Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.Das Abenteuer am Südpol. entfliehen, in höhere Schichten der Atmosphäre. Wirwußten aus der Karte, daß wir eine breite Meeres- bucht zu überfliegen hatten, jenseits deren sich hohe feuerspeiende Berge erheben. Schon sahen wir von unsrer Höhe ihre Rauchwolken am Horizont. Wir fliegen immer direkt nach Norden auf einem Meridian, der in der Richtung nach der großen Jnsel hinläuft, die Sie, wie ich aus Jhrer Karte gesehen habe, Neu- seeland nennen. An Landung konnten wir nicht mehr denken, wir mußten hinauf. Aber dazu mußten wir noch eine schwere Arbeit vollbringen, an die ich nicht gern denke. Das Netz um unser Schiff mit dem langen Seile mußte fort. Denn was außerhalb unsrer Kugel ist, können wir nicht diabarisch machen, es hätte unsre Bewegung im Raume gehindert. Jch war der jüngste, ich mußte in der untern Lucke hän- gend das Seil kappen; dann wurden von oben die Verbindungen des Netzes gelöst, und ich hatte die Aufgabe, die Seile nach unten zu ziehen. Dabei herrschte hier oben eine Kälte, daß das Quecksilber gefror. Glücklicherweise behalten die Lisseile ihre Ge- schmeidigkeit, sonst wäre die Arbeit unmöglich gewesen. Jch wundre mich noch heute, daß ich nicht abgestürzt bin, denn ich mußte in der Erdschwere arbeiten. Endlich war auch das geschehen. Die Lucken [Abbildung]
Das Abenteuer am Südpol. entfliehen, in höhere Schichten der Atmoſphäre. Wirwußten aus der Karte, daß wir eine breite Meeres- bucht zu überfliegen hatten, jenſeits deren ſich hohe feuerſpeiende Berge erheben. Schon ſahen wir von unſrer Höhe ihre Rauchwolken am Horizont. Wir fliegen immer direkt nach Norden auf einem Meridian, der in der Richtung nach der großen Jnſel hinläuft, die Sie, wie ich aus Jhrer Karte geſehen habe, Neu- ſeeland nennen. An Landung konnten wir nicht mehr denken, wir mußten hinauf. Aber dazu mußten wir noch eine ſchwere Arbeit vollbringen, an die ich nicht gern denke. Das Netz um unſer Schiff mit dem langen Seile mußte fort. Denn was außerhalb unſrer Kugel iſt, können wir nicht diabariſch machen, es hätte unſre Bewegung im Raume gehindert. Jch war der jüngſte, ich mußte in der untern Lucke hän- gend das Seil kappen; dann wurden von oben die Verbindungen des Netzes gelöſt, und ich hatte die Aufgabe, die Seile nach unten zu ziehen. Dabei herrſchte hier oben eine Kälte, daß das Queckſilber gefror. Glücklicherweiſe behalten die Lisſeile ihre Ge- ſchmeidigkeit, ſonſt wäre die Arbeit unmöglich geweſen. Jch wundre mich noch heute, daß ich nicht abgeſtürzt bin, denn ich mußte in der Erdſchwere arbeiten. Endlich war auch das geſchehen. Die Lucken [Abbildung]
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Das Abenteuer am Südpol.
entfliehen, in höhere Schichten der Atmoſphäre. Wir
wußten aus der Karte, daß wir eine breite Meeres-
bucht zu überfliegen hatten, jenſeits deren ſich hohe
feuerſpeiende Berge erheben. Schon ſahen wir von
unſrer Höhe ihre Rauchwolken am Horizont. Wir
fliegen immer direkt nach Norden auf einem Meridian,
der in der Richtung nach der großen Jnſel hinläuft,
die Sie, wie ich aus Jhrer Karte geſehen habe, Neu-
ſeeland nennen. An Landung konnten wir nicht mehr
denken, wir mußten hinauf. Aber dazu mußten wir
noch eine ſchwere Arbeit vollbringen, an die ich nicht
gern denke. Das Netz um unſer Schiff mit dem
langen Seile mußte fort. Denn was außerhalb
unſrer Kugel iſt, können wir nicht diabariſch machen,
es hätte unſre Bewegung im Raume gehindert. Jch
war der jüngſte, ich mußte in der untern Lucke hän-
gend das Seil kappen; dann wurden von oben die
Verbindungen des Netzes gelöſt, und ich hatte die
Aufgabe, die Seile nach unten zu ziehen. Dabei
herrſchte hier oben eine Kälte, daß das Queckſilber
gefror. Glücklicherweiſe behalten die Lisſeile ihre Ge-
ſchmeidigkeit, ſonſt wäre die Arbeit unmöglich geweſen.
Jch wundre mich noch heute, daß ich nicht abgeſtürzt
bin, denn ich mußte in der Erdſchwere arbeiten.
Endlich war auch das geſchehen. Die Lucken
wurden geſchloſſen, und wir ließen die Erde hinter
uns.‟
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