Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.Schnelle Fahrt. Torm müsse sich jedenfalls getäuscht haben. Es wäreja möglich, daß es Bewohner des Mars gäbe, sie könnten aber nicht auf die Erde gelangen. Und selbst wenn sie das könnten, so wäre nicht einzusehen, warum sie nicht nach Berlin oder Paris kämen, sondern sich das Vergnügen machten, eine Riesenerdkarte am Nord- pol zu konstruieren. Ein berühmter Physiker erklärte es als absolut unmöglich, daß menschenähnliche Wesen jemals von einem Planeten nach dem andern durch den Weltraum hindurchdringen könnten. Darauf stellte ein Geologe eine höchst geistreiche Hypothese auf, der zufolge sich notwendiger Weise am Pol ein Vulkan bilden müsse, aus welchem von Zeit zu Zeit ein Teil des Erdinnern herausquelle. Die Lavaablagerungen seien infolge einer zufälligen Ähnlichkeit von Torm für eine Karte gehalten worden. Endlich erklärte sich der Redakteur der "Geographischen Mitteilungen" dahin, daß es keinen Zweck habe, Vermutungen aufzustellen, weil man überhaupt erst weitere Nachrichten abwarten müsse. Der Mann hatte Recht, fand aber am wenigsten Beifall. Die Friedauer fühlten sich mehr wie je befriedigt. 22*
Schnelle Fahrt. Torm müſſe ſich jedenfalls getäuſcht haben. Es wäreja möglich, daß es Bewohner des Mars gäbe, ſie könnten aber nicht auf die Erde gelangen. Und ſelbſt wenn ſie das könnten, ſo wäre nicht einzuſehen, warum ſie nicht nach Berlin oder Paris kämen, ſondern ſich das Vergnügen machten, eine Rieſenerdkarte am Nord- pol zu konſtruieren. Ein berühmter Phyſiker erklärte es als abſolut unmöglich, daß menſchenähnliche Weſen jemals von einem Planeten nach dem andern durch den Weltraum hindurchdringen könnten. Darauf ſtellte ein Geologe eine höchſt geiſtreiche Hypotheſe auf, der zufolge ſich notwendiger Weiſe am Pol ein Vulkan bilden müſſe, aus welchem von Zeit zu Zeit ein Teil des Erdinnern herausquelle. Die Lavaablagerungen ſeien infolge einer zufälligen Ähnlichkeit von Torm für eine Karte gehalten worden. Endlich erklärte ſich der Redakteur der „Geographiſchen Mitteilungen‟ dahin, daß es keinen Zweck habe, Vermutungen aufzuſtellen, weil man überhaupt erſt weitere Nachrichten abwarten müſſe. Der Mann hatte Recht, fand aber am wenigſten Beifall. Die Friedauer fühlten ſich mehr wie je befriedigt. 22*
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Schnelle Fahrt.
Torm müſſe ſich jedenfalls getäuſcht haben. Es wäre
ja möglich, daß es Bewohner des Mars gäbe, ſie
könnten aber nicht auf die Erde gelangen. Und ſelbſt
wenn ſie das könnten, ſo wäre nicht einzuſehen, warum
ſie nicht nach Berlin oder Paris kämen, ſondern ſich
das Vergnügen machten, eine Rieſenerdkarte am Nord-
pol zu konſtruieren. Ein berühmter Phyſiker erklärte
es als abſolut unmöglich, daß menſchenähnliche Weſen
jemals von einem Planeten nach dem andern durch
den Weltraum hindurchdringen könnten. Darauf ſtellte
ein Geologe eine höchſt geiſtreiche Hypotheſe auf, der
zufolge ſich notwendiger Weiſe am Pol ein Vulkan
bilden müſſe, aus welchem von Zeit zu Zeit ein Teil
des Erdinnern herausquelle. Die Lavaablagerungen
ſeien infolge einer zufälligen Ähnlichkeit von Torm für
eine Karte gehalten worden. Endlich erklärte ſich der
Redakteur der „Geographiſchen Mitteilungen‟ dahin,
daß es keinen Zweck habe, Vermutungen aufzuſtellen,
weil man überhaupt erſt weitere Nachrichten abwarten
müſſe. Der Mann hatte Recht, fand aber am wenigſten
Beifall.
Die Friedauer fühlten ſich mehr wie je befriedigt.
Die Beachtung, welche ihre Stadt in der ganzen Welt
fand, gab eine erhabene Veranlaſſung, um Gloſſen
über Frau Torm daran zu knüpfen, wenn ſie ihr in
der Nähe der Ellſchen Beſitzung begegneten, oder Ell
an ihrer Seite durch die Gänge des Parkes wandelte;
das thaten ſie zwar ſchon ſeit Jahren, aber jetzt war
es doppelt ſchön, noch dieſes Privatwiſſen über das
allgemeine hinaus zu haben. Jsma ſelbſt kümmerte
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