Es begann bereits zu dunkeln, als die beiden Freundinnen nach kurzer Wanderung bergab die Haltestelle der elektrischen Bahn erreichten. Sie nahmen sogleich in dem bereitstehenden Wagen Platz, der sich nach wenigen Minuten in Bewegung setzte. Die helle Beleuchtung im Jnnern des Wagens ver- hinterte sie, etwas von der anmutigen Gegend, durch die sie fuhren, zu erkennen. Trotzdem verging ihnen die Zeit rasch, denn La war glücklich, zum erstenmale von der leidenschaftlichen Liebe und Sehnsucht sprechen zu können, die sie solange stillschweigend und duldend hatte im Herzen verbergen müssen. Se hörte ihr teilnehmend zu, manchmal schüttelte sie leise den Kopf, immer aber mußte sie wieder mit Bewunderung auf die Freundin blicken, die mutig und entschlossen den unerhörten Schritt vom Nu zur Erde wagen wollte. Wenn sie dann ihre Augen glückstrahlend leuchten sah, so konnte sie nicht zweifeln, daß sie alle Hindernisse
[Abbildung]
Vierundfünfzigſtes Kapitel. Auf der Sternwarte.
Es begann bereits zu dunkeln, als die beiden Freundinnen nach kurzer Wanderung bergab die Halteſtelle der elektriſchen Bahn erreichten. Sie nahmen ſogleich in dem bereitſtehenden Wagen Platz, der ſich nach wenigen Minuten in Bewegung ſetzte. Die helle Beleuchtung im Jnnern des Wagens ver- hinterte ſie, etwas von der anmutigen Gegend, durch die ſie fuhren, zu erkennen. Trotzdem verging ihnen die Zeit raſch, denn La war glücklich, zum erſtenmale von der leidenſchaftlichen Liebe und Sehnſucht ſprechen zu können, die ſie ſolange ſtillſchweigend und duldend hatte im Herzen verbergen müſſen. Se hörte ihr teilnehmend zu, manchmal ſchüttelte ſie leiſe den Kopf, immer aber mußte ſie wieder mit Bewunderung auf die Freundin blicken, die mutig und entſchloſſen den unerhörten Schritt vom Nu zur Erde wagen wollte. Wenn ſie dann ihre Augen glückſtrahlend leuchten ſah, ſo konnte ſie nicht zweifeln, daß ſie alle Hinderniſſe
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0429"n="[421]"/><figure/><lb/></div><divn="2"><head>Vierundfünfzigſtes Kapitel.<lb/><hirendition="#b"><hirendition="#g">Auf der Sternwarte.</hi></hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s begann bereits zu dunkeln, als die beiden<lb/>
Freundinnen nach kurzer Wanderung bergab<lb/>
die Halteſtelle der elektriſchen Bahn erreichten. Sie<lb/>
nahmen ſogleich in dem bereitſtehenden Wagen Platz,<lb/>
der ſich nach wenigen Minuten in Bewegung ſetzte.<lb/>
Die helle Beleuchtung im Jnnern des Wagens ver-<lb/>
hinterte ſie, etwas von der anmutigen Gegend, durch<lb/>
die ſie fuhren, zu erkennen. Trotzdem verging ihnen<lb/>
die Zeit raſch, denn La war glücklich, zum erſtenmale<lb/>
von der leidenſchaftlichen Liebe und Sehnſucht ſprechen<lb/>
zu können, die ſie ſolange ſtillſchweigend und duldend<lb/>
hatte im Herzen verbergen müſſen. Se hörte ihr<lb/>
teilnehmend zu, manchmal ſchüttelte ſie leiſe den Kopf,<lb/>
immer aber mußte ſie wieder mit Bewunderung auf<lb/>
die Freundin blicken, die mutig und entſchloſſen den<lb/>
unerhörten Schritt vom Nu zur Erde wagen wollte.<lb/>
Wenn ſie dann ihre Augen glückſtrahlend leuchten ſah,<lb/>ſo konnte ſie nicht zweifeln, daß ſie alle Hinderniſſe<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[421]/0429]
[Abbildung]
Vierundfünfzigſtes Kapitel.
Auf der Sternwarte.
Es begann bereits zu dunkeln, als die beiden
Freundinnen nach kurzer Wanderung bergab
die Halteſtelle der elektriſchen Bahn erreichten. Sie
nahmen ſogleich in dem bereitſtehenden Wagen Platz,
der ſich nach wenigen Minuten in Bewegung ſetzte.
Die helle Beleuchtung im Jnnern des Wagens ver-
hinterte ſie, etwas von der anmutigen Gegend, durch
die ſie fuhren, zu erkennen. Trotzdem verging ihnen
die Zeit raſch, denn La war glücklich, zum erſtenmale
von der leidenſchaftlichen Liebe und Sehnſucht ſprechen
zu können, die ſie ſolange ſtillſchweigend und duldend
hatte im Herzen verbergen müſſen. Se hörte ihr
teilnehmend zu, manchmal ſchüttelte ſie leiſe den Kopf,
immer aber mußte ſie wieder mit Bewunderung auf
die Freundin blicken, die mutig und entſchloſſen den
unerhörten Schritt vom Nu zur Erde wagen wollte.
Wenn ſie dann ihre Augen glückſtrahlend leuchten ſah,
ſo konnte ſie nicht zweifeln, daß ſie alle Hinderniſſe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. [421]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/429>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.