Augen. Er glaubte noch nie etwas Anmutigeres ge- sehen zu haben, etwas Wunderbareres jedenfalls noch nicht.
Ein rosiger Schleier umhüllte den größten Teil der Gestalt, ließ jedoch hier und da den metallischen Schimmer des Unterkleides durchblicken. Die Haare kräuselten sich über dem Nacken in beweglichen Löckchen, die als Grundfarbe ein lichtes Braun zeigten, aber bei jeder Bewegung irisierten, wie das Farbenspiel auf einer Seifenblase. Alle Bewegungen ihres Körpers glichen dem leichten Schweben eines Engels, der von der Schwere des Stoffes unabhängig ist. Und sobald der Kopf an eine dunklere Stelle des Zimmers geriet, leuchtete das Haar phosphoreszierend und umgab das Gesicht wie ein Heiligenschein.
Plötzlich unterbrach sie ihr Suchen und rief:
"Wie bin ich doch zerstreut! Das hat ja alles noch Zeit. Der arme Bat hat gewiß Hunger, daran hätte ich zunächst denken sollen. Wart, mein armer Bat, ich will dir gleich etwas braten."
Sie trat an den Tisch im Hintergrund des Zimmers und machte sich an dem Schrankaufsatz und verschiedenen Handgriffen zu schaffen. Dann war sie wieder neben ihm und sagte mit einem unnachahmlichen Ton, der ihn entzückte: "Saltner", indem sie die nicht miß- zuverstehenden Pantomimen des Essens machte.
"Glänzender Gedanke, holdselige Se", rief Saltner, indem er die Pantomime wiederholte.
Auf einen Handgriff Ses, Saltner wußte nicht wie, stand auf einmal ein Tischchen vor seinem Lager, und
Sechſtes Kapitel.
Augen. Er glaubte noch nie etwas Anmutigeres ge- ſehen zu haben, etwas Wunderbareres jedenfalls noch nicht.
Ein roſiger Schleier umhüllte den größten Teil der Geſtalt, ließ jedoch hier und da den metalliſchen Schimmer des Unterkleides durchblicken. Die Haare kräuſelten ſich über dem Nacken in beweglichen Löckchen, die als Grundfarbe ein lichtes Braun zeigten, aber bei jeder Bewegung iriſierten, wie das Farbenſpiel auf einer Seifenblaſe. Alle Bewegungen ihres Körpers glichen dem leichten Schweben eines Engels, der von der Schwere des Stoffes unabhängig iſt. Und ſobald der Kopf an eine dunklere Stelle des Zimmers geriet, leuchtete das Haar phosphoreszierend und umgab das Geſicht wie ein Heiligenſchein.
Plötzlich unterbrach ſie ihr Suchen und rief:
„Wie bin ich doch zerſtreut! Das hat ja alles noch Zeit. Der arme Bat hat gewiß Hunger, daran hätte ich zunächſt denken ſollen. Wart, mein armer Bat, ich will dir gleich etwas braten.‟
Sie trat an den Tiſch im Hintergrund des Zimmers und machte ſich an dem Schrankaufſatz und verſchiedenen Handgriffen zu ſchaffen. Dann war ſie wieder neben ihm und ſagte mit einem unnachahmlichen Ton, der ihn entzückte: „Saltner‟, indem ſie die nicht miß- zuverſtehenden Pantomimen des Eſſens machte.
„Glänzender Gedanke, holdſelige Se‟, rief Saltner, indem er die Pantomime wiederholte.
Auf einen Handgriff Ses, Saltner wußte nicht wie, ſtand auf einmal ein Tiſchchen vor ſeinem Lager, und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0086"n="78"/><fwplace="top"type="header">Sechſtes Kapitel.</fw><lb/>
Augen. Er glaubte noch nie etwas Anmutigeres ge-<lb/>ſehen zu haben, etwas Wunderbareres jedenfalls noch<lb/>
nicht.</p><lb/><p>Ein roſiger Schleier umhüllte den größten Teil der<lb/>
Geſtalt, ließ jedoch hier und da den metalliſchen<lb/>
Schimmer des Unterkleides durchblicken. Die Haare<lb/>
kräuſelten ſich über dem Nacken in beweglichen Löckchen,<lb/>
die als Grundfarbe ein lichtes Braun zeigten, aber bei<lb/>
jeder Bewegung iriſierten, wie das Farbenſpiel auf<lb/>
einer Seifenblaſe. Alle Bewegungen ihres Körpers<lb/>
glichen dem leichten Schweben eines Engels, der von<lb/>
der Schwere des Stoffes unabhängig iſt. Und ſobald<lb/>
der Kopf an eine dunklere Stelle des Zimmers geriet,<lb/>
leuchtete das Haar phosphoreszierend und umgab das<lb/>
Geſicht wie ein Heiligenſchein.</p><lb/><p>Plötzlich unterbrach ſie ihr Suchen und rief:</p><lb/><p>„Wie bin ich doch zerſtreut! Das hat ja alles noch<lb/>
Zeit. Der arme Bat hat gewiß Hunger, daran hätte<lb/>
ich zunächſt denken ſollen. Wart, mein armer Bat,<lb/>
ich will dir gleich etwas braten.‟</p><lb/><p>Sie trat an den Tiſch im Hintergrund des Zimmers<lb/>
und machte ſich an dem Schrankaufſatz und verſchiedenen<lb/>
Handgriffen zu ſchaffen. Dann war ſie wieder neben<lb/>
ihm und ſagte mit einem unnachahmlichen Ton, der<lb/>
ihn entzückte: „Saltner‟, indem ſie die nicht miß-<lb/>
zuverſtehenden Pantomimen des Eſſens machte.</p><lb/><p>„Glänzender Gedanke, holdſelige Se‟, rief Saltner,<lb/>
indem er die Pantomime wiederholte.</p><lb/><p>Auf einen Handgriff Ses, Saltner wußte nicht wie,<lb/>ſtand auf einmal ein Tiſchchen vor ſeinem Lager, und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[78/0086]
Sechſtes Kapitel.
Augen. Er glaubte noch nie etwas Anmutigeres ge-
ſehen zu haben, etwas Wunderbareres jedenfalls noch
nicht.
Ein roſiger Schleier umhüllte den größten Teil der
Geſtalt, ließ jedoch hier und da den metalliſchen
Schimmer des Unterkleides durchblicken. Die Haare
kräuſelten ſich über dem Nacken in beweglichen Löckchen,
die als Grundfarbe ein lichtes Braun zeigten, aber bei
jeder Bewegung iriſierten, wie das Farbenſpiel auf
einer Seifenblaſe. Alle Bewegungen ihres Körpers
glichen dem leichten Schweben eines Engels, der von
der Schwere des Stoffes unabhängig iſt. Und ſobald
der Kopf an eine dunklere Stelle des Zimmers geriet,
leuchtete das Haar phosphoreszierend und umgab das
Geſicht wie ein Heiligenſchein.
Plötzlich unterbrach ſie ihr Suchen und rief:
„Wie bin ich doch zerſtreut! Das hat ja alles noch
Zeit. Der arme Bat hat gewiß Hunger, daran hätte
ich zunächſt denken ſollen. Wart, mein armer Bat,
ich will dir gleich etwas braten.‟
Sie trat an den Tiſch im Hintergrund des Zimmers
und machte ſich an dem Schrankaufſatz und verſchiedenen
Handgriffen zu ſchaffen. Dann war ſie wieder neben
ihm und ſagte mit einem unnachahmlichen Ton, der
ihn entzückte: „Saltner‟, indem ſie die nicht miß-
zuverſtehenden Pantomimen des Eſſens machte.
„Glänzender Gedanke, holdſelige Se‟, rief Saltner,
indem er die Pantomime wiederholte.
Auf einen Handgriff Ses, Saltner wußte nicht wie,
ſtand auf einmal ein Tiſchchen vor ſeinem Lager, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/86>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.