aber ich bin gefangen und eingeſchloſſen. Du kommſt, nur zu ſehen, wie ich Dir entriſſen werde.‟
La lächelte glücklich. „Das iſt unmöglich‟, ſagte ſie. „Geh’ und hole Deine Mutter, und du wirſt ſehen.‟
Saltner wirbelte der Kopf, aber er nahm ſich
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Fünfundfünfzigſtes Kapitel.
Es war ihm, als müſſe er zu Boden ſinken. Da
bewegte ſich die Geſtalt. Zwei Arme umſchlangen ihn,
eine weiche Wange fühlte er an der ſeinigen. La
barg ihren Kopf an ſeiner Schulter und flüſterte:
„Sal! mein Sal!‟
Er ſank auf die Moosbank nieder und zog ſie mit
ſich. Jhre Lippen glühten aufeinander.
„Du biſt es, Du biſt es‟, ſagte La ſelig.
Er zog ſie aufs neue an ſich.
Endlich ſtammelte er: „Und Du, wie kommſt Du
— o Du mein Glück, weißt Du denn —‟
„Ja, ja! Jch komme, um Dich zu fangen und
nie wieder freizugeben. Jch komme vom Nu, und
ich will bei Dir bleiben auf der Erde, oder wo Du
willſt — nur nicht allein, nicht länger allein. Jch
kann es nicht!‟
Sie ſank aufs neue an ſeine Bruſt. Dann ſprang
ſie auf.
Von oben hörte man das Klingen des Bergſtocks.
Palaoro wurde ſichtbar. Er prallte zurück, als er
La erblickte. Dann rief er: „Sie ſteigen von oben
herab.‟
Saltner blickte auf La. „Du kommſt zu mir,
Geliebte‟, ſagte er haſtig. „Aber ich bin gefangen
und eingeſchloſſen. Du kommſt, nur zu ſehen, wie
ich Dir entriſſen werde.‟
La lächelte glücklich. „Das iſt unmöglich‟, ſagte
ſie. „Geh’ und hole Deine Mutter, und du wirſt
ſehen.‟
Saltner wirbelte der Kopf, aber er nahm ſich
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/456>, abgerufen am 22.11.2024.
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