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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Beschränkung der Erkenntnis auf d. Gliederung d. Begriffe.
gegen die Realität der in sich selbst existierenden Ideen bildete
und diese der Erfüllung mit demselben gar nicht bedurften.
Die Ideen sind jetzt Substanzen, und sie sind das einzige klar
Erkennbare. Als Substanzen aber sind sie ewig und unver-
änderlich, als Allgemeinbegriffe können sie nur in derjenigen
Relation und Unterordnung stehen, welche den logischen Be-
griffen in Bezug auf die ihnen untergeordneten Begriffe und
Einzelvorstellungen zukommt. Was also an ihnen erkannt
werden kann, sind diese logischen Beziehungen, und die Me-
thode dieser Erkenntnis ist diejenige der Dialektik. Es gibt
nur das Abhängigkeitsverhältnis des Allgemeinen zum Beson-
deren und nur eine Wissenschaft in der Zergliederung und
Zusammenfassung der Begriffe, der Gattungen und Arten.
Damit ist das Denkmittel der Kausalität ausgeschlossen, es
bleibt allein das Denkmittel der Substanzialität als die-
jenige Einheitsbeziehung, welche die erkennbaren Realitäten
verbindet. Nichts anderes ist erkennbar als der logische
Stammbaum der Begriffe, welcher eine starre Abhängigkeit,
aber keinen Wechsel in der Zeit darbietet; es gibt demnach
keine dynamisch-kausalen, sondern nur geometrisch-substanzielle
Verhältnisse. Dies ist der Grund, weshalb in der ganzen von
Platon abhängigen Entwickelung des Denkens das Erkennen
sich auf die logische Gliederung der Begriffe richtet und die
Substanzialität das vorherrschende Denkmittel ist. Die alleinige
Realität der Ideen drückt schon die Natur in ihrem Geltungs-
werte herab, sie macht die Materie zum Nichtseienden; indem
damit zugleich das Denkmittel der Substanzialität als das allein
ausreichende sich darstellt, wird auch jede Möglichkeit ausge-
schlossen, in die Wechselbeziehung der sich gestaltenden Dinge
und in die Fülle der Sinnlichkeit einzudringen.

Zu einer vollständigen Welterklärung reicht somit jene
schon bei Aristoteles vorliegende hypostasierende Auffassung
der Platonischen Ideenlehre nicht aus.

Sie lehrt nur die eine Seite des Seins kennen; denn sie
hat den zweiten Faktor der Weltexistenz, die Sinnlichkeit,
künstlich und absichtlich ausgeschieden, und nun kann es ihr
auf keine Weise gelingen, wieder zur Realität der Wahrnehmung
und Empfindung zu gelangen. Wir werden später zu erwähnen
haben, wie Aristoteles durch die Betonung der Realität des

Beschränkung der Erkenntnis auf d. Gliederung d. Begriffe.
gegen die Realität der in sich selbst existierenden Ideen bildete
und diese der Erfüllung mit demselben gar nicht bedurften.
Die Ideen sind jetzt Substanzen, und sie sind das einzige klar
Erkennbare. Als Substanzen aber sind sie ewig und unver-
änderlich, als Allgemeinbegriffe können sie nur in derjenigen
Relation und Unterordnung stehen, welche den logischen Be-
griffen in Bezug auf die ihnen untergeordneten Begriffe und
Einzelvorstellungen zukommt. Was also an ihnen erkannt
werden kann, sind diese logischen Beziehungen, und die Me-
thode dieser Erkenntnis ist diejenige der Dialektik. Es gibt
nur das Abhängigkeitsverhältnis des Allgemeinen zum Beson-
deren und nur eine Wissenschaft in der Zergliederung und
Zusammenfassung der Begriffe, der Gattungen und Arten.
Damit ist das Denkmittel der Kausalität ausgeschlossen, es
bleibt allein das Denkmittel der Substanzialität als die-
jenige Einheitsbeziehung, welche die erkennbaren Realitäten
verbindet. Nichts anderes ist erkennbar als der logische
Stammbaum der Begriffe, welcher eine starre Abhängigkeit,
aber keinen Wechsel in der Zeit darbietet; es gibt demnach
keine dynamisch-kausalen, sondern nur geometrisch-substanzielle
Verhältnisse. Dies ist der Grund, weshalb in der ganzen von
Platon abhängigen Entwickelung des Denkens das Erkennen
sich auf die logische Gliederung der Begriffe richtet und die
Substanzialität das vorherrschende Denkmittel ist. Die alleinige
Realität der Ideen drückt schon die Natur in ihrem Geltungs-
werte herab, sie macht die Materie zum Nichtseienden; indem
damit zugleich das Denkmittel der Substanzialität als das allein
ausreichende sich darstellt, wird auch jede Möglichkeit ausge-
schlossen, in die Wechselbeziehung der sich gestaltenden Dinge
und in die Fülle der Sinnlichkeit einzudringen.

Zu einer vollständigen Welterklärung reicht somit jene
schon bei Aristoteles vorliegende hypostasierende Auffassung
der Platonischen Ideenlehre nicht aus.

Sie lehrt nur die eine Seite des Seins kennen; denn sie
hat den zweiten Faktor der Weltexistenz, die Sinnlichkeit,
künstlich und absichtlich ausgeschieden, und nun kann es ihr
auf keine Weise gelingen, wieder zur Realität der Wahrnehmung
und Empfindung zu gelangen. Wir werden später zu erwähnen
haben, wie Aristoteles durch die Betonung der Realität des

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[50/0068] Beschränkung der Erkenntnis auf d. Gliederung d. Begriffe. gegen die Realität der in sich selbst existierenden Ideen bildete und diese der Erfüllung mit demselben gar nicht bedurften. Die Ideen sind jetzt Substanzen, und sie sind das einzige klar Erkennbare. Als Substanzen aber sind sie ewig und unver- änderlich, als Allgemeinbegriffe können sie nur in derjenigen Relation und Unterordnung stehen, welche den logischen Be- griffen in Bezug auf die ihnen untergeordneten Begriffe und Einzelvorstellungen zukommt. Was also an ihnen erkannt werden kann, sind diese logischen Beziehungen, und die Me- thode dieser Erkenntnis ist diejenige der Dialektik. Es gibt nur das Abhängigkeitsverhältnis des Allgemeinen zum Beson- deren und nur eine Wissenschaft in der Zergliederung und Zusammenfassung der Begriffe, der Gattungen und Arten. Damit ist das Denkmittel der Kausalität ausgeschlossen, es bleibt allein das Denkmittel der Substanzialität als die- jenige Einheitsbeziehung, welche die erkennbaren Realitäten verbindet. Nichts anderes ist erkennbar als der logische Stammbaum der Begriffe, welcher eine starre Abhängigkeit, aber keinen Wechsel in der Zeit darbietet; es gibt demnach keine dynamisch-kausalen, sondern nur geometrisch-substanzielle Verhältnisse. Dies ist der Grund, weshalb in der ganzen von Platon abhängigen Entwickelung des Denkens das Erkennen sich auf die logische Gliederung der Begriffe richtet und die Substanzialität das vorherrschende Denkmittel ist. Die alleinige Realität der Ideen drückt schon die Natur in ihrem Geltungs- werte herab, sie macht die Materie zum Nichtseienden; indem damit zugleich das Denkmittel der Substanzialität als das allein ausreichende sich darstellt, wird auch jede Möglichkeit ausge- schlossen, in die Wechselbeziehung der sich gestaltenden Dinge und in die Fülle der Sinnlichkeit einzudringen. Zu einer vollständigen Welterklärung reicht somit jene schon bei Aristoteles vorliegende hypostasierende Auffassung der Platonischen Ideenlehre nicht aus. Sie lehrt nur die eine Seite des Seins kennen; denn sie hat den zweiten Faktor der Weltexistenz, die Sinnlichkeit, künstlich und absichtlich ausgeschieden, und nun kann es ihr auf keine Weise gelingen, wieder zur Realität der Wahrnehmung und Empfindung zu gelangen. Wir werden später zu erwähnen haben, wie Aristoteles durch die Betonung der Realität des

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/68>, abgerufen am 24.11.2024.