Nationen beschäftigte sich aufs eifrigste mit der Mars- Frage, und eine unübersehbare Menge von Meinungen und abenteuerlichen Hypothesen erfüllte die Blätter und erhitzte die Gemüter.
Die Quelle aller dieser Erwägungen war das Buch von Ell über die Einrichtungen der Martier und die Erklärungen, welche Grunthe aus seinen Erfahrungen am Nordpol dazu geben konnte. Ein Verständnis der- selben, wenigstens im größeren Publikum, war jedoch nicht zu erreichen. Der Sprung von der technischen und sozialen Kultur der Menschen zu der Entwickelung, welche diese bei den Martiern erreicht hatte, war zu groß, als daß man sich in letztere hätte finden können. Gerade die ersten Mahnungen Grunthes, man möge sich unter keinen Umständen in einen Konflikt mit den Martiern einlassen, weil ihre Macht alle menschlichen Begriffe überstiege, fanden am wenigsten Gehör; dazu waren sie schon viel zu wissenschaftlich in der Form.
Man stellte sich wohl vor, daß sich die Martier durch wunderbare Erfindungen eine ungeheure Macht über die Natur angeeignet hätten, aber man hatte keinerlei Verständnis dafür, wie ihre ethische und soziale Kultur sie den Gebrauch dieser Macht benutzen, mäßigen und einschränken ließ. Vor allem blieb das eigentliche Wesen ihrer staatlichen Ordnung trotz der Erläuterungen in Ells Buche ein Rätsel. Die individuelle Freiheit war so überwiegend, die Entscheidung des einzelnen in allen Lebensfragen so ausschlaggebend und so wenig von staatlichen Gesetzen überwacht, daß vielfach die Ansicht ausgesprochen wurde, das Gemeinschaftsleben
Die Martier ſind auf der Erde!
Nationen beſchäftigte ſich aufs eifrigſte mit der Mars- Frage, und eine unüberſehbare Menge von Meinungen und abenteuerlichen Hypotheſen erfüllte die Blätter und erhitzte die Gemüter.
Die Quelle aller dieſer Erwägungen war das Buch von Ell über die Einrichtungen der Martier und die Erklärungen, welche Grunthe aus ſeinen Erfahrungen am Nordpol dazu geben konnte. Ein Verſtändnis der- ſelben, wenigſtens im größeren Publikum, war jedoch nicht zu erreichen. Der Sprung von der techniſchen und ſozialen Kultur der Menſchen zu der Entwickelung, welche dieſe bei den Martiern erreicht hatte, war zu groß, als daß man ſich in letztere hätte finden können. Gerade die erſten Mahnungen Grunthes, man möge ſich unter keinen Umſtänden in einen Konflikt mit den Martiern einlaſſen, weil ihre Macht alle menſchlichen Begriffe überſtiege, fanden am wenigſten Gehör; dazu waren ſie ſchon viel zu wiſſenſchaftlich in der Form.
Man ſtellte ſich wohl vor, daß ſich die Martier durch wunderbare Erfindungen eine ungeheure Macht über die Natur angeeignet hätten, aber man hatte keinerlei Verſtändnis dafür, wie ihre ethiſche und ſoziale Kultur ſie den Gebrauch dieſer Macht benutzen, mäßigen und einſchränken ließ. Vor allem blieb das eigentliche Weſen ihrer ſtaatlichen Ordnung trotz der Erläuterungen in Ells Buche ein Rätſel. Die individuelle Freiheit war ſo überwiegend, die Entſcheidung des einzelnen in allen Lebensfragen ſo ausſchlaggebend und ſo wenig von ſtaatlichen Geſetzen überwacht, daß vielfach die Anſicht ausgeſprochen wurde, das Gemeinſchaftsleben
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Die Martier ſind auf der Erde!
Nationen beſchäftigte ſich aufs eifrigſte mit der Mars-
Frage, und eine unüberſehbare Menge von Meinungen
und abenteuerlichen Hypotheſen erfüllte die Blätter
und erhitzte die Gemüter.
Die Quelle aller dieſer Erwägungen war das Buch
von Ell über die Einrichtungen der Martier und die
Erklärungen, welche Grunthe aus ſeinen Erfahrungen
am Nordpol dazu geben konnte. Ein Verſtändnis der-
ſelben, wenigſtens im größeren Publikum, war jedoch
nicht zu erreichen. Der Sprung von der techniſchen und
ſozialen Kultur der Menſchen zu der Entwickelung,
welche dieſe bei den Martiern erreicht hatte, war zu
groß, als daß man ſich in letztere hätte finden können.
Gerade die erſten Mahnungen Grunthes, man möge
ſich unter keinen Umſtänden in einen Konflikt mit den
Martiern einlaſſen, weil ihre Macht alle menſchlichen
Begriffe überſtiege, fanden am wenigſten Gehör; dazu
waren ſie ſchon viel zu wiſſenſchaftlich in der Form.
Man ſtellte ſich wohl vor, daß ſich die Martier
durch wunderbare Erfindungen eine ungeheure Macht
über die Natur angeeignet hätten, aber man hatte
keinerlei Verſtändnis dafür, wie ihre ethiſche und ſoziale
Kultur ſie den Gebrauch dieſer Macht benutzen, mäßigen
und einſchränken ließ. Vor allem blieb das eigentliche
Weſen ihrer ſtaatlichen Ordnung trotz der Erläuterungen
in Ells Buche ein Rätſel. Die individuelle Freiheit
war ſo überwiegend, die Entſcheidung des einzelnen
in allen Lebensfragen ſo ausſchlaggebend und ſo wenig
von ſtaatlichen Geſetzen überwacht, daß vielfach die
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/199>, abgerufen am 22.11.2024.
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