Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Neue Rätsel.
ziehen. Aber das Bild! Was stellte das Bild vor?
War es nicht möglich, daraus zu erkennen, in wessen
Gewalt er sich befand?

Die beiden Gestalten auf dem Bilde waren, wie
es schien, menschlicher Art. Die stehende Figur, welche
nach dem Sterne hinwies, sah nicht anders aus als
eine ideale Frauengestalt mit auffallend großen Augen;
um ihren Kopf spielte ein seltsamer Lichtschimmer --
sollte dies eine symbolische Figur mit einem Heiligen-
schein sein? Die Gewandung -- soweit überhaupt
von solcher die Rede war -- ließ keine Schlüsse zu,
sie konnte ja einer Laune des Künstlers entsprungen
sein. Die sitzende Gestalt, welche das Bild des Sternes
beobachtete und dem Beschauer den Rücken zuwandte,
schien einen enganschließenden metallenen Panzer zu
tragen; in der Hand hielt sie einen Grunthe unbe-
kannten Gegenstand. Sollten diese beiden Figuren
Vertreter der Bewohner der Polinsel sein? Aber die
Landschaft selbst war keine Landschaft der Erde. Also
wohl eine Erinnerung an die Heimat, aus welcher die
Polbewohner stammten? Und wenn es so war --
diese beiden Monde -- sie konnten keiner andern Welt
angehören als dem Mars.

Bewohner des Mars haben den Pol besiedelt! Der
Gedanke war Grunthe schon einmal aufgestiegen, als
er zuerst vom Ballon aus die Jnsel mit ihren Vor-
richtungen und dem merkwürdigen Kartenbild der Erde
betrachtet hatte. Er hatte ihn als zu phantastisch
zurückgedrängt, er wollte nichts mit so unwahrschein-
lichen Hypothesen zu thun haben, so lange er noch

Neue Rätſel.
ziehen. Aber das Bild! Was ſtellte das Bild vor?
War es nicht möglich, daraus zu erkennen, in weſſen
Gewalt er ſich befand?

Die beiden Geſtalten auf dem Bilde waren, wie
es ſchien, menſchlicher Art. Die ſtehende Figur, welche
nach dem Sterne hinwies, ſah nicht anders aus als
eine ideale Frauengeſtalt mit auffallend großen Augen;
um ihren Kopf ſpielte ein ſeltſamer Lichtſchimmer —
ſollte dies eine ſymboliſche Figur mit einem Heiligen-
ſchein ſein? Die Gewandung — ſoweit überhaupt
von ſolcher die Rede war — ließ keine Schlüſſe zu,
ſie konnte ja einer Laune des Künſtlers entſprungen
ſein. Die ſitzende Geſtalt, welche das Bild des Sternes
beobachtete und dem Beſchauer den Rücken zuwandte,
ſchien einen enganſchließenden metallenen Panzer zu
tragen; in der Hand hielt ſie einen Grunthe unbe-
kannten Gegenſtand. Sollten dieſe beiden Figuren
Vertreter der Bewohner der Polinſel ſein? Aber die
Landſchaft ſelbſt war keine Landſchaft der Erde. Alſo
wohl eine Erinnerung an die Heimat, aus welcher die
Polbewohner ſtammten? Und wenn es ſo war —
dieſe beiden Monde — ſie konnten keiner andern Welt
angehören als dem Mars.

Bewohner des Mars haben den Pol beſiedelt! Der
Gedanke war Grunthe ſchon einmal aufgeſtiegen, als
er zuerſt vom Ballon aus die Jnſel mit ihren Vor-
richtungen und dem merkwürdigen Kartenbild der Erde
betrachtet hatte. Er hatte ihn als zu phantaſtiſch
zurückgedrängt, er wollte nichts mit ſo unwahrſchein-
lichen Hypotheſen zu thun haben, ſo lange er noch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0097" n="89"/><fw place="top" type="header">Neue Rät&#x017F;el.</fw><lb/>
ziehen. Aber das Bild! Was &#x017F;tellte das Bild vor?<lb/>
War es nicht möglich, daraus zu erkennen, in we&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Gewalt er &#x017F;ich befand?</p><lb/>
          <p>Die beiden Ge&#x017F;talten auf dem Bilde waren, wie<lb/>
es &#x017F;chien, men&#x017F;chlicher Art. Die &#x017F;tehende Figur, welche<lb/>
nach dem Sterne hinwies, &#x017F;ah nicht anders aus als<lb/>
eine ideale Frauenge&#x017F;talt mit auffallend großen Augen;<lb/>
um ihren Kopf &#x017F;pielte ein &#x017F;elt&#x017F;amer Licht&#x017F;chimmer &#x2014;<lb/>
&#x017F;ollte dies eine &#x017F;ymboli&#x017F;che Figur mit einem Heiligen-<lb/>
&#x017F;chein &#x017F;ein? Die Gewandung &#x2014; &#x017F;oweit überhaupt<lb/>
von &#x017F;olcher die Rede war &#x2014; ließ keine Schlü&#x017F;&#x017F;e zu,<lb/>
&#x017F;ie konnte ja einer Laune des Kün&#x017F;tlers ent&#x017F;prungen<lb/>
&#x017F;ein. Die &#x017F;itzende Ge&#x017F;talt, welche das Bild des Sternes<lb/>
beobachtete und dem Be&#x017F;chauer den Rücken zuwandte,<lb/>
&#x017F;chien einen engan&#x017F;chließenden metallenen Panzer zu<lb/>
tragen; in der Hand hielt &#x017F;ie einen Grunthe unbe-<lb/>
kannten Gegen&#x017F;tand. Sollten die&#x017F;e beiden Figuren<lb/>
Vertreter der Bewohner der Polin&#x017F;el &#x017F;ein? Aber die<lb/>
Land&#x017F;chaft &#x017F;elb&#x017F;t war keine Land&#x017F;chaft der Erde. Al&#x017F;o<lb/>
wohl eine Erinnerung an die Heimat, aus welcher die<lb/>
Polbewohner &#x017F;tammten? Und wenn es &#x017F;o war &#x2014;<lb/>
die&#x017F;e beiden Monde &#x2014; &#x017F;ie konnten keiner andern Welt<lb/>
angehören als dem Mars.</p><lb/>
          <p>Bewohner des Mars haben den Pol be&#x017F;iedelt! Der<lb/>
Gedanke war Grunthe &#x017F;chon einmal aufge&#x017F;tiegen, als<lb/>
er zuer&#x017F;t vom Ballon aus die Jn&#x017F;el mit ihren Vor-<lb/>
richtungen und dem merkwürdigen Kartenbild der Erde<lb/>
betrachtet hatte. Er hatte ihn als zu phanta&#x017F;ti&#x017F;ch<lb/>
zurückgedrängt, er wollte nichts mit &#x017F;o unwahr&#x017F;chein-<lb/>
lichen Hypothe&#x017F;en zu thun haben, &#x017F;o lange er noch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0097] Neue Rätſel. ziehen. Aber das Bild! Was ſtellte das Bild vor? War es nicht möglich, daraus zu erkennen, in weſſen Gewalt er ſich befand? Die beiden Geſtalten auf dem Bilde waren, wie es ſchien, menſchlicher Art. Die ſtehende Figur, welche nach dem Sterne hinwies, ſah nicht anders aus als eine ideale Frauengeſtalt mit auffallend großen Augen; um ihren Kopf ſpielte ein ſeltſamer Lichtſchimmer — ſollte dies eine ſymboliſche Figur mit einem Heiligen- ſchein ſein? Die Gewandung — ſoweit überhaupt von ſolcher die Rede war — ließ keine Schlüſſe zu, ſie konnte ja einer Laune des Künſtlers entſprungen ſein. Die ſitzende Geſtalt, welche das Bild des Sternes beobachtete und dem Beſchauer den Rücken zuwandte, ſchien einen enganſchließenden metallenen Panzer zu tragen; in der Hand hielt ſie einen Grunthe unbe- kannten Gegenſtand. Sollten dieſe beiden Figuren Vertreter der Bewohner der Polinſel ſein? Aber die Landſchaft ſelbſt war keine Landſchaft der Erde. Alſo wohl eine Erinnerung an die Heimat, aus welcher die Polbewohner ſtammten? Und wenn es ſo war — dieſe beiden Monde — ſie konnten keiner andern Welt angehören als dem Mars. Bewohner des Mars haben den Pol beſiedelt! Der Gedanke war Grunthe ſchon einmal aufgeſtiegen, als er zuerſt vom Ballon aus die Jnſel mit ihren Vor- richtungen und dem merkwürdigen Kartenbild der Erde betrachtet hatte. Er hatte ihn als zu phantaſtiſch zurückgedrängt, er wollte nichts mit ſo unwahrſchein- lichen Hypotheſen zu thun haben, ſo lange er noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/97
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/97>, abgerufen am 24.11.2024.