des Reichskanzlers und werde vom Kaiser empfangen werden. Die Schaulust der Menge sollte jedoch nicht befriedigt werden, dagegen wurde der gesamten Be- völkerung eine andere Überraschung zu teil durch eine Nachricht, welche der Reichsanzeiger in einer Extra- ausgabe brachte. Es wurde darin mitgeteilt, daß sich allerdings in der Nacht eine Gesandtschaft der Martier in Berlin befunden, die Stadt aber bereits am Morgen verlassen habe. Die Beziehungen zur Regierung der Marsstaaten seien äußerst freundliche, und man hoffe, daß auch ein Einvernehmen mit England hergestellt werden würde. Bald darauf teilte der Telegraph aus allen Hauptstädten ähnliche Nachrichten mit.
Jn aller Stille nämlich hatten die Martier mit den Mächten einzeln verhandelt, und in der Nacht vom 22. zum 23. Februar waren gleichzeitig in Washington, Paris, Berlin, Wien, Rom und Peters- burg Gesandtschaften der Martier heimlich eingetroffen, um durch mündlichen Verkehr mit den leitenden Staats- männern die Lage zur Klärung zu bringen. Jn Berlin hatte ein Luftschiff mehrere Stunden im Garten des Reichskanzlerpalais gelegen, und der martische Gesandte hatte sich mit dem Neichskanzler besprochen. Aber weder aus Deutschland noch aus irgend einem andern Staate konnte man erfahren, was der Gegenstand und das Resultat dieser Unterredungen gewesen sei. Man vermutete, daß es sich um Erklärungen der Martier über ihre Absichten und um die Vermittlung der Mächte zwischen den Marsstaaten und Großbritannien handle. Man bezweifelte nicht, daß die Martier friedliche Ver-
Neununddreißigſtes Kapitel.
des Reichskanzlers und werde vom Kaiſer empfangen werden. Die Schauluſt der Menge ſollte jedoch nicht befriedigt werden, dagegen wurde der geſamten Be- völkerung eine andere Überraſchung zu teil durch eine Nachricht, welche der Reichsanzeiger in einer Extra- ausgabe brachte. Es wurde darin mitgeteilt, daß ſich allerdings in der Nacht eine Geſandtſchaft der Martier in Berlin befunden, die Stadt aber bereits am Morgen verlaſſen habe. Die Beziehungen zur Regierung der Marsſtaaten ſeien äußerſt freundliche, und man hoffe, daß auch ein Einvernehmen mit England hergeſtellt werden würde. Bald darauf teilte der Telegraph aus allen Hauptſtädten ähnliche Nachrichten mit.
Jn aller Stille nämlich hatten die Martier mit den Mächten einzeln verhandelt, und in der Nacht vom 22. zum 23. Februar waren gleichzeitig in Waſhington, Paris, Berlin, Wien, Rom und Peters- burg Geſandtſchaften der Martier heimlich eingetroffen, um durch mündlichen Verkehr mit den leitenden Staats- männern die Lage zur Klärung zu bringen. Jn Berlin hatte ein Luftſchiff mehrere Stunden im Garten des Reichskanzlerpalais gelegen, und der martiſche Geſandte hatte ſich mit dem Neichskanzler beſprochen. Aber weder aus Deutſchland noch aus irgend einem andern Staate konnte man erfahren, was der Gegenſtand und das Reſultat dieſer Unterredungen geweſen ſei. Man vermutete, daß es ſich um Erklärungen der Martier über ihre Abſichten und um die Vermittlung der Mächte zwiſchen den Marsſtaaten und Großbritannien handle. Man bezweifelte nicht, daß die Martier friedliche Ver-
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Neununddreißigſtes Kapitel.
des Reichskanzlers und werde vom Kaiſer empfangen
werden. Die Schauluſt der Menge ſollte jedoch nicht
befriedigt werden, dagegen wurde der geſamten Be-
völkerung eine andere Überraſchung zu teil durch eine
Nachricht, welche der Reichsanzeiger in einer Extra-
ausgabe brachte. Es wurde darin mitgeteilt, daß ſich
allerdings in der Nacht eine Geſandtſchaft der Martier
in Berlin befunden, die Stadt aber bereits am Morgen
verlaſſen habe. Die Beziehungen zur Regierung der
Marsſtaaten ſeien äußerſt freundliche, und man hoffe,
daß auch ein Einvernehmen mit England hergeſtellt
werden würde. Bald darauf teilte der Telegraph aus
allen Hauptſtädten ähnliche Nachrichten mit.
Jn aller Stille nämlich hatten die Martier mit
den Mächten einzeln verhandelt, und in der Nacht
vom 22. zum 23. Februar waren gleichzeitig in
Waſhington, Paris, Berlin, Wien, Rom und Peters-
burg Geſandtſchaften der Martier heimlich eingetroffen,
um durch mündlichen Verkehr mit den leitenden Staats-
männern die Lage zur Klärung zu bringen. Jn Berlin
hatte ein Luftſchiff mehrere Stunden im Garten des
Reichskanzlerpalais gelegen, und der martiſche Geſandte
hatte ſich mit dem Neichskanzler beſprochen. Aber
weder aus Deutſchland noch aus irgend einem andern
Staate konnte man erfahren, was der Gegenſtand und
das Reſultat dieſer Unterredungen geweſen ſei. Man
vermutete, daß es ſich um Erklärungen der Martier
über ihre Abſichten und um die Vermittlung der Mächte
zwiſchen den Marsſtaaten und Großbritannien handle.
Man bezweifelte nicht, daß die Martier friedliche Ver-
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/208>, abgerufen am 23.11.2024.
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