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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Störung durch Aristoteles.
Anfänge fehlte freilich alles; Kenntnis der Natur, der
Mathematik und Vertrauen in die eigene Kraft des Geistes.

Warum aber verlieren sich jene korpuskularen Regungen
während des nun nach und nach sich entwickelnden physika-
lischen und mathematischen Wissens? Warum müssen fünf volle
Jahrhunderte vergehen, ehe die längst bekannte antike Ato-
mistik neues Leben gewinnt? Zugleich mit dem Füllhorn
neuen und reichen Naturwissens, das der arabische Geist über
das Abendland ausschüttete, brachte er der Atomistik den
gefährlichsten Gegner, der, nach kurzem ausgerüstet mit einer
Autorität, welche derjenigen der Kirche nichts nachgab, die
antike Naturwissenschaft zugleich mit einer fertigen Theorie
des Körpers übermittelte. Dieser Gegner war die Physik des
Aristoteles. Aristoteles bestritt die Atomistik. Dies erklärt
den Kampf von fünf Jahrhunderten um das Problem des
Körpers. Wir haben es von jetzt an mit der aristotelischen
Physik zu thun.



Dritter Abschnitt.
Aristoteles.


1. Objektive Wirklichkeit und Natur.

Die Entwickelung der Physik als selbständiger Wissen-
schaft ist der Kampf gegen den aristotelischen Begriff vom
Körper, die Emanzipation von der Theorie der substanziellen
Formen. Aber wissenschaftliche Begriffe werden nicht plötz-
lich durch die That des Genius geschaffen, sie entstehen durch
allmähliche Umbildung der vorhandenen Erkenntnismittel, durch
Bewußtwerden bisher der Menschheit verborgener Denkmittel.
Und diese Aneignung der Denkmittel ist gleichbedeutend mit
der Erweiterung der wissenschaftlichen Erfahrung, mit der Gestal-
tung der Natur als objektiven, gesetzmäßigen Erfahrungsinhalts.

Aus dem wechselvollen Inhalt des Bewußtseins, welcher das
Gesamterlebnis der Menschheit ausmacht, wird im Laufe der
Kulturentwickelung ein Teil als gesetzmäßig erkennbar ausge-

Störung durch Aristoteles.
Anfänge fehlte freilich alles; Kenntnis der Natur, der
Mathematik und Vertrauen in die eigene Kraft des Geistes.

Warum aber verlieren sich jene korpuskularen Regungen
während des nun nach und nach sich entwickelnden physika-
lischen und mathematischen Wissens? Warum müssen fünf volle
Jahrhunderte vergehen, ehe die längst bekannte antike Ato-
mistik neues Leben gewinnt? Zugleich mit dem Füllhorn
neuen und reichen Naturwissens, das der arabische Geist über
das Abendland ausschüttete, brachte er der Atomistik den
gefährlichsten Gegner, der, nach kurzem ausgerüstet mit einer
Autorität, welche derjenigen der Kirche nichts nachgab, die
antike Naturwissenschaft zugleich mit einer fertigen Theorie
des Körpers übermittelte. Dieser Gegner war die Physik des
Aristoteles. Aristoteles bestritt die Atomistik. Dies erklärt
den Kampf von fünf Jahrhunderten um das Problem des
Körpers. Wir haben es von jetzt an mit der aristotelischen
Physik zu thun.



Dritter Abschnitt.
Aristoteles.


1. Objektive Wirklichkeit und Natur.

Die Entwickelung der Physik als selbständiger Wissen-
schaft ist der Kampf gegen den aristotelischen Begriff vom
Körper, die Emanzipation von der Theorie der substanziellen
Formen. Aber wissenschaftliche Begriffe werden nicht plötz-
lich durch die That des Genius geschaffen, sie entstehen durch
allmähliche Umbildung der vorhandenen Erkenntnismittel, durch
Bewußtwerden bisher der Menschheit verborgener Denkmittel.
Und diese Aneignung der Denkmittel ist gleichbedeutend mit
der Erweiterung der wissenschaftlichen Erfahrung, mit der Gestal-
tung der Natur als objektiven, gesetzmäßigen Erfahrungsinhalts.

Aus dem wechselvollen Inhalt des Bewußtseins, welcher das
Gesamterlebnis der Menschheit ausmacht, wird im Laufe der
Kulturentwickelung ein Teil als gesetzmäßig erkennbar ausge-

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[79/0097] Störung durch Aristoteles. Anfänge fehlte freilich alles; Kenntnis der Natur, der Mathematik und Vertrauen in die eigene Kraft des Geistes. Warum aber verlieren sich jene korpuskularen Regungen während des nun nach und nach sich entwickelnden physika- lischen und mathematischen Wissens? Warum müssen fünf volle Jahrhunderte vergehen, ehe die längst bekannte antike Ato- mistik neues Leben gewinnt? Zugleich mit dem Füllhorn neuen und reichen Naturwissens, das der arabische Geist über das Abendland ausschüttete, brachte er der Atomistik den gefährlichsten Gegner, der, nach kurzem ausgerüstet mit einer Autorität, welche derjenigen der Kirche nichts nachgab, die antike Naturwissenschaft zugleich mit einer fertigen Theorie des Körpers übermittelte. Dieser Gegner war die Physik des Aristoteles. Aristoteles bestritt die Atomistik. Dies erklärt den Kampf von fünf Jahrhunderten um das Problem des Körpers. Wir haben es von jetzt an mit der aristotelischen Physik zu thun. Dritter Abschnitt. Aristoteles. 1. Objektive Wirklichkeit und Natur. Die Entwickelung der Physik als selbständiger Wissen- schaft ist der Kampf gegen den aristotelischen Begriff vom Körper, die Emanzipation von der Theorie der substanziellen Formen. Aber wissenschaftliche Begriffe werden nicht plötz- lich durch die That des Genius geschaffen, sie entstehen durch allmähliche Umbildung der vorhandenen Erkenntnismittel, durch Bewußtwerden bisher der Menschheit verborgener Denkmittel. Und diese Aneignung der Denkmittel ist gleichbedeutend mit der Erweiterung der wissenschaftlichen Erfahrung, mit der Gestal- tung der Natur als objektiven, gesetzmäßigen Erfahrungsinhalts. Aus dem wechselvollen Inhalt des Bewußtseins, welcher das Gesamterlebnis der Menschheit ausmacht, wird im Laufe der Kulturentwickelung ein Teil als gesetzmäßig erkennbar ausge-

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/97>, abgerufen am 22.11.2024.