zog sein Notizbuch hervor, um sich einige stenographische Aufzeichnungen zu machen.
"War damals siebzehn Jahr alt", begann Jo seine Erzählung --
"Marsjahre" sagte La leise zur Erklärung.
"-- hatte eben meinen technischen Kursus absol- viert, als ich mich beim Kapitän All meldete, der mit der "Ba", vierundzwanzig Personen, nach der Erde abgehen sollte. Wollte mich eigentlich nicht mitnehmen, weil ich noch zu jung sei, aber da im letzten Augen- blick einer von der Mannschaft verhindert wurde und kein andrer sich gemeldet hatte, so kam ich mit. Fünf Monate waren wir unterwegs und hatten glücklich so manövriert, daß wir der Erde parallel flogen, genau in der Axe über dem Südpol. Sie hatten Sommer dort unten, aber um den Pol herum war alles von dichten Wolken bedeckt. Wir sahen auf der Erde nur ihre weiße, von der Sonne beglänzte Wolkenoberfläche, und wo sie im Schatten verschwand, spielten die Süd- lichter in rötlichen Streifen. Wir ließen uns sinken und machten uns, als wir tief genug gekommen waren, so leicht, daß wir als Luftballon in der Atmosphäre schwammen. Dann ging es durch die Wolken hinab, und wir kamen auch glücklich, leider aber mit einer Abweichung von ein paar Kilometern, auf den Pol. Nun, Sie wissen, auf dem Südpol ist's nicht so schön wie hier, 's ist ringsum Festland-Eis, eine Hochfläche von ein paar tausend Metern, wie Sie's hier nebenan haben -- in -- wie heißt das Ding --"
"Grönland."
Laßwitz, Auf zwei Planeten. 13
Das Abenteuer am Südpol.
zog ſein Notizbuch hervor, um ſich einige ſtenographiſche Aufzeichnungen zu machen.
„War damals ſiebzehn Jahr alt‟, begann Jo ſeine Erzählung —
„Marsjahre‟ ſagte La leiſe zur Erklärung.
„— hatte eben meinen techniſchen Kurſus abſol- viert, als ich mich beim Kapitän All meldete, der mit der „Ba‟, vierundzwanzig Perſonen, nach der Erde abgehen ſollte. Wollte mich eigentlich nicht mitnehmen, weil ich noch zu jung ſei, aber da im letzten Augen- blick einer von der Mannſchaft verhindert wurde und kein andrer ſich gemeldet hatte, ſo kam ich mit. Fünf Monate waren wir unterwegs und hatten glücklich ſo manövriert, daß wir der Erde parallel flogen, genau in der Axe über dem Südpol. Sie hatten Sommer dort unten, aber um den Pol herum war alles von dichten Wolken bedeckt. Wir ſahen auf der Erde nur ihre weiße, von der Sonne beglänzte Wolkenoberfläche, und wo ſie im Schatten verſchwand, ſpielten die Süd- lichter in rötlichen Streifen. Wir ließen uns ſinken und machten uns, als wir tief genug gekommen waren, ſo leicht, daß wir als Luftballon in der Atmoſphäre ſchwammen. Dann ging es durch die Wolken hinab, und wir kamen auch glücklich, leider aber mit einer Abweichung von ein paar Kilometern, auf den Pol. Nun, Sie wiſſen, auf dem Südpol iſt’s nicht ſo ſchön wie hier, ’s iſt ringsum Feſtland-Eis, eine Hochfläche von ein paar tauſend Metern, wie Sie’s hier nebenan haben — in — wie heißt das Ding —‟
„Grönland.‟
Laßwitz, Auf zwei Planeten. 13
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0201"n="193"/><fwplace="top"type="header">Das Abenteuer am Südpol.</fw><lb/>
zog ſein Notizbuch hervor, um ſich einige ſtenographiſche<lb/>
Aufzeichnungen zu machen.</p><lb/><p>„War damals ſiebzehn Jahr alt‟, begann Jo<lb/>ſeine Erzählung —</p><lb/><p>„Marsjahre‟ſagte La leiſe zur Erklärung.</p><lb/><p>„— hatte eben meinen techniſchen Kurſus abſol-<lb/>
viert, als ich mich beim Kapitän All meldete, der mit<lb/>
der „Ba‟, vierundzwanzig Perſonen, nach der Erde<lb/>
abgehen ſollte. Wollte mich eigentlich nicht mitnehmen,<lb/>
weil ich noch zu jung ſei, aber da im letzten Augen-<lb/>
blick einer von der Mannſchaft verhindert wurde und<lb/>
kein andrer ſich gemeldet hatte, ſo kam ich mit. Fünf<lb/>
Monate waren wir unterwegs und hatten glücklich ſo<lb/>
manövriert, daß wir der Erde parallel flogen, genau<lb/>
in der Axe über dem Südpol. Sie hatten Sommer<lb/>
dort unten, aber um den Pol herum war alles von<lb/>
dichten Wolken bedeckt. Wir ſahen auf der Erde nur<lb/>
ihre weiße, von der Sonne beglänzte Wolkenoberfläche,<lb/>
und wo ſie im Schatten verſchwand, ſpielten die Süd-<lb/>
lichter in rötlichen Streifen. Wir ließen uns ſinken<lb/>
und machten uns, als wir tief genug gekommen waren,<lb/>ſo leicht, daß wir als Luftballon in der Atmoſphäre<lb/>ſchwammen. Dann ging es durch die Wolken hinab,<lb/>
und wir kamen auch glücklich, leider aber mit einer<lb/>
Abweichung von ein paar Kilometern, auf den Pol.<lb/>
Nun, Sie wiſſen, auf dem Südpol iſt’s nicht ſo ſchön<lb/>
wie hier, ’s iſt ringsum Feſtland-Eis, eine Hochfläche<lb/>
von ein paar tauſend Metern, wie Sie’s hier nebenan<lb/>
haben — in — wie heißt das Ding —‟</p><lb/><p>„Grönland.‟</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr"><hirendition="#g">Laßwitz,</hi> Auf zwei Planeten.</hi> 13</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[193/0201]
Das Abenteuer am Südpol.
zog ſein Notizbuch hervor, um ſich einige ſtenographiſche
Aufzeichnungen zu machen.
„War damals ſiebzehn Jahr alt‟, begann Jo
ſeine Erzählung —
„Marsjahre‟ ſagte La leiſe zur Erklärung.
„— hatte eben meinen techniſchen Kurſus abſol-
viert, als ich mich beim Kapitän All meldete, der mit
der „Ba‟, vierundzwanzig Perſonen, nach der Erde
abgehen ſollte. Wollte mich eigentlich nicht mitnehmen,
weil ich noch zu jung ſei, aber da im letzten Augen-
blick einer von der Mannſchaft verhindert wurde und
kein andrer ſich gemeldet hatte, ſo kam ich mit. Fünf
Monate waren wir unterwegs und hatten glücklich ſo
manövriert, daß wir der Erde parallel flogen, genau
in der Axe über dem Südpol. Sie hatten Sommer
dort unten, aber um den Pol herum war alles von
dichten Wolken bedeckt. Wir ſahen auf der Erde nur
ihre weiße, von der Sonne beglänzte Wolkenoberfläche,
und wo ſie im Schatten verſchwand, ſpielten die Süd-
lichter in rötlichen Streifen. Wir ließen uns ſinken
und machten uns, als wir tief genug gekommen waren,
ſo leicht, daß wir als Luftballon in der Atmoſphäre
ſchwammen. Dann ging es durch die Wolken hinab,
und wir kamen auch glücklich, leider aber mit einer
Abweichung von ein paar Kilometern, auf den Pol.
Nun, Sie wiſſen, auf dem Südpol iſt’s nicht ſo ſchön
wie hier, ’s iſt ringsum Feſtland-Eis, eine Hochfläche
von ein paar tauſend Metern, wie Sie’s hier nebenan
haben — in — wie heißt das Ding —‟
„Grönland.‟
Laßwitz, Auf zwei Planeten. 13
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/201>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.