"Wir wollen ja nur diese eigne Kraft stärken. Und nun weigert Jhr Euch wie ein Kind, das Arznei nehmen soll."
La hatte schweigend zugehört. Ell hatte sie wieder- holt angeblickt, als wollte er sich ihrer Zustimmung versichern, aber ihre Augen ruhten auf Saltner. Was er sagte, war ihr aus dem Herzen gesprochen, sie freute sich des kräftigen Ausdrucks seiner einfachen, natürlichen Gesinnung, aber durch ihre Seele zog es schmerzlich. War es nicht eine verlorene Sache, für die er kämpfte? Das große Schicksal, das über die Planeten rollte, mußte es nicht diese trotzigen Erden- kinder zermalmen? Ell hatte doch Recht, die Numen- heit ist die Vernunft, ist die Freiheit, und ihr Sieg ist gewiß, wie auch der edle Jrrtum des einzelnen sich sträube. Und dennoch! Was ist denn das Schick- sal, wenn nicht die Festigkeit im ehrlichen Willen der Person? Was ist denn die Freiheit, wenn nicht der Entschluß, mit dem ein jeder nach seinem besten Wissen und Gewissen handelt, was ihm auch geschehe? Und welch höhere Freiheit konnten die Nume geben?
"Nein, Ell", sagte La jetzt langsam, als Saltner auf Ells letzten Vergleich nicht antwortete, "nein -- nicht wie ein Kind. Saltner hat wie ein Mann ge- sprochen. Ein Nume mag es besser verstehen, aber besser wollen und fühlen kann man nicht. Und ich weiß, er wird auch so handeln."
Sie reichte Saltner die Hand. Jhre dunkeln Augen schimmerten feucht, als sie sagte:
"Warum muß es denn zum Streite kommen?
Fünfhundert Milliarden Steuern.
„Wir wollen ja nur dieſe eigne Kraft ſtärken. Und nun weigert Jhr Euch wie ein Kind, das Arznei nehmen ſoll.‟
La hatte ſchweigend zugehört. Ell hatte ſie wieder- holt angeblickt, als wollte er ſich ihrer Zuſtimmung verſichern, aber ihre Augen ruhten auf Saltner. Was er ſagte, war ihr aus dem Herzen geſprochen, ſie freute ſich des kräftigen Ausdrucks ſeiner einfachen, natürlichen Geſinnung, aber durch ihre Seele zog es ſchmerzlich. War es nicht eine verlorene Sache, für die er kämpfte? Das große Schickſal, das über die Planeten rollte, mußte es nicht dieſe trotzigen Erden- kinder zermalmen? Ell hatte doch Recht, die Numen- heit iſt die Vernunft, iſt die Freiheit, und ihr Sieg iſt gewiß, wie auch der edle Jrrtum des einzelnen ſich ſträube. Und dennoch! Was iſt denn das Schick- ſal, wenn nicht die Feſtigkeit im ehrlichen Willen der Perſon? Was iſt denn die Freiheit, wenn nicht der Entſchluß, mit dem ein jeder nach ſeinem beſten Wiſſen und Gewiſſen handelt, was ihm auch geſchehe? Und welch höhere Freiheit konnten die Nume geben?
„Nein, Ell‟, ſagte La jetzt langſam, als Saltner auf Ells letzten Vergleich nicht antwortete, „nein — nicht wie ein Kind. Saltner hat wie ein Mann ge- ſprochen. Ein Nume mag es beſſer verſtehen, aber beſſer wollen und fühlen kann man nicht. Und ich weiß, er wird auch ſo handeln.‟
Sie reichte Saltner die Hand. Jhre dunkeln Augen ſchimmerten feucht, als ſie ſagte:
„Warum muß es denn zum Streite kommen?
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Fünfhundert Milliarden Steuern.
„Wir wollen ja nur dieſe eigne Kraft ſtärken.
Und nun weigert Jhr Euch wie ein Kind, das Arznei
nehmen ſoll.‟
La hatte ſchweigend zugehört. Ell hatte ſie wieder-
holt angeblickt, als wollte er ſich ihrer Zuſtimmung
verſichern, aber ihre Augen ruhten auf Saltner. Was
er ſagte, war ihr aus dem Herzen geſprochen, ſie
freute ſich des kräftigen Ausdrucks ſeiner einfachen,
natürlichen Geſinnung, aber durch ihre Seele zog es
ſchmerzlich. War es nicht eine verlorene Sache, für
die er kämpfte? Das große Schickſal, das über die
Planeten rollte, mußte es nicht dieſe trotzigen Erden-
kinder zermalmen? Ell hatte doch Recht, die Numen-
heit iſt die Vernunft, iſt die Freiheit, und ihr Sieg
iſt gewiß, wie auch der edle Jrrtum des einzelnen
ſich ſträube. Und dennoch! Was iſt denn das Schick-
ſal, wenn nicht die Feſtigkeit im ehrlichen Willen der
Perſon? Was iſt denn die Freiheit, wenn nicht der
Entſchluß, mit dem ein jeder nach ſeinem beſten Wiſſen
und Gewiſſen handelt, was ihm auch geſchehe? Und
welch höhere Freiheit konnten die Nume geben?
„Nein, Ell‟, ſagte La jetzt langſam, als Saltner
auf Ells letzten Vergleich nicht antwortete, „nein —
nicht wie ein Kind. Saltner hat wie ein Mann ge-
ſprochen. Ein Nume mag es beſſer verſtehen, aber
beſſer wollen und fühlen kann man nicht. Und ich
weiß, er wird auch ſo handeln.‟
Sie reichte Saltner die Hand. Jhre dunkeln Augen
ſchimmerten feucht, als ſie ſagte:
„Warum muß es denn zum Streite kommen?
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/119>, abgerufen am 24.11.2024.
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