"Die Begegnung überraschte mich, entschuldigen Sie daher diese formlose Begrüßung auf der Straße. Jch konnte nicht annehmen, daß der Unterzeichner jener Verordnung identisch sei mit dem Oß, den ich --"
"Herr, Sie sprechen in einem Tone, den ich zurück- weise."
"Das nützt Jhnen nichts. Sie wissen so gut wie ich, daß derartigen Befehlen niemand folge zu leisten braucht."
"Jch verbitte mir alle Einmischung in meine An- gelegenheiten. Jch bin hier der alleinige Befehlshaber und werde Jhren Widerspruch bändigen. Wenn Sie auch durch Jhren Paß dagegen geschützt sind, von meiner bisherigen Verordnung getroffen zu werden, so hindert mich doch nichts, über Sie selbst einen speziellen Befehl auszusprechen, so lange Sie sich in dem mir unterstellten Bezirke befinden. Merken Sie sich das. Jch habe Sie im Verdacht, gegen amtliche Anordnungen aufzuwiegeln. Sie werden sich deshalb noch heute zu verantworten haben."
Ohne Saltner Zeit zu einer Antwort zu lassen, hatte Oß bereits seinen Wagen in Gang gesetzt und fuhr davon. Saltner blickte ihm spöttisch nach und schritt dann eilig weiter. Wenige Minuten später stand er vor dem Hause seiner Mutter. Es war ein altes, nicht großes Haus. Jm unteren Stockwerk wohnte Frau Saltner mit ihrer Bedienung, einer älteren Frau. Das obere wurde im Winter an Kur- gäste vermietet, war aber jetzt noch unbesetzt. Saltner hatte den Hausflur schnell durchschritten und die Thür
Achtundvierzigſtes Kapitel.
„Die Begegnung überraſchte mich, entſchuldigen Sie daher dieſe formloſe Begrüßung auf der Straße. Jch konnte nicht annehmen, daß der Unterzeichner jener Verordnung identiſch ſei mit dem Oß, den ich —‟
„Herr, Sie ſprechen in einem Tone, den ich zurück- weiſe.‟
„Das nützt Jhnen nichts. Sie wiſſen ſo gut wie ich, daß derartigen Befehlen niemand folge zu leiſten braucht.‟
„Jch verbitte mir alle Einmiſchung in meine An- gelegenheiten. Jch bin hier der alleinige Befehlshaber und werde Jhren Widerſpruch bändigen. Wenn Sie auch durch Jhren Paß dagegen geſchützt ſind, von meiner bisherigen Verordnung getroffen zu werden, ſo hindert mich doch nichts, über Sie ſelbſt einen ſpeziellen Befehl auszuſprechen, ſo lange Sie ſich in dem mir unterſtellten Bezirke befinden. Merken Sie ſich das. Jch habe Sie im Verdacht, gegen amtliche Anordnungen aufzuwiegeln. Sie werden ſich deshalb noch heute zu verantworten haben.‟
Ohne Saltner Zeit zu einer Antwort zu laſſen, hatte Oß bereits ſeinen Wagen in Gang geſetzt und fuhr davon. Saltner blickte ihm ſpöttiſch nach und ſchritt dann eilig weiter. Wenige Minuten ſpäter ſtand er vor dem Hauſe ſeiner Mutter. Es war ein altes, nicht großes Haus. Jm unteren Stockwerk wohnte Frau Saltner mit ihrer Bedienung, einer älteren Frau. Das obere wurde im Winter an Kur- gäſte vermietet, war aber jetzt noch unbeſetzt. Saltner hatte den Hausflur ſchnell durchſchritten und die Thür
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Achtundvierzigſtes Kapitel.
„Die Begegnung überraſchte mich, entſchuldigen
Sie daher dieſe formloſe Begrüßung auf der Straße.
Jch konnte nicht annehmen, daß der Unterzeichner
jener Verordnung identiſch ſei mit dem Oß, den ich —‟
„Herr, Sie ſprechen in einem Tone, den ich zurück-
weiſe.‟
„Das nützt Jhnen nichts. Sie wiſſen ſo gut wie
ich, daß derartigen Befehlen niemand folge zu leiſten
braucht.‟
„Jch verbitte mir alle Einmiſchung in meine An-
gelegenheiten. Jch bin hier der alleinige Befehlshaber
und werde Jhren Widerſpruch bändigen. Wenn Sie
auch durch Jhren Paß dagegen geſchützt ſind, von
meiner bisherigen Verordnung getroffen zu werden,
ſo hindert mich doch nichts, über Sie ſelbſt einen
ſpeziellen Befehl auszuſprechen, ſo lange Sie ſich in
dem mir unterſtellten Bezirke befinden. Merken Sie
ſich das. Jch habe Sie im Verdacht, gegen amtliche
Anordnungen aufzuwiegeln. Sie werden ſich deshalb
noch heute zu verantworten haben.‟
Ohne Saltner Zeit zu einer Antwort zu laſſen,
hatte Oß bereits ſeinen Wagen in Gang geſetzt und
fuhr davon. Saltner blickte ihm ſpöttiſch nach und
ſchritt dann eilig weiter. Wenige Minuten ſpäter
ſtand er vor dem Hauſe ſeiner Mutter. Es war ein
altes, nicht großes Haus. Jm unteren Stockwerk
wohnte Frau Saltner mit ihrer Bedienung, einer
älteren Frau. Das obere wurde im Winter an Kur-
gäſte vermietet, war aber jetzt noch unbeſetzt. Saltner
hatte den Hausflur ſchnell durchſchritten und die Thür
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/348>, abgerufen am 23.11.2024.
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