Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechsunddreißigstes Kapitel.
damals kaum beachtet, nicht verstanden hatte. Das
Wort hatte er nicht vergessen, aber vielleicht die
Warnung, die es enthielt. Sollte er jetzt daran er-
innert werden? Durfte er es wagen, die Bitte aus-
zusprechen, die sie ihm versagen mußte? Warum war
er seit zwei Tagen nicht mehr bei La gewesen? Er
hatte viel zu thun gehabt, gewiß; die Erdkommission
hatte von ihm verschiedene Gutachten verlangt, auch
Frau Torm hatte lange Unterredungen mit ihm, die
Briefe nach der Erde nahmen seine Zeit in Anspruch.
Zweimal hatte er auch La durch das Telephon ange-
sprochen, doch beidemal war sie nicht zu Hause gewesen.
Er wußte nicht einmal, womit sie so eifrig beschäftigt
war. Seit acht Tagen war sie mit ihrer Mutter
allein. Fru hatte sich bereits nach dem Pol begeben,
um die Ausrüstung der Raumschiffe zu leiten. Es
hatten lange Erwägungen in der Erdkommission statt-
gefunden, welche Kapitäne und Jngenieure bei der
wichtigen und verantwortlichen Expedition nach dem
Südpol der Erde zu verwenden seien. Schließlich
wollte man, obgleich an tüchtigen Leuten kein Mangel
war, doch des Rates Frus, als eines der bewährtesten
Erdkenner, nicht entbehren, und er hatte sich entschlossen,
die technische Leitung der Expedition zu übernehmen.
Es war auch davon die Rede gewesen, daß La ihn
begleiten solle. Die Aussicht, La sobald wieder zu
verlieren, hatte Saltner schmerzlich erregt, und er hatte
nun befreit aufgeatmet, als er hörte, daß La ihren
Wunsch, auf dem Mars zu bleiben, durchgesetzt habe.
Er schmeichelte sich, daß ihre Liebe zu ihm der Haupt-

Sechsunddreißigſtes Kapitel.
damals kaum beachtet, nicht verſtanden hatte. Das
Wort hatte er nicht vergeſſen, aber vielleicht die
Warnung, die es enthielt. Sollte er jetzt daran er-
innert werden? Durfte er es wagen, die Bitte aus-
zuſprechen, die ſie ihm verſagen mußte? Warum war
er ſeit zwei Tagen nicht mehr bei La geweſen? Er
hatte viel zu thun gehabt, gewiß; die Erdkommiſſion
hatte von ihm verſchiedene Gutachten verlangt, auch
Frau Torm hatte lange Unterredungen mit ihm, die
Briefe nach der Erde nahmen ſeine Zeit in Anſpruch.
Zweimal hatte er auch La durch das Telephon ange-
ſprochen, doch beidemal war ſie nicht zu Hauſe geweſen.
Er wußte nicht einmal, womit ſie ſo eifrig beſchäftigt
war. Seit acht Tagen war ſie mit ihrer Mutter
allein. Fru hatte ſich bereits nach dem Pol begeben,
um die Ausrüſtung der Raumſchiffe zu leiten. Es
hatten lange Erwägungen in der Erdkommiſſion ſtatt-
gefunden, welche Kapitäne und Jngenieure bei der
wichtigen und verantwortlichen Expedition nach dem
Südpol der Erde zu verwenden ſeien. Schließlich
wollte man, obgleich an tüchtigen Leuten kein Mangel
war, doch des Rates Frus, als eines der bewährteſten
Erdkenner, nicht entbehren, und er hatte ſich entſchloſſen,
die techniſche Leitung der Expedition zu übernehmen.
Es war auch davon die Rede geweſen, daß La ihn
begleiten ſolle. Die Ausſicht, La ſobald wieder zu
verlieren, hatte Saltner ſchmerzlich erregt, und er hatte
nun befreit aufgeatmet, als er hörte, daß La ihren
Wunſch, auf dem Mars zu bleiben, durchgeſetzt habe.
Er ſchmeichelte ſich, daß ihre Liebe zu ihm der Haupt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0158" n="150"/><fw place="top" type="header">Sechsunddreißig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
damals kaum beachtet, nicht ver&#x017F;tanden hatte. Das<lb/>
Wort hatte er nicht verge&#x017F;&#x017F;en, aber vielleicht die<lb/>
Warnung, die es enthielt. Sollte er jetzt daran er-<lb/>
innert werden? Durfte er es wagen, die Bitte aus-<lb/>
zu&#x017F;prechen, die &#x017F;ie ihm ver&#x017F;agen mußte? Warum war<lb/>
er &#x017F;eit zwei Tagen nicht mehr bei La gewe&#x017F;en? Er<lb/>
hatte viel zu thun gehabt, gewiß; die Erdkommi&#x017F;&#x017F;ion<lb/>
hatte von ihm ver&#x017F;chiedene Gutachten verlangt, auch<lb/>
Frau Torm hatte lange Unterredungen mit ihm, die<lb/>
Briefe nach der Erde nahmen &#x017F;eine Zeit in An&#x017F;pruch.<lb/>
Zweimal hatte er auch La durch das Telephon ange-<lb/>
&#x017F;prochen, doch beidemal war &#x017F;ie nicht zu Hau&#x017F;e gewe&#x017F;en.<lb/>
Er wußte nicht einmal, womit &#x017F;ie &#x017F;o eifrig be&#x017F;chäftigt<lb/>
war. Seit acht Tagen war &#x017F;ie mit ihrer Mutter<lb/>
allein. Fru hatte &#x017F;ich bereits nach dem Pol begeben,<lb/>
um die Ausrü&#x017F;tung der Raum&#x017F;chiffe zu leiten. Es<lb/>
hatten lange Erwägungen in der Erdkommi&#x017F;&#x017F;ion &#x017F;tatt-<lb/>
gefunden, welche Kapitäne und Jngenieure bei der<lb/>
wichtigen und verantwortlichen Expedition nach dem<lb/>
Südpol der Erde zu verwenden &#x017F;eien. Schließlich<lb/>
wollte man, obgleich an tüchtigen Leuten kein Mangel<lb/>
war, doch des Rates Frus, als eines der bewährte&#x017F;ten<lb/>
Erdkenner, nicht entbehren, und er hatte &#x017F;ich ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die techni&#x017F;che Leitung der Expedition zu übernehmen.<lb/>
Es war auch davon die Rede gewe&#x017F;en, daß La ihn<lb/>
begleiten &#x017F;olle. Die Aus&#x017F;icht, La &#x017F;obald wieder zu<lb/>
verlieren, hatte Saltner &#x017F;chmerzlich erregt, und er hatte<lb/>
nun befreit aufgeatmet, als er hörte, daß La ihren<lb/>
Wun&#x017F;ch, auf dem Mars zu bleiben, durchge&#x017F;etzt habe.<lb/>
Er &#x017F;chmeichelte &#x017F;ich, daß ihre Liebe zu ihm der Haupt-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0158] Sechsunddreißigſtes Kapitel. damals kaum beachtet, nicht verſtanden hatte. Das Wort hatte er nicht vergeſſen, aber vielleicht die Warnung, die es enthielt. Sollte er jetzt daran er- innert werden? Durfte er es wagen, die Bitte aus- zuſprechen, die ſie ihm verſagen mußte? Warum war er ſeit zwei Tagen nicht mehr bei La geweſen? Er hatte viel zu thun gehabt, gewiß; die Erdkommiſſion hatte von ihm verſchiedene Gutachten verlangt, auch Frau Torm hatte lange Unterredungen mit ihm, die Briefe nach der Erde nahmen ſeine Zeit in Anſpruch. Zweimal hatte er auch La durch das Telephon ange- ſprochen, doch beidemal war ſie nicht zu Hauſe geweſen. Er wußte nicht einmal, womit ſie ſo eifrig beſchäftigt war. Seit acht Tagen war ſie mit ihrer Mutter allein. Fru hatte ſich bereits nach dem Pol begeben, um die Ausrüſtung der Raumſchiffe zu leiten. Es hatten lange Erwägungen in der Erdkommiſſion ſtatt- gefunden, welche Kapitäne und Jngenieure bei der wichtigen und verantwortlichen Expedition nach dem Südpol der Erde zu verwenden ſeien. Schließlich wollte man, obgleich an tüchtigen Leuten kein Mangel war, doch des Rates Frus, als eines der bewährteſten Erdkenner, nicht entbehren, und er hatte ſich entſchloſſen, die techniſche Leitung der Expedition zu übernehmen. Es war auch davon die Rede geweſen, daß La ihn begleiten ſolle. Die Ausſicht, La ſobald wieder zu verlieren, hatte Saltner ſchmerzlich erregt, und er hatte nun befreit aufgeatmet, als er hörte, daß La ihren Wunſch, auf dem Mars zu bleiben, durchgeſetzt habe. Er ſchmeichelte ſich, daß ihre Liebe zu ihm der Haupt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/158
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/158>, abgerufen am 23.11.2024.