Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.Der Jnstruktor von Bozen. des Wohnzimmers geöffnet. Es war leer. Der Platzan dem nach dem Garten sich öffnenden Fenster, an dem seine Mutter den größten Teil des Tages zu sitzen pflegte, war unbesetzt. Saltner erschrak. Sollte sie krank sein und zu Bett liegen? Er schaute vor- sichtig, um nicht zu stören, in das Schlafzimmer, aber auch hier war niemand. Besorgt durchsuchte er nun das ganze Haus, weder seine Mutter noch ihre alte Magd und Gehilfin, die Kathrin, waren zu finden. Aber auch der Karo, der Hund, war nicht da, der sonst jeden Kommenden durch sein Gebell anmeldete und ihm sicher zuerst entgegengesprungen wäre. Wären die Frauen beide ausgegangen, so hätten sie gewiß das Haus verschlossen. Doch vielleicht waren sie nur auf einen Augenblick in den Garten gegangen. Eben wollte sich Saltner Gewißheit holen, als sich die Hinter- thür des Hauses öffnete und die Kathrin hereintrat. Der Korb mit Obst, den sie trug, entfiel fast ihren Händen, so schnell setzte sie ihn zu Boden, als sie Saltner erblickte. "Gelobt sei die heilige Jungfrau!" rief sie aus, "Grüß Gott, Kathrin", sagte Saltner. "Wo ist Die Dienerin brach sogleich in einen Thränen- "Sie haben sie ja, Sie haben sie ja!" rief sie "Was haben sie denn? So reden Sie doch schon! Der Jnſtruktor von Bozen. des Wohnzimmers geöffnet. Es war leer. Der Platzan dem nach dem Garten ſich öffnenden Fenſter, an dem ſeine Mutter den größten Teil des Tages zu ſitzen pflegte, war unbeſetzt. Saltner erſchrak. Sollte ſie krank ſein und zu Bett liegen? Er ſchaute vor- ſichtig, um nicht zu ſtören, in das Schlafzimmer, aber auch hier war niemand. Beſorgt durchſuchte er nun das ganze Haus, weder ſeine Mutter noch ihre alte Magd und Gehilfin, die Kathrin, waren zu finden. Aber auch der Karo, der Hund, war nicht da, der ſonſt jeden Kommenden durch ſein Gebell anmeldete und ihm ſicher zuerſt entgegengeſprungen wäre. Wären die Frauen beide ausgegangen, ſo hätten ſie gewiß das Haus verſchloſſen. Doch vielleicht waren ſie nur auf einen Augenblick in den Garten gegangen. Eben wollte ſich Saltner Gewißheit holen, als ſich die Hinter- thür des Hauſes öffnete und die Kathrin hereintrat. Der Korb mit Obſt, den ſie trug, entfiel faſt ihren Händen, ſo ſchnell ſetzte ſie ihn zu Boden, als ſie Saltner erblickte. „Gelobt ſei die heilige Jungfrau!‟ rief ſie aus, „Grüß Gott, Kathrin‟, ſagte Saltner. „Wo iſt Die Dienerin brach ſogleich in einen Thränen- „Sie haben ſie ja, Sie haben ſie ja!‟ rief ſie „Was haben ſie denn? So reden Sie doch ſchon! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0349" n="341"/><fw place="top" type="header">Der Jnſtruktor von Bozen.</fw><lb/> des Wohnzimmers geöffnet. Es war leer. Der Platz<lb/> an dem nach dem Garten ſich öffnenden Fenſter, an<lb/> dem ſeine Mutter den größten Teil des Tages zu<lb/> ſitzen pflegte, war unbeſetzt. Saltner erſchrak. Sollte<lb/> ſie krank ſein und zu Bett liegen? Er ſchaute vor-<lb/> ſichtig, um nicht zu ſtören, in das Schlafzimmer, aber<lb/> auch hier war niemand. Beſorgt durchſuchte er nun<lb/> das ganze Haus, weder ſeine Mutter noch ihre alte<lb/> Magd und Gehilfin, die Kathrin, waren zu finden.<lb/> Aber auch der Karo, der Hund, war nicht da, der ſonſt<lb/> jeden Kommenden durch ſein Gebell anmeldete und<lb/> ihm ſicher zuerſt entgegengeſprungen wäre. Wären<lb/> die Frauen beide ausgegangen, ſo hätten ſie gewiß<lb/> das Haus verſchloſſen. Doch vielleicht waren ſie nur<lb/> auf einen Augenblick in den Garten gegangen. Eben<lb/> wollte ſich Saltner Gewißheit holen, als ſich die Hinter-<lb/> thür des Hauſes öffnete und die Kathrin hereintrat. Der<lb/> Korb mit Obſt, den ſie trug, entfiel faſt ihren Händen,<lb/> ſo ſchnell ſetzte ſie ihn zu Boden, als ſie Saltner erblickte.</p><lb/> <p>„Gelobt ſei die heilige Jungfrau!‟ rief ſie aus,<lb/> „da iſt ja der Herr Joſef.‟</p><lb/> <p>„Grüß Gott, Kathrin‟, ſagte Saltner. „Wo iſt<lb/> denn die Mutter? Es fehlt ihr doch nichts?‟</p><lb/> <p>Die Dienerin brach ſogleich in einen Thränen-<lb/> ſtrom aus.</p><lb/> <p>„Sie haben ſie ja, Sie haben ſie ja!‟ rief ſie<lb/> unter Schluchzen.</p><lb/> <p>„Was haben ſie denn? So reden Sie doch ſchon!<lb/> Kommen Sie hier herein, Kathrin, und reden Sie ver-<lb/> nünftig.‟</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [341/0349]
Der Jnſtruktor von Bozen.
des Wohnzimmers geöffnet. Es war leer. Der Platz
an dem nach dem Garten ſich öffnenden Fenſter, an
dem ſeine Mutter den größten Teil des Tages zu
ſitzen pflegte, war unbeſetzt. Saltner erſchrak. Sollte
ſie krank ſein und zu Bett liegen? Er ſchaute vor-
ſichtig, um nicht zu ſtören, in das Schlafzimmer, aber
auch hier war niemand. Beſorgt durchſuchte er nun
das ganze Haus, weder ſeine Mutter noch ihre alte
Magd und Gehilfin, die Kathrin, waren zu finden.
Aber auch der Karo, der Hund, war nicht da, der ſonſt
jeden Kommenden durch ſein Gebell anmeldete und
ihm ſicher zuerſt entgegengeſprungen wäre. Wären
die Frauen beide ausgegangen, ſo hätten ſie gewiß
das Haus verſchloſſen. Doch vielleicht waren ſie nur
auf einen Augenblick in den Garten gegangen. Eben
wollte ſich Saltner Gewißheit holen, als ſich die Hinter-
thür des Hauſes öffnete und die Kathrin hereintrat. Der
Korb mit Obſt, den ſie trug, entfiel faſt ihren Händen,
ſo ſchnell ſetzte ſie ihn zu Boden, als ſie Saltner erblickte.
„Gelobt ſei die heilige Jungfrau!‟ rief ſie aus,
„da iſt ja der Herr Joſef.‟
„Grüß Gott, Kathrin‟, ſagte Saltner. „Wo iſt
denn die Mutter? Es fehlt ihr doch nichts?‟
Die Dienerin brach ſogleich in einen Thränen-
ſtrom aus.
„Sie haben ſie ja, Sie haben ſie ja!‟ rief ſie
unter Schluchzen.
„Was haben ſie denn? So reden Sie doch ſchon!
Kommen Sie hier herein, Kathrin, und reden Sie ver-
nünftig.‟
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